Weniger Apotheken, mehr Personal |
Laura Rudolph |
04.07.2023 16:45 Uhr |
Die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe beauftragten das Institut für Handelsforschung (IFH) Köln, die Entwicklung der Vor-Ort-Apotheken in Nordrhein-Westfalen zu untersuchen. / Foto: Getty Images/ tupungato
Vor dem Hintergrund des Apothekenrückgangs beauftragten die Apothekerkammern Westfalen-Lippe (AKWL) und Nordrhein (AKNR) das Institut für Handelsforschung (IFH) Köln, die Entwicklung der nordrhein-westfälischen Apothekenlandschaft und deren Personalsituation zwischen 2012 und 2022 näher zu untersuchen. Das IFH analysierte hierzu Statistiken der beiden Kammern und führte eine Onlinebefragung mit mehr als 2000 Pharmazeuten, 70 Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) sowie mehr als 250 Pharmaziestudierenden durch. Außerdem wurden mehr als 2000 Apothekenkunden in NRW befragt. Markus Preißner vom IHF stellte die Ergebnisse der Studie »Apotheken und Approbierte in Nordrhein-Westfalen – Status Quo, Entwicklungen und Perspektiven« am heutigen Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz in Düsseldorf vor.
Die Anzahl der nordrhein-westfälischen Apotheken ist im Zeitraum von 2000 bis 2022 um mehr als 1000 und damit um etwa 21 Prozent zurückgegangen – von 4.821 auf 3.804. Insbesondere in den letzten zehn Jahren sei die Apothekenzahl stark gesunken, erklärte Preißner: Allein um 16 Prozent zwischen 2012 und 2022. Überdurchschnittlich häufig seien dabei Großstädte von den Apothekenschließungen betroffen gewesen (52 Prozent aller Schließungen), häufig auch Mittelstädte (38 Prozent). Dort sei vor allem der zunehmende Wettbewerb durch andere Apotheken für den Rückgang verantwortlich. Jede zehnte Apothekenschließung habe in Kleinstädten stattgefunden; dort mangele es eher an pharmazeutischem Nachwuchs und der Kaufkraft der Bevölkerung, so Preißner.
Mit einem Verlust von 37 Apotheken im Zeitraum von 2012 bis 2022 ist die Stadt Essen in absoluten Zahlen betrachtet der NRW-Anführer bei den Apothekenschließungen, gefolgt von Köln (34) und Recklinghausen (29). Den höchsten relativen Rückgang hat die Stadt Hagen zu verzeichnen. Dort wurde in diesem Zeitraum jede dritte Apotheke geschlossen, in Kleve und Remscheidt jede vierte.
Wie wirken sich die Schließungen auf die flächendeckende Versorgung aus? In NRW gibt es 180 Notdienstapotheken (Stand: Januar 2023). Betrachte man diese nach Einzugsgebieten, stelle man fest, dass in Umkreisen von zehn bis 20 Kilometern das Apothekennetz noch dicht ist, ein Einzugsgebiet mit einem 3-Kilometer-Radius jedoch schon Lücken aufweise, erläuterte Preißner. In ländlichen Regionen seien daher viele Menschen auf ein Fahrzeug oder öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Noch gibt es in NRW keine Kommune ohne Apotheke. Jedoch wächst die Zahl der Kommunen, in der es nur eine einzige Apotheke gibt, auf der dann ein hoher Versorgungsdruck laste, so Preißner. 2012 traf dies auf 27 Kommunen zu, 2022 bereits auf 41.
Die befragten Bürgerinnen und Bürger bewerteten die Erreichbarkeit von Apotheken in der IFH-Studie dennoch als positiv: Im NRW-Durchschnitt und in den nordrhein-westfälischen Groß- und Mittelstädten gaben mehr als 90 Prozent an, die Erreichbarkeit sei »sehr gut« oder »gut«. Lediglich in sehr kleinen Städten und Gemeinden bewerteten 11 Prozent der Befragten die Erreichbarkeit mit »eher schlecht« oder »schlecht«. Aus Sicht der NRW-Bevölkerung sind Apotheken und Lebensmittelgeschäfte ähnlich gut erreichbar.
91 Prozent der Befragten sehen ein dichtes Apothekennetz als Grundlage für eine zuverlässige Arzneimittelversorgung an. 92 Prozent gaben an, dass Nacht- und Notdienste unerlässlich seien. Neun von zehn Befragten wünschen sich die Vor-Ort-Apotheke weiterhin als gut erreichbaren Ansprechpartner und Wegweiser im Gesundheitswesen. Drei von vier Befragten wünschen sich eine im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit eine engere Zusammenarbeit von Ärzten mit Apothekern.