| Alexander Müller |
| 01.12.2025 10:34 Uhr |
BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller sprach bei den »Pharma Trends 2026« auch über die Apothekenreform und die Honorarerhöhung. / © BMG
Das Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG) soll am 17. Dezember ins Kabinett, man befinde sich daher »in einer ganz heißen Verhandlungsphase«, so Müller, derzeit laufe die Ressortabstimmung.
Es würden noch »letzte Änderungen am Entwurf« gemacht und Müller zeigte sich optimistisch, dass der Termin gehalten werden kann. Offenbar wird auch über die im Koalitionsvertrag versprochene Erhöhung des Apothekenfixums auf 9,50 Euro noch verhandelt. Bekanntlich hatte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) diese Maßnahme mit Blick auf die Finanzlage der Krankenkassen zunächst noch zurückgestellt.
Müller berichtete aus der Ressortabstimmung: »Es ist eine schwierige Situation, weil wir ja im Koalitionsvertrag die Honoraranhebung drin haben, für die wir kämpfen.« Die Ministerin sei in dieser Frage »sehr entschieden«, so Müller: »Wenn die Mütterrente kommt, dann muss auch das Apothekenfixum kommen.« Davon müsse man jetzt noch alle überzeugen.
Müller verwies, wie zuvor schon seine Chefin, darauf, dass die Honoraranpassung im Koalitionsvertrag vereinbart sei. Kritik daran hätte man früher äußern können, so die Sichtweise im BMG. »Aber mal gucken, ob wir das hinkriegen«, so Müller.
Müller sprach auch über mögliche Einsparungen im System: »Eigenverantwortung heißt natürlich auch Zuzahlung.« Beispielsweise in den USA gehe es schon heute um sehr relevante Beträge, gerade für den Mittelstand. In Deutschland und Europa gebe es keine politische Akzeptanz für so wesentliche Eigenbeteiligungen, aber über Anpassung werde nachgedacht.
Das von Ex-Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eingeführte Modell liegt mit den heutigen Zuzahlungen laut Müller auf dem Niveau von 2004. »Das ist etwas, was wir in der GKV-Finanzkommission angucken, ob man nicht die Zuzahlungen für Arzneimittel und andere Bereiche anhebt.« Entsprechend hatte sich auch Ministerin Warken schon Mitte November geäußert – ohne den Ergebnissen der Finanzkommission vorgreifen zu wollen.
Die Apothekenreform spielte in Müllers Vortrag bei den »Pharma Trends 2026« aber nur eine kleine Rolle. Der Ministerialbeamte gab einen allgemeinen Überblick über die »Arzneimittelsteuerung in der neuen Legislaturperiode – aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen und kommende Regularien«. Müller ist als BMG-Abteilungsleiter zuständig für Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie.
Unter anderem berichtete er über den Verfahrensstand beim EU-Pharmapaket. Bis zum Jahresende wolle die dänische Ratspräsidentschaft die Verhandlungen zum Abschluss bringen. Denn Tempo tut im internationalen Wettbewerb Not, ein transparentes und attraktives Anreizsystem sei von zentraler Bedeutung für den Pharmastandort EU. Die Gesetzgebung in Brüssel sei leider doch etwas langsam, so Müller mit Verweis auf die Weiterentwicklung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA): »Mein persönlicher Eindruck ist, wir müssen mit der EMA noch beweglicher werden«, so Müller.
Er ging auch auf die erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs des EU -Arzneimittelrechts durch den Wegfall des Kriteriums der »industriellen Herstellung« ein. Die EU-Kommission wolle die Defekturherstellung auf krankenhausversorgende Apotheken beschränken. Deutschland setze sich dafür ein, dass sie für alle Apotheken möglich bleibt. »Und es sieht gut aus, dass das erhalten bleibt«, so Müller.
Zur Evaluation des Lieferengpass-Gesetzes (ALBVVG) führte Müller aus, dass Anfang 2026 in allen Rabattverträgen die neuen Vorgaben umgesetzt sein würden. Die Versorgungslage sei mit derzeit 551 gemeldeten Lieferengpässen etwas entspannt, die Ausfälle seien aber weiterhin ein Thema, so Müller. Beispielhaft zeigte er den größeren Umstellprozess bei Salbutamol. »Das führt zu der Situation, dass wir gerade einen Engpass haben.« Es gehe um die Balance zwischen Umweltauflagen und Wettbewerb mit Ländern, die weniger streng seien und dann einen Vorteil hätten – mit Folgen hierzulande, was die Abhängigkeit von Lieferketten betrifft.
Gestartet ist der neue Pharma - und Medizintechnikdialog der Regierung. In dieser Woche wird etwa die Arbeitsgruppe 1 mit der Aufgabe »Versorgung mit patentfreien Arzneimitteln; übergreifende Standortfragen«. Es geht um Rabattverträge, die Finanzierung, Versorgungssicherheit und Lieferketten. Die erste Sitzung findet am 4. Dezember statt.
Die erste Sitzung der AG 4 »Preisbildung und Erstattung neuer Arzneimittel« hat bereits am 27. November stattgefunden. Es sei »herausfordernd«, so Müller, dass teilweise die gleichen Personen als Experten beteiligt seien, die in der parallel tagenden Finanzkommission Gesundheit eingebunden sind, die sich bekanntlich um Einsparungen im GKV-System kümmern muss. Im Frühjahr sollen hier schon erste Vorschläge vorliegen, was wiederum Einfluss die Arbeit des Pharmadialogs haben könnte, der sich vor allem um die Bedingungen am Pharmastandort Deutschland kümmern soll.
Zur US-Pharmapolitik verwies Müller unter anderem auf die im September erhöhten Zölle auf Arzneimittel. Nach aktuellen Informationen werde aber erwartet, dass EU-Pharma-Exporte davon ausgenommen seien und unter den 15-Prozent-Zolldeckel fielen, referierte Müller.
Mit dem Critical Medicines Act (CMA) soll die Arzneimittelproduktion in Europa resilienter werden, Abhängigkeiten von Drittstaaten reduziert werden. Müller fasste den Sachstand so zusammen: »Wir können nicht alles nach Europa zurückholen, aber wir können uns darum kümmern, dass nicht alles aus einem Land kommt.« Noch in diesem Jahr soll es Entscheidungen aus Brüssel geben, hohes Tempo und europäische Einigkeit seien auch wichtig bei dem Thema. Produktion in Europa sei aber definitiv teurer, »und das muss man aus dem Gesundheitssystem bezahlen«, so Müller.
Ein erstes Sparpaket des BMG wurde vom Bundesrat in den Vermittlungsausschuss geschickt. Die Bundesländer als »Schutzherren der Krankenhäuser« hätten das Vorhaben zunächst gestoppt, so Müller. Möglichst bis Ende des Jahres sollten die Probleme gelöst werden, denn die Koalition habe sich schließlich auch darauf verständigt hat, dass es keine Beitragssatzsteigerungen geben soll.