Wie gut schützen die Impfstoffe vor Omikron? |
Theo Dingermann |
05.01.2022 12:00 Uhr |
Daten aus Südafrika zeigen, dass der Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer noch zu 70 Prozent gegen Krankenhausaufenthalte schützt, die auf Omikron-Infektionen zurückgehen. Bei Delta-Infektionen lag der Schutz noch bei 93 Prozent. / Foto: Getty Images/Pornnapa Phetthai/EyeEm
In einem Brief an den Herausgeber des »New England Journal of Medicine« legen südafrikanische Wissenschaftler erste Daten zur Wirksamkeit des Biontech/Pfizer-Impfstoffs Comirnaty® gegen die Omikron-Variante in Südafrika vor.
Sie bestimmten die Wirksamkeit von zwei Dosen des Covid-19-Impfstoffs auf Basis von Informationen in Krankenakten von Mitgliedern einer südafrikanischen Managed-Care-Organisation. Die Wissenschaftler ermittelten die Schutzwirkung des Impfstoffs vor Covid-19-bedingten Krankenhausaufenthalten für vollständig Geimpfte, von denen möglichst umfangreiche Informationen gespeichert waren, darunter auch potenzielle Risikofaktoren. Berücksichtigt wurde der Zeitraum vom 15. November bis zum 7. Dezember, als in Südafrika Omikron bereits dominierte (Omikron-Periode). Diese Werte verglichen sie mit Schätzungen der Impfstoffwirksamkeit im Zeitraum zwischen dem 1. September und dem 30. Oktober, in dem die Delta-Variante dominierte.
Insgesamt wurden 133.437 PCR-Testergebnisse analysiert, die während des Vergleichszeitraums gewonnen worden waren. 38.155 dieser PCR-Testergebnisse (28,6 Prozent) stammten von Patienten, die mindestens 14 Tage nach Erhalt der zweite Impfstoffdosis getestet worden waren. Für die Omikron-Periode analysierten die Wissenschaftler 78.173 PCR-Testergebnisse, von denen 32.325 (41,4 Prozent) mindestens 14 Tage nach der zweiten Impfdosis gewonnen worden waren.
Die Gesamt-Testpositivität lag während der Omikron-Periode bei 24,4 Prozent und damit deutlich höher als im Vergleichszeitraum (6,4 Prozent). Es wurden also bei Geimpften in der Omikron-Periode mehr SARS-CoV-2-Infektionen nachgewiesen als in der Delta-Periode. Dagegen fiel die Covid-19-Klinikaufnahmerate bezogen auf die positiven PCR-Testergebnisse mit 10,8 Prozent im Vergleichszeitraum deutlich höher aus als mit 2,2 Prozent während der Omikron-Periode. Dies ist ein Indiz dafür, dass Omikron-bedingte Covid-19-Fälle weniger schwer verlaufen. Positiv getestete Patienten waren allerdings während des Omikron-Periode jünger als die Patienten während der Vergleichsperiode.
Aus diesen Daten, die sie zudem umfänglich hinsichtlich Störfaktoren bereinigten, errechnen die Wissenschaftler eine Wirksamkeit des Impfstoffs zum Schutz vor Hospitalisierung von 70 Prozent für die Omikron-Periode. Dieser Wert unterscheidet sich signifikant von der Impfstoffeffektivität während der Delta-dominierten Vergleichsperiode, die bei 93 Prozent lag (Schutz vor Covid-19 bedingtem Krankenhausaufenthalt).
Eine Gruppe aus Dänemark publizierte auf dem Prepint-Server »MedRxiv« ebenfalls Daten zur Impfstoffwirksamkeit gegen SARS-CoV-2-Infektionen mit der Omikron- und der Delta-Variante. Bekanntlich sind die Covid-19-Impfstoffe nicht hinsichtlich eines Infektionsschutzes, sondern hinsichtlich eines Schutzes vor schweren Krankheitsverläufen optimiert. Da jedoch die Omikron-Variante besonders durch ihre außergewöhnlich hohe Infektiosität imponiert, sind die Daten dieser Studie besonders interessant.
So konnten die Wissenschaftler um Dr. Christian Holm Hansen vom Statens Serum Institut in Kopenhagen im ersten Monat nach der Primärimpfung mit Comirnaty einen Schutz vor einer Infektion mit der Omikron-Variante von 55,2 Prozent ermitteln. Nach der Primärimpfung mit dem Moderna-Impfstoff Spikevax® ergab sich ein Infektionsschutz von 36,7 Prozent.
Das sind deutlich niedrigere Schutzwerte als sie bezüglich einer Delta-Infektion ermittelt wurden. Zudem nimmt der Infektionsschutz innerhalb weniger Monate rasch ab, wobei der Verlust des Impfschutzes für Comirnaty ausgeprägter ist als der für Spikevax. Nach einer Auffrischimpfung mit Comirnaty steigt allerdings die Schutzwirkung vor einer Infektion wieder auf etwa 54,6 Prozent an. Die Autoren weisen darauf hin, dass ihre Daten aufzeigen, wie wichtig Primär- und Auffrischimpfungen vor dem Hintergrund des derzeitigen exponentiellen Anstiegs von Omikron-Infektionen sind.
In einer Pressemitteilung der Firma Johnson & Johnson reagiert auch dieses Unternehmen auf die besonderen Herausforderungen, vor die uns Omikron stellt.
So informiert das Unternehmen über neue vorläufige Ergebnisse der südafrikanischen Phase-IIIb-Sisonke-Studie, nach denen eine homologe Auffrischimpfung mit dem Ein-Dosis-Impfstoff »Covid-19 Vaccine Janssen« eine 85-prozentige Wirksamkeit gegen Covid-19-bedingte Krankenhausaufenthalte zeigt. Die Daten dieser Studie wurden im Zeitraum von Mitte November bis Mitte Dezember erhoben, als sich Omikron in dem Land extrem verbreitete.
Auch eine zweite, separate Analyse der Immunantwort auf verschiedene Impfstoffschemata, die vom Beth Israel Deaconess Medical Center (BIDMC) durchgeführt wurde, zeigte, dass ein heterologer Booster mit der Janssen-Vakzine bei Personen, die ursprünglich mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff geimpft worden waren, vier Wochen nach dem Booster einen 41-fachen Anstieg der neutralisierenden Antikörperreaktionen und zwei Wochen später einen fünffachen Anstieg der CD8+-T-Zellen gegen Omikron induziert hatte.
Ein homologer Booster mit Comirnaty führte in dieser Studie nach vier Wochen zu einem 17-fachen Anstieg der neutralisierenden Antikörper und zu einem 1,4-fachen Anstieg der CD8+-T-Zellen nach zwei Wochen. Das Unternehmen teilt mit, dass die Daten zur Publikation beim »MedRxiv«-Preprint-Server eingereicht wurden und demnächst erscheinen werden.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.