Wie nachhaltig sind Gesichtscremes? |
Wie »grün« kann Kosmetik sein? »Ökotest« hat 50 Gesichtscremes auf kritische Inhaltsstoffe und Umweltclaims geprüft. / Foto: Getty Images/Ada Summer
»Clean Beauty« ist bereits seit einiger Zeit ein großer Trend in der Kosmetikbranche. Hinter der »sauberen Kosmetik« steckt der Wunsch nach mehr Transparenz und Nachhaltigkeit. Hersteller sollen auf kontrovers diskutierte, potenziell kritische Inhaltsstoffe verzichten, also solche Substanzen, die sich negativ auf die Umwelt auswirken und im Verdacht stehen, auch unserer Gesundheit nicht unbedingt zuträglich zu sein und etwa Hautirritationen und Allergien auslösen.
Zu den ungeliebten Inhaltsstoffen zählen zum Beispiel Silikone, Polyethylenglykole (PEG) oder sonstiges Mikroplastik, Phthalate, Mineralölprodukte wie Paraffine oder chemische UV-Filter wie Octocrylen. Die Hersteller greifen diesen Trend natürlich gerne werbewirksam auf. Aber ob ihre Auslobungen berechtigt sind, das ist die Frage.
Vor diesem Hintergrund hat das Verbrauchermagazin »Ökotest« 50 Gesichtscremes für trockene Haut unter die Lupe genommen, darunter 21 zertifizierte Naturkosmetika. Davon können die Verbraucherschützer 18 Marken rundum empfehlen, weil sie die Überprüfung in unabhängigen Laboren mit einem »sehr guten« oder »guten« Gesamturteil abschlossen. Es gab aber auch eine nicht unerhebliche Zahl an Zubereitungen, die enttäuschten, heißt es in der Januar-Ausgabe von Ökotest. Gekauft wurden die Kosmetika in Apotheken, Drogerien, Supermärkten und im Internet.
So kritisiert Ökotest bei sechs Produkten die Verwendung von Silikonen beziehungsweise Paraffinen. Diese integrieren sich weniger gut in die Hautbarriere als natürliche Fette und Öle beziehungsweise schaden ihr sogar. Das war auch bei Apotheken-Kosmetik der Fall. So wies das beauftragte unabhängige Labor in der Hydrance Feuchtigkeitscreme Reichhaltig von Avène, der Nutritic Intense von La Roche-Posay sowie der Neutrogena Hydro Boost Aqua Intensivpflege aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe nach, die als Verunreinigung von Paraffinen in den Tiegel gelangen und im Verdacht stehen, krebserregend zu sein.
In weiteren Produkten fanden die Tester unter anderem Polyethylenglykol und seine Derivate, die die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen sollen, das potenziell hormonwirksame Antioxidans Butylhydroxytoluol und den hormonaktiven Lichtfilter Octocrylen, der als endogener Disruptor gilt.
Kritisch äußern sich die Verbraucherschützer auch über potenziell allergieauslösende Duftstoffe, so etwa über stark allergisierendes Hydroxycitronellal und Cinnamylalkoho sowie polyzyklische Moschusverbindungen, darunter Galaxolid und Tonalid. Beide werden derzeit wegen des Verdachts auf hormonartige Wirkungen von der europäischen Chemikalienagentur ECHA überprüft.
Der zweite Teil der Ökotest-Analyse nahm die Umweltverträglichkeit der Gesichtscremes genauer unter die Lupe. Ist eine »Klimaneutralität« ausgelobt und wird diese konkret auf dem Produkt erläutert? Schützt der Umkarton einen Glastiegel wirklich vor dem Zerbrechen oder umhüllt er eher unnötig ein Kunststoff- oder Aluminiumgefäß? Wie hoch ist der Anteil an Recyclingplastik in den Kunststoffverpackungen? Erstaunlicherweise landeten mehr als zwei Drittel der Prüflinge im grünen Bereich, nur neun der 50 Gesichtscremes wurden als »klimaneutral«, »klimapositiv« oder »umweltfreundlich« ausgelobt.
Es ist vor allem die fehlende Transparenz, die Umwelt- und Verbraucherschützer wie die Deutsche Umwelthilfe oder auch immer mehr Gerichtsurteile anmahnen. Für den Verbraucher wird durch das Label »klimaneutral« nicht ersichtlich, wie diese Bilanz erreicht wurde – ob lediglich über Kompensationsprojekte oder durch konkrete Klimaschutzmaßnahmen des Unternehmens, um die Schadstoffemission bei der Herstellung seiner Präparate auf ein Minimum zu reduzieren. Als Ausgleich fungieren etwa Aufforstungsprojekte, Verpackungen aus recyceltem Material oder schnell nachwachsenden Rohstoffen oder andere Initiativen innerhalb der Zero-Waste-Kampagne.
Eines ist klar: Konsumgüter können nicht gänzlich ohne klimaschädliche Emissionen produziert werden. Gerade die Kosmetikbranche erzeugt mit ihren Tiegeln, Plastiktuben oder Pumpsprays und dann noch den Umverpackungen enorm viel Müll. Wenn ein Hersteller mit Klimaneutralität wirbt, könnten Verbraucher es eben so deuten, als hätten das Produkt und sein Konsum keine schädlichen Auswirkungen aufs Klima. Und das wäre Greenwashing.
Diese mangelnde Transparenz wird auch auf europäischer Ebene angegangen. Laut der angekündigten Green-Claims-Richtlinie muss in Zukunft deutlich gekennzeichnet werden, was hinter den Umweltaussagen auf Produkten steckt. Zum Beispiel, dass durch die Verpackung entstandene Emissionen »CO2-kompensiert« wurden. Pauschale Werbeclaims ohne nähere Erläuterungen wären dann nicht mehr erlaubt.