Weitere Evidenz für Demenzschutz durch Gürtelrose-Impfung |
| Theo Dingermann |
| 25.04.2025 10:00 Uhr |
Die Evidenz verdichtet sich, dass eine Herpes-Zoster-Impfung das Risiko für eine Demenz senken kann. / © Adobe Stock/oneinchpunch
Im Wissenschaftsmagazin »JAMA« publizierte jetzt ein Team um Dr. Michael Pomirchy von der Division of Primary Care and Population Health am Department of Medicine der Stanford University den Einfluss der Herpes-zoster-(HZ)-Impfung mit dem Lebendimpfstoff Zostavax® auf das Demenzrisiko unter Nutzung eines natürlichen Experiments in Australien.
Anfang des Monats war bereits ein Artikel erschienen, der auf Daten von Patienten in Wales basierte. Dort wurde gezeigt, dass die Impfung die Demenzinzidenz signifikant senkte. So war die Wahrscheinlichkeit einer neuen Demenzdiagnose über einen Nachbeobachtungszeitraum von sieben Jahren nach der Zoster-Impfung um 3,5 Prozentpunkte reduziert, was einer relativen Reduktion von 20 Prozent entspricht.
In der jetzt veröffentlichen australischen Studie wurde ein Ansatz gewählt, der dem der Untersuchung in Wales ähnelt, um die Auswirkungen der HZ-Impfung auf das Auftreten von Demenz in einer anderen Bevölkerung und einem anderen Gesundheitssystem zu untersuchen. Die Analysen basierten auf primärärztlichen Versorgungsdaten von 101.219 Patienten aus 65 australischen Praxen. Die Follow-up-Zeit betrug 7,4 Jahre.
Bei der Einführung des Impfstoffs in Australien gab eine Berechtigungsgrenze. Personen, die kurz vor dem 2. November 1936 geboren wurden, waren in der Alterskohorte 80+ und nicht impfberechtigt, während jene, die knapp danach geboren wurden, die also 70- bis 79 Jahre alt waren, impfberechtigt. Diese minimalen Altersunterschiede minimieren systematische Verzerrungen, da keine wesentlichen Unterschiede in Gesundheit oder Verhalten zu erwarten sind.
Die Impfbeteiligung war bei den impfberechtigten Personen signifikant höher als bei den Über-80-Jährigen (30,2 versus 6,5 Prozent). Daraus ergab sich eine signifikante Reduktion neuer Demenzdiagnosen um 1,8 Prozentpunkte. Weitere chronische Erkrankungen oder die Inanspruchnahme anderer präventiver Leistungen waren durch die Impfberechtigung nicht beeinflusst.
Die Autoren diskutieren zwei plausible Mechanismen:
Zudem ist bekannt, dass Reaktivierungen von VZV andere Herpesviren wie HSV-1 im Gehirn reaktivieren können – eine mögliche indirekte Pathogenese.
Die Studie untermauert mit einem starken quasi-experimentellen Design die Hypothese, dass HZ-Impfung demenziellen Erkrankungen entgegenwirken kann. Im Vergleich zu bisherigen Beobachtungsstudien ist der kausale Evidenzgrad hier deutlich höher.
Robustheitsanalysen bestätigten die Resultate unabhängig von methodischen Variationen und auch bei Beschränkung auf besonders aktive Patienten. Die Effektgrößen waren auch unter konservativen Annahmen konsistent.
Limitationen ergeben sich vor allem aus der eingeschränkten Repräsentativität der Stichprobe, potenzieller Untererfassung von Diagnosen und in der Tatsache, dass nur der Lebendimpfstoff Zostavax (nicht der heute bevorzugte rekombinante Impfstoff Shingrix) betrachtet wurde.
Unterschiede zwischen Tot- und Lebendimpfstoff wurden in einer dritten Arbeit beobachtet. Sie erschien Anfang April im Wissenschaftsmagazin »Nature Medicine«. In dieser Studie wurden elektronische Gesundheitsakten aus den Vereinigten Staaten genutzt , die während der raschen Einführung des rekombinanten Impfstoffs ab Oktober 2017 angelegt wurden.
Durch den Vergleich der Demenzinzidenz bei Personen, die unmittelbar nach dieser Umstellung eine Herpes-Zoster-Impfung erhalten hatten, mit der Demenzinzidenz bei Personen, die unmittelbar davor noch mit dem Lebendimpfstoff geimpft worden waren, ließ sich der Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber dem rekombinanten Impfstoff und der späteren Diagnose einer Demenz genau abschätzen.
Danach war bei Personen in der Gruppe, die überwiegend den rekombinanten Impfstoff erhielten, in den folgenden sechs Jahren das Risiko, an Demenz zu erkranken, geringer als bei denjenigen in der Gruppe, die überwiegend den Lebendimpfstoff erhalten hatte. Das äußerte sich darin, dass die erste Gruppe mit einer um 17 Prozent längeren diagnosefreien Lebenszeit oder mit 164 zusätzlichen diagnosefreien Tagen rechnen konnte.