Wenn es nicht bei einer Autoimmunerkrankung bleibt |
Menschen mit Autoimmunerkrankungen wie Vitiligo haben ein erhöhtes Risiko, eine weitere zu entwickeln. / Foto: Adobe Stock/shurkin_son
»Erkranken mindestens zwei endokrine Organe aufgrund autoimmuner Prozesse, wird das als autoimmunes polyglanduläres Syndrom (APS) bezeichnet«, erklärte Professor Dr. Karsten Müssig, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Franziskus-Hospital Harderberg der Niels-Stensen-Kliniken bei einer Online-Pressekonferenz der DGE Ende September. Dabei kann die zweite Erkrankung parallel zur ersten auftreten, oder aber sie entwickelt sich erst Jahre später. Etwa ein bis zwei von 20.000 Menschen betrifft es pro Jahr, Frauen häufiger als Männer. Die Erkrankten weisen oft eine genetische Prädisposition auf.
Dabei treten bestimmte Kombinationen von Autoimmunerkrankungen häufiger auf als andere. So ist das Risiko eines Menschen mit Typ-1-Diabetes, zusätzlich an Hashimoto (einer autoimmunen Schilddrüsenunterfunktion) zu erkranken, laut Müssig etwa doppelt so hoch wie bei einem Menschen ohne Diabetes. Seltener sei die Kombination mit Morbus Basedow, einer Überfunktion der Schilddrüse.
Ein Mensch mit Diabetes habe zudem ein zehnfach erhöhtes Risiko, Morbus Addison (eine autoimmune Nebenniereninsuffizienz) zu entwickeln. Das sei für den Patienten insofern tückisch, als der Cortisol-Mangel eine Unterzuckerung hervorrufen könne. Er passe dann seine Therapie an, ohne die Ursache zu kennen. Schlimmstenfalls könne er eine lebensbedrohliche Addison-Krise erleiden. Insgesamt sei diese Kombination allerdings sehr selten, so Müssig.
Umgekehrt könnten laut Müssig auch eigenständige nicht endokrine Störungen wie Weißflecken-Krankheit (Vitiligo), kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata) und Gluten-Unverträglichkeit (Zöliakie) Hinweise auf ein dahinterliegendes APS geben. Das gelte beispielsweise auch für eine Anämie aufgrund eines Vitamin-B12-Mangels, der wiederum die Folge einer Autoimmun-Gastritis sein kann. Diese Störungen beginnen oft schleichend und verursachen keine spezifischen Symptome. Ärzten seien diese Zusammenhänge nicht immer klar.
Regelmäßige Screenings, beispielsweise auf Schilddrüsen- oder Nebennieren-Antikörper, könnten bei diesen Patienten dazu beitragen, ein APS früher zu erkennen. Die Hormonmangelzustände könnten mit Tabletten leicht ausgeglichen werden. Dennoch sei die Substitutionstherapie komplex und gehöre in die Hände von erfahrenen Endokrinologen, betonte Müssig.