Weltweite Unterschiede bei gesundem Altern |
Theo Dingermann |
15.07.2025 10:30 Uhr |
Europa zeigte im Durchschnitt die gesündeste Alterung, während Ägypten und Südafrika die höchsten Werte für beschleunigte Alterung aufwiesen. / © Getty Images/PeoplesImages/Charday Penn
Der Mensch kann sehr viel dafür tun, auch in späten Lebensjahren gesund und vital zu bleiben. Wie und was man isst, wie man sich bewegt, schläft und das Gehirn trainiert, hat erheblich größeren Einfluss auf eine gesunde Lebenszeit als gedacht. All diese Faktoren kann der Mensch mehr oder weniger gut beeinflussen. Somit können Schutz- und Risikofaktoren eine gesunde oder beschleunigte Alterung begünstigen, wobei unterschiedliche Umgebungen die Auswirkungen modulieren. Diese Umgebungsfaktoren bezeichnet man als »Exposom«, worunter man eine Kombination aus physischen und sozialen Belastungen versteht, denen ein Mensch im Laufe seines Lebens ausgesetzt ist.
Die Bedeutung des Exposoms ist noch weitgehend unerforscht. Aber Studien zeigen den teils erheblichen Einfluss auf ganz unterschiedliche Gesundheitsparameter, die sich auch auf ein gesundes Altern auswirken können.
In einer groß angelegten, multiregionalen Studie mit 161.981 gesunden Teilnehmern aus 40 Ländern analysierte jetzt ein Team um Professor Dr. Hernan Hernandez vom Latin American Brain Health Institute (BrainLat) an der Universidad Adolfo Ibañez, Santiago de Chile, Chile, die Determinanten gesunder und beschleunigter Alterungsprozesse anhand des Exposoms. Dabei wurde das Konzept des »Biobehavioral Age Gap (BBAG)« eingeführt, das die Differenz zwischen dem anhand von Schutz- und Risikofaktoren geschätzten Alter und dem chronologischen Alter beschreibt. Positive BBAG stehen für eine beschleunigte, negative für eine verzögerte Alterung. Ihre Ergebnisse publizierten die Forschenden im Fachblatt »Nature Medicine«.
Die Studie kombiniert Querschnitt- und Längsschnittanalysen und berücksichtigt sowohl individuelle Faktoren wie kognitive Leistungsfähigkeit und Erkrankungen als auch makrostrukturelle Einflussgrößen wie Luftqualität, politische Repräsentation oder Geschlechtergleichheit.
Die Forschenden nutzten harmonisierte Datensätze aus nationalen Alterungsstudien auf vier Kontinenten (Europa, Asien, Lateinamerika, Afrika). Als Prädiktoren dienten funktionelle Fähigkeiten, Bildungsstand und kognitive Leistungen, die als Schutzfaktoren angesehen werden, sowie Hör-/Sehbeeinträchtigungen, kardiovaskuläre Erkrankungen, Übergewicht und Schlafstörungen, die Risikofaktoren repräsentieren. Die Genauigkeit des Modells bezeichnen die Forschenden als hoch. Der mittlere quadratische Fehler (RMSE), das heißt die Differenz zwischen den vom Modell vorhergesagten Werten und den in den Daten tatsächlich beobachteten Werten, errechnete sich mit 5,44 Jahren.
Ergänzend integrierten die Forschenden makrostrukturelle exposomale Faktoren aus globalen Datenbanken, darunter den Grad der Luftverschmutzung, den Index der geschlechtsspezifischen Ungleichheit (Gender Inequality Index), den Gini-Index, der als statistisches Maß für die Ungleichverteilungen in einer Gruppe gilt, sowie Indikatoren für demokratische Strukturen. Diese wurden normalisiert und in lineare Regressionsanalysen mit BBAG als Zielvariablen eingespeist.