Was kann der Bluttest auf alle Krebsformen? |
Christina Hohmann-Jeddi |
10.08.2023 18:00 Uhr |
Wie leistungsstark der Test ist, wurde in einer Studie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), die Mitte 2022 publiziert wurde, untersucht. Mehr als 5000 symptomlose Personen zwischen 50 und 70 Jahren nahmen daran teil. Von den 5064 gültigen Blutproben der Studienteilnehmer wurden 151 Verdachtsfälle nach einem auffälligen Testergebnis mit bildgebenden Verfahren weiter untersucht. Von diesen sei in 124 Fällen der Verdacht auf einen potenziell gefährlichen Tumor bestätigt worden, heißt es vom Hersteller. Damit liefere ein auffälliger Bluttest in über 82 Prozent einen korrekten Hinweis auf Krebs oder eine Krebsvorstufe mit hohem Entartungsrisiko. Von 151 Verdachtsfällen waren 27 falsch-positiv. Dem Hersteller zufolge könne der Bluttest, jährlich eingesetzt, die Chancen erhöhen, potenziell gefährliche Tumore frühzeitig zu erkennen und damit die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern.
Experten der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) sehen das anders. Laut Professor Dr. Jutta Hübner, Professorin für Integrative Onkologie an der Universität Jena, erfülle die UKE-Studie grundlegende wissenschaftliche Anforderungen nicht und könne auch nicht zeigen, dass Menschen, die im Krebs-Scan positive Ergebnisse aufwiesen, durch den Test bessere Heilungschancen hätten, als ohne. Sie halte das Konzept für »Scharlatanerie«, sagte sie gegenüber dem »NDR«. Hübner leitet die Arbeitsgemeinschaft Prävention und integrative Onkologie (PRIO) der DKG. Diese hatte im Juli eine Stellungnahme zu Pantum Detect herausgebracht. Darin heißt es: »Aus Sicht von Experten der Deutschen Krebsgesellschaft ist der EDIM-TKTL1-oder der EDIM-Apo10-Test weder zur Früherkennung oder zur Diagnose von Tumorerkrankungen, noch zur Bestimmung der Prognose, noch als Anhaltspunkt für die Entscheidung für oder gegen eine Therapie geeignet.«
In der Stellungnahme wird auch die Kritik an der UKE-Studie näher ausgeführt. So enthalte sie zum einen keine Interessenkonflikterklärung der Autoren, obwohl es Hinweise gebe, dass die gesamte Studie von der Herstellerfirma finanziert wurde. Einige Autoren hätten eine Bezahlung bereits eingeräumt. Zudem sei die an positive Ergebnisse angeschlossene Bildgebung und welcher Patient welches Verfahren erhalten habe, nicht genau beschrieben.
Der Hauptkritikpunkt sei aber, dass obwohl die Autoren von Tumorboardbesprechungen schreiben, keine einzige Histologie präsentiert werde. »Das heißt, für keinen der 5114 Teilnehmer der Studie und für keinen der 151 positiv getesteten wird der entscheidende Parameter für den Nachweis einer malignen Erkrankung nachgewiesen.« In der Summe berichte die Studie also nicht über einen Nutzen der Untersuchung im Sinne einer Früherkennung und besseren Heilung, sondern zeige allenfalls wissenschaftliche Hinweise auf das Schadenspotenzial durch eine Verunsicherung bei positiven und unklaren Laborbefunden oder bei unklaren Ergebnissen der Bildgebung und die Strahlenbelastung durch die Untersuchungen.
Das Fazit der Stellungnahme: Bei diesem Bluttest handele es sich nach aktuellem Wissensstand um kein validiertes Verfahren der In-vitro-Diagnostik, das prospektiv in einer für das beworbene Einsatzgebiet adäquaten kontrollierten Studie geprüft wurde. Die Krebsgesellschaft könne die Tests nicht empfehlen.