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Apfel- oder Birnentyp
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Wie die Fettverteilung das Herz altern lässt

Übergewicht und Fettleibigkeit sind derzeit in aller Munde. Allerdings sind die gesundheitlichen Auswirkungen von Fettansammlungen keineswegs so homogen, wie man meinen könnte – auch nicht unter den Geschlechtern. Dies verdeutlich jetzt noch einmal eine große Studie.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 25.08.2025  18:00 Uhr

Weltweit sind 43 Prozent der Erwachsenen übergewichtig, Männer und Frauen gleichermaßen – und die Prävalenz steigt weiter. Allerdings bezieht sich diese Größenordnung nur auf das Körpergewicht, das landläufig in Form des Body-Mass-Index (BMI), also dem Verhältnis aus Körpermasse und dem Quadrat der Größe (kg/m2) definiert wird. Die Fettverteilung spielt bei Risikobetrachtungen von Übergewicht bisher eine eher untergeordnete Rolle. Dabei kann eine unterschiedlich Fettverteilung verschiedene metabolische und kardiovaskuläre Risikoprofile aufweisen.

Ein Team um Dr. Vladimir Losev vom Imperial College London hat sich die Problematik der Fettverteilung genauer angeschaut und den Einfluss geschlechtsspezifischer Körperfettverteilung auf die kardiovaskuläre Alterung analysiert. Dazu werteten die Forschenden 21.241 Patientenakten in der UK Biobank aus. Die Ergebnisse dieser Arbeit publizierte das Team jetzt im »European Heart Journal«.

Anhand eines maschinellen Lernmodells, das aus 126 kardiologischen bildbasierten Merkmalen ein kardiovaskuläres biologisches Alter vorhersagt, ermittelten die Forschenden das Altersdelta, also die Differenz zwischen dem vorhersagten biologischen und dem chronologischen Alter. Damit konnten sie die Alterung des Herzens abschätzen. Dieses Modell wurde zuvor an einer gesunden Referenzpopulation (n = 5065, BMI < 30 kg/m2) trainiert und validiert.

Das Team untersuchte die Körperzusammensetzung der Teilnehmenden mittels Ganzkörper-MRT. Damit konnten verschiedene Fettarten genau gemessen und unterschieden werden: viszerales Fettgewebe (VAT), abdominales subkutanes Fettgewebe (ASAT), muskuläre Fettinfiltration (MATI), Leber-Protonendichte-Fettfraktion (PDFF) sowie Fettverteilung im Bauch- (Android, auch als Apfeltyp bezeichnet) und Hüftbereich (Gynoid, Birnentyp). Anschließend prüften die Forschenden mit einer statistischen Methode, wie diese Fettarten mit dem Unterschied zwischen biologischem und tatsächlichem Alter des Herz-Kreislauf-Systems zusammenhängen.

Fettlokalisation korreliert mit kardiovaskulärem Risiko

Die multivariable lineare Regressionsanalyse ergab, dass viszerales Fettgewebe, muskuläre Fettinfiltration  und Leberfettgehalt die stärksten Prädiktoren für eine beschleunigte kardiovaskuläre Alterung bei beiden Geschlechtern waren.

Interessanterweise zeigten abdominales subkutanes Fett und die Android-Fettmasse nur bei Männern einen signifikanten Zusammenhang mit einem erhöhten Altersdelta. Im Gegensatz dazu war die Gynoid-Fettmasse bei Frauen vor der Menopause mit einem niedrigeren Altersdelta assoziiert, was auf einen schützenden Effekt hindeutet. Diese Assoziation verschwand nach der Menopause. Zudem war bei Frauen unabhängig vom Alter eine höhere Fettmasse im Rumpf und im gesamten Körper mit einem günstigeren Altersdelta verbunden.

Mechanistische Überlegungen

Mechanistisch werden die geschlechtsspezifischen Effekte durch die unterschiedliche hormonelle Regulation der Fettverteilung erklärt. Die weiblichen Estrogene fördern die Fettspeicherung an Hüften, Gesäß und Oberschenkeln und schützen gleichzeitig die Gefäßinnenwände vor Schäden und Arterienverkalkung.

In der aktuellen Studie zeigte sich, dass Estradiol bei Frauen vor der Menopause mit einer verlangsamten kardiovaskulären Alterung assoziiert war, während dieser Effekt bei Männern und postmenopausalen Frauen fehlte. Daten aus genomweiten Assoziationsstudien bestätigen einen kausalen, schützenden Effekt des gynoiden Fettgewebes auf das Altersdelta, während viszerales und subkutanes abdominales Fett keine klare Schutzwirkung zeigten, sondern vielmehr in entgegengesetzter Richtung tendierten.

Weitere Analysen zeigten, dass der BMI schlechter geeignet ist, um die Alterung des Herzen vorherzusagen, als die mit MRT gemessene Fettverteilung. So wurden 31 Prozent der übergewichtigen Frauen und 11 Prozent der übergewichtigen Männer anhand ihrer gesamten Körperfettmasse neu eingestuft und fielen in den Normalbereich. Das macht deutlich, dass der BMI als Risikomarker nur begrenzt aussagekräftig ist.

Zudem wurde gezeigt, dass körperliche Aktivität das Altersdelta verbessert: Fit-übergewichtige Erwachsene wiesen einen niedrigeres Altersdelta auf als unfitte Übergewichtige. Allerdings blieb auch hier viszerales Fett ein signifikanter Prädiktor für ein beschleunigtes Altern.

Stille Entzündung als Treiber der Alterung

Blutuntersuchungen zeigten, dass bestimmte Marker wie Apolipoprotein B, LDL-Cholesterol und Glykoproteinacetylate – die auf Entzündungen im Körper hinweisen – mit einer schnelleren Alterung verbunden waren. Dagegen wirkten HDL-Partikel und die Omega-3-Fettsäure DHA (Docosahexaensäure) schützend.

Diese Befunde stützen die Hypothese, dass eine chronische, sterile Entzündung (Inflammageing), die von viszeralem Fettgewebe ausgeht, eine wichtige Rolle bei der kardiovaskulären Alterung spielt. Beispielsweise deuten Tiermodelle darauf hin, dass Interleukin-11 (IL-11) aus adipösem Gewebe den ERK/AMPK/mTORC1-Signalweg aktiviert, der Alterungsphänotypen fördert. Therapeutisch könnten GLP-1-Rezeptoragonisten, SGLT2-Hemmer oder IL-11-Antagonisten durch Reduktion des viszeralen Fetts und durch Modulation dieser  entzündlichen Signalwege die kardiovaskuläre Alterung verlangsamen.

Zusammenfassend zeigt die Studie, dass nicht die gesamte Fettmenge, sondern vor allem die Verteilung und Funktion des Fetts entscheidend für die Alterung des Herz-Kreislauf-Systems sind – und das unterschiedlich bei Männern und Frauen. Viszerales Fett fördert die Alterung bei beiden Geschlechtern, während gynoides Fett bei Frauen schützend wirkt, vermutlich vermittelt durch Estrogene und adiponektinreiche Sekretion.

Diese Erkenntnisse, die prinzipiell nicht neu sind, zeigen, dass eine präzisere, bildgebungsbasierte Risikostratifizierung wichtig wäre und dass die Bedeutung des BMI überschätzt ist. Zudem eröffnen sie neue therapeutische Ansatzpunkte, um die gesunde Lebensspanne zu verlängern.

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