Welche Lebensmittelverbote sind sinnvoll? |
Fisch enthält viele wertvolle Nährstoffe, aber mitunter auch Schwermetalle und Krankheitserreger. Auf rohen Fisch sollten Schwangere der Vorsicht halber verzichten. / © Getty Images/RainStar
Kaum ist man schwanger, erhalten Frauen gefragt und ungefragt zahlreiche Ratschläge von allen Seiten. Für große Verunsicherungen sorgen Ge- und Verbote rund um die Ernährung gerade zu Beginn einer Schwangerschaft, mit der man vielleicht auch noch mit niemandem gesprochen hat. Der ein oder Mythos hält sich recht hartnäckig, wie Hebamme Kathrin Herold weiß. Sie ist Hebamme und kommissarische Beauftragte für Stillen und Ernährung des Deutschen Hebammenverbandes. »Ich finde es schwierig, strikte Tabus auszusprechen. Als Hebamme möchte ich Frauen in die Eigenverantwortung bringen«, sagt Herold.
Bei Rohmilchprodukten bestehe ein Infektionsrisiko mit Listerien. Listeriose wird durch das Bakterium Listeria monocytogenes verursacht und meist über kontaminierte Lebensmittel übertragen. Die Symptome reichen von grippeähnlichen Beschwerden bis hin zu schweren Komplikationen wie einer Hirnhautentzündung, in der Medizin Meningitis genannt.
»Das heißt allerdings nicht, dass jedes Rohmilchprodukt diesen Erreger enthält«, so die Hebamme. »Die Frau muss für sich entscheiden, ob sie das Risiko eingehen möchte. Sie muss auch nachher ganz viele Entscheidungen für sich und ihr Baby treffen. Ich halte es für wichtig, keine Verbote auszusprechen. Empfehlen würde ich den Verzehr von solchen Produkten aber nicht.«
»Fisch in der Schwangerschaft zu konsumieren, kann eine Herausforderung sein«, weiß Herold. »Wir wissen, dass viele Fischarten eine sehr hohe Belastung mit Schwermetallen aufweisen. Allerdings brauchen wir die Omega-3-Fettsäuren und das Jod, das der Fisch enthält. Diese Inhaltsstoffe könnte man aber aus meiner Sicht supplementieren, etwa mit einem Öl oder Tabletten.«
Bei rohem Fisch, zum Beispiel durch den Verzehr von Sushi, bestehe unter anderem die Gefahr einer Infektion mit Salmonellen. Bei Fleisch sei es vor allem der Toxoplasmose-Erreger, der Schaden anrichten kann. Toxoplasmose wird durch den Parasiten Toxoplasma gondii ausgelöst, dessen Hauptwirt Katzen sind. Menschen können sich durch den Verzehr von rohem Fleisch, verunreinigten Lebensmitteln oder den Kontakt mit Katzenkot infizieren. Während Toxoplasmose für gesunde Erwachsene oft harmlos verläuft, kann eine Erstinfektion während der Schwangerschaft schwerwiegende Folgen für den Fetus haben.
»Wichtig zu wissen ist dabei: Dieser Erreger kann in allen Fleischsorten vorkommen, außer bei Rind«, informiert Herold. »Isst man also zum Beispiel eine Rindersalami, kann man dem Toxoplasmose-Erreger aus dem Weg gehen. Der Verzehr von rohen Produkten wie etwa getrocknete Wurst sollte jedoch immer gut abgewogen werden. Denn wir wissen nicht, ob ein Erreger enthalten sein könnte.« Erhitzt man Fleisch ausreichend, werden die Erreger in der Regel abgetötet.
Absolut tabu während der gesamten Schwangerschaft ist tatsächlich Alkohol. »In dieser Hinsicht bin ich als Hebamme in der Beratung auch sehr deutlich: Jeder Tropfen kann das Kind schädigen«, betont Herold. »Immer noch hält sich der Mythos, dass ab und zu ein Gläschen Wein kein Problem ist oder Cocktails die Geburt einleiten können. Selbst bei Kindern, bei denen die Mütter in der Schwangerschaft nur ganz wenig Alkohol getrunken haben, ist eine fetale Alkoholspektrumstörung (FASD) bereits aufgetreten.«
Bei anderen Genussmitteln wie Zucker und Koffein gelte es, Augenmaß zu bewahren. Man müsse hoch verarbeitete Produkte mit viel Zucker in der Schwangerschaft nicht per se ausschließen, sollte aber nur ganz wenig davon konsumieren. Ähnlich verhalte es sich mit Kaffee: »Das Koffein hat Auswirkungen auf das Kind, denn die kindliche Leber kann dies nur langsam verstoffwechseln. Es dauert mitunter bis zu drei Tage, bis das Koffein abgebaut ist. Ich rate daher zu koffeinfreien Alternativen in Bioqualität.«