Weniger Probleme unter Antithrombose |
Daniela Hüttemann |
02.07.2025 18:00 Uhr |
Nasenbluten ist eine häufige Nebenwirkung von blutverdünnenden Medikamenten. / © Getty Images/solidcolours
Mit Blutgerinnungshemmern und Antikoagulanzien wie Acetylsalicylsäure (ASS), Clopidogrel, Apixaban oder Phenprocoumon (Marcumar® und Generika) bewegt man sich stets auf einem schmalen Grat zwischen thrombotischen Ereignissen, die man verhindern will, und einem gewissen Blutungsrisiko, das man als mögliche Nebenwirkung in Kauf nimmt. Und wäre die Einstellung allein nicht schwierig genug, kommen bei den meisten Patienten weitere Medikamente hinzu. Eine Studie, die in deutschen Apotheken durchgeführt wurde, belegt, dass diese Patienten von einer Medikationsanalyse profitieren können.
Dafür erstellte Apothekerin Dr. Tanja Elnaz Hassanzadeh noch vor Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) Medikationsanalysen für 87 Patientinnen und Patienten im Raum München, die mindestens drei Arzneimittel dauerhaft einnahmen, darunter mindestens ein Antithrombotikum (Thrombozytenaggregations-Hemmer oder Antikoagulans). Im Rahmen ihrer Doktorarbeit analysierte sie die Ergebnisse.
Mittels Software-unterstützter Analyse fand sie insgesamt 234 arzneimittelbezogene Probleme (ABP) – im Schnitt 2,7 pro Patient. Davon war rund jedes vierte relevant für die antithrombotische Medikation, die in den meisten Fällen aus ASS und/oder einem direkten oralen Antikoagulans (DOAK) bestand.
Durch die Medikationsanalysen (gegebenenfalls mit Rücksprache zum Arzt) konnte Hassanzadeh die Anzahl der ABP um 43,2 Prozent senken – das entsprach einer Reduktion um durchschnittlich 1,2 ABP pro Person. 44,4 Prozent ihrer Vorschläge wurden vollständig umgesetzt, bei 30,3 Prozent blieb dies unklar und nur in relativ wenigen Fälle wurden ihre Vorschläge nicht akzeptiert.
Zudem konnten die bereits relativ gute Adhärenz der Patienten moderat verbessert werden und ebenso die Lebensqualität, wie eine Vorher-Nachher-Befragung mit standardisierten Fragebögen ergab. Neben der verbesserten Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) könnte dies auch daran liegen, dass Hassanzadeh sich die Zeit nahm, die Medikation und mögliche Probleme individuell zu besprechen und die Patienten dazu motivierte, sich mehr um die eigene Gesundheit zu kümmern. »Die Patienten wiesen nach der Medikationsanalyse ein besseres Verständnis für ihre Medikation auf«, fügt Hassanzadeh gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung hinzu.
Die Apothekerin konnte 57,4 Prozent der ABP, die sich auf die antithrombotische Medikation bezogen, komplett sowie weitere 3,3 Prozent teilweise lösen. Am häufigsten handelte es sich um Interaktionen (13,7 Prozent) und Nebenwirkungen (3,4 Prozent). Eine messbare Veränderung des Blutungsrisikos ließ sich im Rahmen der Erhebung nicht nachweisen, wobei Hassanzadeh dabei auf die Angaben der Patienten angewiesen war, weil ihr zumeist keine Laborwerte oder klinischen Berichte vorlagen.
»Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse dieser Studie, dass Apotheker Patienten unter Antithrombotika effektiv unterstützen und ABP reduzieren können, besonders im Kontext begleitender Polymedikation«, fasst Hassanzadeh mit ihren Koautoren Professor Dr. Carina Hohmann, Klinikum Fulda, und Professor Dr. Carsten Culmsee, Uni Marburg, im Fachmagazin »Frontiers in Pharmacology« zusammen.
Durch das Angebot einer Medikationsanalyse als Teil der Routineversorgung in den Apotheken, unterstützt durch AMTS-Software, könnten diese zu einer verbesserten AMTS und Lebensqualität für multimorbide Patienten beitragen. Hassanzadeh arbeitet mittlerweile für den »Medicheck«-Anbieter Pharma4u, dessen Software für die Studie eingesetzt wurde.
»Antithrombotika gehören zu den Wirkstoffklassen mit dem höchsten Risikopotenzial. Wird ihr Einsatz im Kontext einer Polymedikation bei multimorbiden Patienten betrachtet, wird deutlich, wie wichtig eine strukturierte Prüfung der Medikation in diesem Bereich ist«, so die Erstautorin.
Die Ergebnisse einer Subgruppenanalyse zeigten zudem, dass Patienten mit einer hohen Ausgangslast an ABP besonders stark von der Medikationsanalyse profitierten: Während in dieser Gruppe absolut betrachtet die meisten ABP gelöst wurden, zeigten Patienten mit wenigen initialen Problemen eine vergleichsweise höhere relative Risikoreduktion. »Diese Befunde unterstreichen den doppelten Nutzen strukturierter Medikationsanalysen – sowohl für besonders vulnerable Risikopatienten als auch für weniger komplexe Fälle«, betont die Apothekerin.