Wie funktioniert die Erstattung bei unseren Nachbarn? |
Lukas Brockfeld |
25.02.2025 16:20 Uhr |
Eine NHS-Apotheke in der englischen Stadt Ipswich. / © IMAGO/imagebroker
In Deutschland wird die Erstattung von Arzneimitteln durch ein komplexes System der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens geregelt. Doch wie läuft das bei unseren europäischen Nachbarn? In der vergangenen Woche wurden die Erstattungssysteme in unterschiedlichen Ländern auf einem Webinar der Germany Trade and Invest (GTAI), der Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik, vorgestellt.
Die unterschiedlichen Systeme wurden von Tilo Mandry vom IGES Institut erläutert. Das Forschungsinstitut berät pharmazeutische und medizintechnische Unternehmen bei Fragen des Markteintritts und der Erstattung im europäischen Ausland.
Eines der von Mandry vorgestellten Länder war das Vereinigte Königreich. Das britische Gesundheitssystem ist staatlich gesteuert und unterscheidet sich damit stark vom deutschen Modell. Der staatliche Gesundheitsdienst National Health Service (NHS) beschränkt seine Arbeit allerdings auf England. Schottland, Wales und Nordirland haben eigene Gesundheitsdienste, die ebenfalls NHS (beziehungsweise Health and Social Care in Nordirland) heißen, sich aber auf ihre jeweiligen Länder beschränken.
Die Medicine and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) ist für die Zulassung von Arzneimitteln zuständig. Die Entscheidungen der MHRA sind im gesamten Vereinigten Königreich gültig. Die Erstattung in England fällt allerdings in die Kompetenz des NICE (National Institute for Health and Care Excellence). Schottland, Wales und Nordirland haben eigene Behörden. Da England das mit Abstand größte Land im Vereinigten Königreich ist, orientieren sich die anderen Länder allerdings oft an den Entscheidungen des NICE.
Eine Besonderheit des englischen Systems ist, dass der Preis bei schon bei der Nutzenbewertung mit einkalkuliert wird. In den meisten Staaten wird als erster Schritt der medizinische Nutzen eines neuen Medikaments bewertet, im Anschluss erfolgen die Preisverhandlungen mit den Herstellern. Der englische NHS hat dagegen eine Budgetobergrenze, die er nicht überschreiten darf. Daher wird bei einer Neuzulassung immer ein sogenannter »Budget Impact Test« gemacht, der die finanziellen Auswirkungen einer Erstattung prüft. Daher schließt das NICE viele Medikamente und Therapien aus, die in anderen europäischen Staaten erstattet werden.