Wenn ein »Ähm« zum Verhängnis wird |
| Jennifer Evans |
| 18.09.2023 07:00 Uhr |
Ein Äh-Laut überbrückt nicht nur die Pausen, sondern entspannt auch die Sprechwerkzeuge. / Foto: Adobe Stock/vegefox.com
Wenn wir beim Reden überlegen, nutzen wir gern Füllwörter. Dieses Phänomen zählt in der Phonetik zum sogenannten Häsitationsverhalten. Also zu all dem, was eine Sprecherin oder ein Sprecher macht, um im Kopf die nächste Äußerung zu planen. Das ist erst mal nichts Ungewöhnliches. Allerdings haben drei Wissenschaftlerinnen um die Professorin Angelika Braun von der Universität Trier kürzlich herausgefunden: Jeder nutzt die »Ähms«, »Ähs« oder »Mhs« völlig anders. Und Menschen lassen sich über die Art und Weise identifizieren, wie sie diese Füllwörter anwenden. Das hatte eine Analyse gleich mehrerer Tonaufnahmen verschiedener Sprecherinnen ergeben. Dabei spielen sprachliche Merkmale wie Pausen, das Langziehen von bestimmten Lauten, Wiederholungen sowie weitere individuelle Muster eine zentrale Rolle. Einige Menschen füllen ihre Sprechpausen auch mit Worten wie »und«, »okay«, »genau« oder »ja«.
Nach Angaben der Universität Trier können diese Studienergebnisse in Zukunft in Zusammenhang mit Strafverfahren relevant werden, um Tätern schneller auf die Spur zu kommen. Braun selbst wirkte demnach bereits als Sachverständige bei Gerichtsprozessen und Ermittlungsverfahren mit. Als sprachlichen Fingerabdruck will die Phonetik-Professorin das Phänomen aber bewusst nicht bezeichnen. Das hat auch einen Grund: Sprechen ist grundsätzlich ein variables Verhalten und kann sich im Laufe des Lebens verändern etwa durch Alter, Stimme, Krankheit oder auch einfach durch Müdigkeit. Ein Fingerabdruck dagegen bleibt immer konstant.
Dennoch, wenn Prominente wie der ehemalige Tennisstar Boris Becker oder der CSU-Politiker Edmund Stoiber anfangen zu reden, sind sie schnell eindeutig identifizierbar – vermutlich selbst dann, wenn sie ihre Stimme verstellten. Auch das ist laut Braun nämlich grundsätzlich möglich – wenn auch ein wenig schwieriger als ohne Verzerrung.