Wie hilfreich ist ein pharmakogenetisches Profil? |
Caroline Wendt |
08.02.2019 13:58 Uhr |
Für jeden Patienten das richtige Arzneimittel in der richtigen Dosierung: Die personalisierte Pharmazie macht es möglich. / Foto: Fotolia/Sergey Nivens
»›Meine Pille, deine Pille‹, so titelte die Apotheken-Umschau, spätestens seit diesem Artikel ist die personalisierte Pharmazie auch bei Patienten bekannt«, berichtete Schwab, Klinischer Pharmakologe vom Dr.-Magarete-Fischer-Bosch-Institut (IKP), bei dem Kongress der Krankenhausapotheker vergangenes Wochenende in Köln. Doch ist die individualisierte Therapie auch sinnvoll? Nach der Meinung von Schwab schon. »Wir leben in einem Zeitalter, in dem diese Informationen zur Verfügung stehen – Ärzte und Apotheker müssen dieses Wissen nutzen und zum Wohle des Patienten einsetzen«. Die Onkologie sei in dieser Hinsicht den restlichen Fachrichtungen einiges voraus: Hier gebe es bereits viele Arzneimittel, die nur dann eingesetzt würden, wenn eine bestimmte genetische Auffälligkeit im Tumorgenom vorliege.
Doch obwohl nach der Auffassung des Referenten in der personalisierten Therapie die Zukunft liege, sei die prospektive Untersuchung keine Wunderwaffe. Es gebe auch Tumorarten ohne hohe Varianz in der genetischen Ausstattung. Auf der anderen Seite könnten die Tests auch bei der Wahl der richtigen Dosierung eines Arzneimittels helfen oder Auffälligkeiten in Metabolismus-Wegen aufzeigen.
Das Dr.-Margarete-Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie befindet sich am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart. Hier wird seit vergangenem Jahr ein neues Projekt in die Tat umgesetzt: »Die Patienten werden zukünftig bei Aufnahme über die Möglichkeit aufgeklärt, dass sie mittels Blutabnahme einen pharmakogenetischen Befund erhalten können«, berichtete Schwab. Die Ergebnisse können die Patienten in einer App einsehen, die Informationen bleiben Eigentum des Patienten. »Um die Informationen mit den Ärzten zu teilen, bedarf es einer ausdrücklichen Zustimmung des Patienten«, betonte Mediziner ausdrücklich. Dadurch bleibe die Privatsphäre der Patienten gewahrt.
Doch sei die Pharmakogenetik nur ein Aspekt, auch die Epigenetik könne von großer Bedeutung sein. »Die Methylierung eines Abschnittes entscheidet mitunter, ob ein Gen exprimiert wird oder nicht«, so Schwab. Dabei sei der Prozess der DNA-Methylierung ganz individuell: Während die DNA-Methylierung bei eineiigen Zwillinge mit drei Jahren noch weitestgehend identisch ist, unterscheide sich deren Epigenetik mit 50 Jahren um 50 bis 70 Prozent, berichtete der Mediziner.
Von besonderer Bedeutung ist für den Klinischen Pharmakologen auch, dass pharmakogenetische Tests allen Patienten zur Verfügung stehen, nicht nur den Privatversicherten. »Nur so können wir glaubhaft bleiben und der Gentest Teil der evidenzbasierte Medizin werden«. Viele Fachinformationen neuerer Medikamente würden bereits relevante Informationen enthalten. Doch auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) habe in diesem Bereich eine große Expertise. Auf europäischer Ebene, angesiedelt bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, existiert eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema befasst. »Wir sind bereits auf einem guten Weg, viele Daten müssen nur noch eingepflegt werden«, berichtete Schwab.