Welche Art von Apotheke will die Politik sich leisten? |
Nullretaxationen gehören unbedingt abgeschafft, forderte sie weiter. Sie bedeuten für die Apotheke ein unüberschaubares Risiko. Sie können auch noch nach zwei Jahren nach Belieferung in der Apotheke in Form eines Briefes von der Prüfungsstelle eintrudeln. Bei Hochpreismedikamenten könne dies existenzgefährdend sein. In den allermeisten Fällen sei der Patient ordnungsgemäß versorgt worden. Der Grund der Retaxation sei meist ein kleiner Formfehler.
Die Lieferengpässe sind auch für Gnekows Team eine große Herausforderung und ein erheblicher Zeitfresser. Die Probleme, die damit einhergehen, blieben nicht in der Apotheke, sondern setzen sich fort, etwa in Pflegeeinrichtungen. Als Beispiel nannte sie den Wirkstoff Melperon, der phasenweise gar nicht oder nur als Saft verfügbar war. Da Saft sich nicht verblistern lässt, musste das Pflegepersonal die Dosierung übernehmen. Sie wünscht sich unbürokratische Austauschfreiheiten. Man habe schon festgestellt, dass dies nicht zu Mehrkosten führt und Apotheker diese Freiheiten verantwortungsvoll anwenden und nicht ausnutzen.
Auch am Mühlenkamp in Winterhude hatten die Apotheken geschlossen. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Die Alte Lokstedter Apotheke war am Protesttag zum Notdienst eingeteilt. Inhaber Balal Looden erklärte gegenüber der PZ, dass er sich andernfalls am Protest beteiligt hätte. Er hat dennoch ein kleines Zeichen gesetzt, indem er den Zugang in seine Apotheke mit einem Aufsteller versperrt hat. Bedient wurde an dem Tag ausschließlich durch die Notdienstklappe.
Sein Angestellter konnte berichten, dass die Kundenfrequenz an dem Tag spürbar höher war als sonst. Kunden steuerten gezielt diese Apotheke an, weil sie andernorts vor verschlossenen Türen mit Verweis auf die nächstgelegene Notdienstapotheke standen. Auch er berichtete von der großen nervlichen Belastung, die das Management der Lieferengpässe bedeuten.
Die Reaktionen der Kunden und Patienten waren in Hamburg durchweg positiv. Sie wurden durch die mediale Berichterstattung gut vorbereitet und hatten viel Verständnis für die Protestaktion der Apotheker.
Die Alte Lokstedter Apotheke war am Protesttag zum Notdienst eingeteilt. Seine Kunden hat Inhaber Balal Looden ausschließlich an der Notdienstklappe bedient. / Foto: PZ/Wiebke Gaaz