Wie kamen die 50 Cent Engpasspauschale zustande? |
Cornelia Dölger |
08.06.2024 16:14 Uhr |
50 Cent pro Fall, das ist den Apotheken bekanntlich zu wenig. Das BMG soll nun offenlegen, wie der Betrag berechnet wurde. / Foto: Imago Images/imagebroker
50 Cent bekommen Apotheken als Engpasspauschale – 21 Euro wollten sie. Die Kluft verdeutlicht, wie weit das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und die Branche in der Bewertung des für die Apotheken entstehenden Aufwands auseinanderliegen. Aber nicht nur das: Während die ABDA öffentlich vorrechnete, warum sie 21 Euro fordert, hüllt sich das BMG über die Genese des Betrags in Schweigen; die Apotheken müssen sie einfach hinnehmen, seit vor gut einem Jahr das Lieferengpassgesetz (ALBVVG) in Kraft trat, mit dem die 50 Cent in § 3 Abs. 1a Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) festgelegt wurden.
Die Freie Apothekerschaft (FA) will nun mehr darüber wissen und hat dafür – erneut – die Kanzlei Brock Müller Ziegenbein beauftragt. Diese habe, wie es in einer Mitteilung der FA heißt, bereits am 29. Mai einen Antrag auf Akteneinsicht ans BMG geschickt.
Der Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) soll demnach Klarheit bringen, wie die Lieferengpass-Pauschale berechnet wurde. Die Kanzlei vertritt den Verein auch in weiteren rechtlichen Angelegenheiten: bei der Abmahnung des Versenders Shop Apotheke, die vor Kurzem erging, sowie bei der Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der ausbleibenden Honoraranpassung.
Für die FA-Vorsitzende Daniela Hänel ist klar, dass beim Zustandekommen vor allem Willkür und Unwissen der Abgeordneten eine Rolle spielten – anders sei nicht zu erklären, dass keiner von ihnen auf Anfrage erklären könne, wie der Betrag berechnet wurde. »Die Pauschale dürfen wir als Geringschätzung in Form von Almosen des Ministers bezeichnen«, so Hänel, zum einen, weil sie den Aufwand nicht im Geringsten widerspiegele, zum anderen, weil die Kassen mit Billigung des BMG anderen Berufsgruppen durchaus finanzielle Zugeständnisse machten – den Apotheken aber nicht.
Im Dezember hatte Edgar Franke, parlamentarischer Staatssekretär im BMG, auf eine Anfrage im Bundestag zur Lieferengpass-Pauschale geantwortet, dass die Apothekenvergütung eine Mischkalkulation darstelle, »in der grundsätzlich sämtliche Tätigkeiten und Aufwände der Apotheken, die mit der Abgabe von Arzneimitteln verbunden sind, berücksichtigt werden«.
Dazu gehöre auch das Lieferengpassmanagement, das, so räumte Franke ein, wegen zunehmender Fälle Mehraufwände erfordere, die bislang »nicht hinreichend« berücksichtigt worden seien. Mit dem neuen Zuschlag solle der Zusatzaufwand honoriert werden, »der sich insbesondere in Rücksprachen mit den verschreibenden Ärztinnen und Ärzten oder in Nachfragen beim pharmazeutischen Großhandel niederschlägt«.
Laut Gesetz müssen Apotheken bei nicht verfügbaren Arzneimitteln bei zwei Großhandlungen eine Abfrage nach dem Arzneimittel stellen, zudem muss beim Austausch durch ein alternatives Arzneimittel hinsichtlich Stärke oder Überschreitung der Menge der Arzt eingebunden werden. Dies lasse sich nicht in fünf Minuten erledigen, so Hänel. »Bei Anfragen in Arztpraxen, die gerne mal 15-20 Minuten dauern können, bis man den Arzt persönlich erreicht, müssen wir diese Aufgabe dann für sage und schreibe 1,50 Euro pro Stunde erfüllen.«