Wie Angehörige Krebspatienten beistehen können |
Doch es gab auch andere Reaktionen: »Von meiner Band hat mich in dieser Zeit niemand besucht. Sie meinten später: Wir wussten nicht, was wir mit dir reden sollen«, erzählt Schloss. »Alles, Hauptsache ihr wärt gekommen«, sagt er heute.
Damals habe er sich alleingelassen gefühlt, sagt der Hobbymusiker, der mittlerweile mit einer Freundin musiziert. Aus seiner Sicht sei es besser, zu sagen »Ich habe Angst, etwas Falsches zu sagen« als gar nichts zu sagen. »Schweigen ist das Schlimmste«, findet er.
Ähnlich sieht es auch Ulrike Filippig. Die heute 50-Jährige war 2015 an Brustkrebs erkrankt. »Wer sich unsicher ist, was er ansprechen kann, sollte einfach fragen«, sagt sie. Was hat ihr nach der Diagnose gutgetan? Ihr habe geholfen, dass ihr Mann sie zu allen Untersuchungsterminen begleitet hat. Mut habe ihr auch der Satz einer Freundin gemacht: »Erinnere dich, was du in deinem Leben schon alles geschafft hast. Wenn das eine schafft, dann du. Das war ein Volltreffer! Das hat mich beflügelt, weil es mit dem Herzen ausgesprochen wurde und im Herzen angekommen ist.«
Manche Leute versuchen, ihre Sprachlosigkeit zu überspielen oder erzählen von anderen Krebspatientinnen und -patienten – nach dem Motto: Meine Tante hatte das auch. »Bitte nicht«, sagt Ulrike Filippig. »Jede Erkrankung verläuft anders. Das darf man nicht miteinander vergleichen.« Oft hilft es, wenn Freunde einfach zuhören.
Doch manchmal ist direkter Kontakt schwierig, wenn etwa nach einer Transplantation das Infektionsrisiko zu groß ist. Dennoch sind Austausch und Rituale wichtig. »Sie geben gerade in Krisenzeiten Halt«, sagt Ulrike Filippig. Wer sich also bislang jeden Freitagabend mit seiner besten Freundin getroffen hat, sollte das weiter machen - zur Not eben per Telefon oder Video-Call.
Es kann Phasen geben, da ist sogar das Beantworten von Nachrichten für Betroffene anstrengend. Dann sind kleine Gesten kostbar. So können Freundinnen und Freunde Fotos von schönen gemeinsamen Erlebnissen schicken. Oder auch von einem Blumenstrauß, wenn richtige Blumen während der Chemotherapie nicht erlaubt sind. Oder sie erstellen eine Playlist und ergänzen die Auswahl an einem festen Wochentag. So kann sich der Patient etwa jeden Mittwoch auf neue Songs freuen und die Musik anhören, wenn ihm danach ist.
Neben tröstenden Worten und Gesten helfen auch konkrete Taten, wie einkaufen oder kochen. »Eine Freundin hat damals gesagt, in den Herbstferien nehme ich deinen Jüngsten mit«, sagt Ulrike Filippig. »Das hat mich entlastet, weil ich wusste, dass mein Sohn zwei unbeschwerte Wochen hat und ich in dieser Zeit nicht auch noch die Mutterrolle ausfüllen musste.«