| Brigitte M. Gensthaler |
| 30.05.2024 07:00 Uhr |
Mundpflege ist keine banale Handlung – umso besser, wenn sie auch im hohen Alter gut gelingt. / Foto: Getty Images/Yaraslau Saulevich
Schlechte oder fehlende Mundhygiene begünstigt Karies und Parodontitis. Entzündungen im Mund sind schmerzhaft, verleiden das Essen und bieten Eintrittspforten für Bakterien, Viren und andere Erreger in den Blutkreislauf. Speisereste und Beläge im Mund können versehentlich eingeatmet werden, zu Atemnot führen oder eine Pneumonie auslösen. Nachts die Zahnprothesen aus dem Mund zu nehmen, halbiert bereits das Risiko für Lungenentzündungen.
Apotheken können Patienten und ihre Angehörigen über die Bedeutung der Mundgesundheit und eine sensible Zahnpflege sensibilisieren. Die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft gibt in einem neuen Informationsblatt dazu wichtige Hinweise.
Manchmal gibt es diskrete Anzeichen: Die Zahnbürste ist immer trocken, die Zahnpastatube wird nicht leer, die Prothesen werden abends nicht mehr in ein Wasserglas gelegt. Schmerzen, Rötungen und Bluten der Schleimhaut, Mundtrockenheit und -geruch können im Alltag ebenso auffallen wie Knirschen oder Ablehnung der Zahnprothese.
Wenn demenzkranke Menschen sich nicht mehr verbal äußern können, reagieren sie auf Schmerzen mitunter mit Selbstaggression, wehren Essen, Getränke und Pflege ab, ziehen sich sozial zurück oder lächeln weniger. Da Lippen, Mund und Mundhöhle sensible und sehr persönliche Körperstellen sind, kann deren Berührung Ängste, Abwehr und Ekel auslösen. Dies macht die Mundpflege für Betroffene, Angehörige und Pflegekräfte oft zu einer Tortur.
Mitunter sind es banale Probleme, die die Zahnpflege erschweren: Der Mensch bekommt die Zahncreme nicht auf die Bürste, mag deren Geschmack nicht, kann Zahnpasta nicht mehr ausspucken, verschluckt sich an der Mundspüllösung oder lässt die Prothese wegen zitternder Finger fallen. Wer sich für seine Defizite schämt, verzichtet lieber auf die Mundpflege. Gezielte Handreichungen können das Problem oft lösen.
Bei beginnender Demenzerkrankung hilft es, wenn komplexe Handlungen wie Zähneputzen mit kurzen klaren Sätzen angeleitet oder gemeinsam begonnen werden. Wird zum Beispiel die Zahnbürste mit der Hand bis zum Mund geführt oder das Zähneputzen gemeinsam vor dem Spiegel begonnen, gelingt eventuell die selbstständige Weiterführung.
Brauchen die Patienten mehr Hilfe oder muss eine Pflegekraft die Mundpflege übernehmen, ist es wichtig, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen und alle Maßnahmen einzeln schrittweise anzukündigen. Fingerspitzengefühl, Wertschätzung und Empathie für den Betroffenen wirken entspannend. Das ist besonders wichtig bei ablehnendem Verhalten.
Auch hier sollten die Pflegenden zunächst nach vermeintlich banalen Ursachen fahnden: Vielleicht fehlen Brille oder Hörgerät, ist das Stehen am Waschbecken zu mühsam, löst ein Vergrößerungsspiegel oder das Schäumen der Zahnpasta Angst aus, ist das Wasser zu heiß oder zu kalt und schmerzt daher.
Wehrt sich die zu pflegende Person anhaltend gegen die Maßnahmen, könnten Gesten und Pantomime zu einem besseren Verständnis führen und damit die subjektiv empfundene Bedrohlichkeit der Situation senken, heißt es auf der Lernplattform »Mundgesundheit in der Pflege«. Hier gibt es zahlreiche Ratschläge, wie heikle Situationen entschärft und für Pflegende und Pflegepersonen gelöst werden können. Vertiefte Informationen liefert der Expertenstandard zur Förderung der Mundgesundheit (Stand Januar 2023) des Deutschen Netzwerkes zur Qualitätsentwicklung in der Pflege.