Welches Grippemittel wirkt am besten? |
Daniela Hüttemann |
16.01.2025 18:00 Uhr |
Hochrisikopatienten für einen schweren Verlauf können bei einer Grippe (möglichst direkt nach Symptombeginn) am besten mit Baloxavir behandelt werden, das allerdings in Deutschland derzeit nicht auf dem Markt ist. / © Getty Images/Jelena Stanojkovic
In Review und Metaanalyse wurden 73 Studien mit insgesamt 34.332 Teilnehmenden eingeschlossen. Untersucht wurden darin Endpunkte wie Krankenhauseinweisung, Zeit bis zum Abklingen der Symptome, unerwünschte Wirkungen, Resistenzentwicklung sowie die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung und Mortalität. Dazu lagen allerdings nicht zu jedem Arzneistoff ausreichend Daten vor.
Mit eingeschlossen wurden Studien mit diesen antiviralen Wirkstoffen: Die Neuraminidase-Inhibitoren Oseltamivir, Zanamivir, Laninamivir und Peramivir, der selektive Cap-abhängige Endonuklease-Inhibitor Baloxavir, der Entry-Inhibitor Umifenovir, der RNA-Polymerase-Inhibitor Favipiravir sowie Amantadin und Rimantadin, die die Freisetzung der viralen Erbinformation in das Zytoplasma der Wirtszelle, das sogenannten Uncoating, über den M2-Kanal hemmen. In Deutschland sind derzeit nur Oseltamivir (Tamiflu®, Ebilfumin® und Oseltamivir Zentiva) und Zanamivir (Dectova® zur Infusion und Relenza® zur Inhalation) in der ABDA-Datenbank gelistet. Amantadin ist nur als Parkinson-Mittel verfügbar.
Baloxavir (Xofluza®) hatte Hersteller Roche 2021 in Deutschland eingeführt, jedoch nach wenigen Monaten aus wirtschaftlichen Gründen wieder vom Markt genommen. Der Gemeinsame Bundesausschuss sah zwar einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen zur Postexpositions-Prophylaxe, nicht jedoch bei der Behandlung einer unkomplizierten Influenza. Es ist weiterhin in der EU zugelassen und kann importiert werden, was patientenindividuell wenig sinnvoll sein dürfte, da ein früher Therapiebeginn essenziell ist.
Das neue Review sieht Baloxavir ganz klar als Favoriten, wenn auch nicht mit überzeugender Evidenz. Demnach könne der Endonuklease-Inhibitor wahrscheinlich das Risiko einer Krankenhauseinweisung für Hochrisikopatienten sowie die Zeit bis zur Symptomfreiheit um 1,02 Tage reduzieren, und zwar ohne unerwünschte Ereignisse, die auf die Behandlung zurückzuführen sind, lautet das Fazit. Allerdings steigt das Risiko für das Auftreten einer Resistenz bei den Behandelten um 10 Prozent.
Alle anderen antiviralen Arzneistoffe hatten entweder wahrscheinlich keinen oder nur einen minimalen Effekt jeweils gegenüber Placebo oder Standardbehandlung, schreibt das Autorenteam verschiedener chinesischer Universitäten sowie der McMaster-Universität in Hamilton, Kanada, im Fachjournal »JAMA Internal Medicine«.
Ihre Ergebnisse würden den Einsatz von Baloxavir bei Hochrisikopatienten mit Influenza unterstützen; sie empfehlen jedoch ein Resistenz-Monitoring. Zudem sollten die anderen Grippemittel besser untersucht werden, auch hinsichtlich der Dauer einer Hospitalisierung, Virustyp, Alter des Patienten und der Zeitlücke zwischen Einsetzen der Symptome und dem Behandlungsbeginn.