Was bringt die neue Regierung? |
Cornelia Dölger |
10.05.2025 14:34 Uhr |
Hans-Peter Hubmann (l.) und Sebastian Schwintek skizzierten die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage. / © PZ/Dölger
Mit Schwintek als einem »kongenialen Partner« an seiner Seite führte BAV-Chef Hubmann durch den Vortrag zur aktuellen politischen und wirtschaftlichen Lage. Anlass für Hoffnung auf Reformen, die den Apotheken helfen, gibt es bekanntlich – im Koalitionsvertrag nehmen sich Union und SPD eine Apothekenstärkung vor, wollen etwa das Fixum erhöhen.
Dass diese Pläne es komplett unverändert vom Entwurf der Arbeitsgruppe Gesundheit in den inzwischen unterschriebenen Koalitionsvertrag geschafft haben, hob Hubmann beim Bayerischen Apothekertag in Regensburg hervor. Entsprechend groß sind die Erwartungen an die neue Regierung, wenn deren Start auch holprig war; der neue Bundeskanzler Friedrich Merz hat erst im zweiten Wahlgang die nötige Stimmenmehrheit bekommen.
Der Koalitionsvertrag beinhalte neben der strukturellen Bestätigung auch die Weiterentwicklung des Heilberufs Apotheker – damit sei übrigens »noch mehr Apotheker« gemeint, stellte Hubmann im Marinaforum in der Domstadt klar. Über die Formulierung »Den Apothekerberuf entwickeln wir zu einem Heilberuf weiter« im Koalitionsvertrag hatten sich manche gewundert; schließlich sei der Apothekerberuf bereits ein Heilberuf. Textexegese könne auch übertrieben werden, kommentierte Hubmann.
Schwintek bilanzierte kurz das Jahr 2024 für die bayerischen Apotheken. Er verwies auf einen starken Umsatzzuwachs – »erstmal eine sehr gute Entwicklung«–, der durch das ganze Jahr getragen habe. In keinem Monat hätten die Zahlen unter dem Vorjahr gelegen. Die Gründe dafür sind allerdings durchwachsen. Für die Entwicklung sei unter anderem der Demografie-Faktor verantwortlich, der den Arzneimittelverbrauch antreibe. »Eher zweischneidig«, aber ebenso ursächlich: die Hochpreiser, die zwar einen kleinen Teil beim Ab-, aber einen wachsenden Teil beim Umsatz darstellten. Auch seien die Preiseffekte beim OTC-Umsatz ausschlaggebend.
Hinzu komme der dramatische Trend der Apothekenschließungen – eine »Art von Kannibalisierung«, die sich in Bayern noch stärker durchschlage als bundesweit, wie Hubmann unterstrich. Innerhalb von rund zehn Jahren hat der Freistaat demnach 592 Apotheken verloren, von 3266 im Jahr 2014 auf aktuell 2674.
Einen Einschnitt beim Rohgewinn gab es zudem ab Mitte des Jahres, als das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) umgesetzt wurde, das Skonti wie Rabatte wertet und damit den Preisvorschriften unterwirft. Dass der Rohgewinn insgesamt robust blieb, sei unter anderem dem »Einfallsreichtum« der Apotheken bei Verhandlungen mit dem Großhandel zu verdanken, bemerkte Hubmann.
Das Betriebsergebnis bei Apotheken in Bayern sei 2024 auf 160.000 Euro im Median gewachsen (2023: 145.000 Euro), führte Schwintek weiter aus. Dieses verteile sich allerdings sehr ungleich. Die Apotheken mit den schwächsten Ergebnissen erzielten durchschnittlich 25.000 Euro pro Jahr.
Für 2025 ist einiges im Schwange; die elektronische Patientenakte (EPA) läuft an, die Rolle der Apotheken bei der assistierten Telemedizin wird verhandelt, zudem entscheidet der BGH im Juli wegweisend darüber, ob die Rx-Preisbindung für Versender auf Dauer verbindlich ist oder nicht. Fest einzupreisen ist aber vorerst nur der per Lieferengpassgesetz (ALBVVG) zum Februar wieder gesenkte Kassenabschlag, nach dem Apotheken jetzt wieder 1,77 statt 2 Euro an die Kassen abdrücken müssen.
Schwarz auf Weiß steht zudem auch die Apothekenstärkung im Koalitionsvertrag, und zwar größtenteils im Indikativ – die Formulierung »wir werden« komme im Apothekenabschnitt oft vor, dies stimmt Schwintek zuversichtlich. Auch die neue Spitze des Bundesgesundheitsministeriums mit Nina Warken als Ministerin sowie Tino Sorge und Georg Kippels als parlamentarische Staatssekretäre sei ein gutes personelles Signal.
Für Bayern ist durch die angestrebten politischen Reformen einiges drin, wie Schwintek betonte. So sei ein Rohgewinnzuwachs möglich, den Schwintek für eine Durchschnittsapotheke in Bayern auf etwa 50.000 Euro bezifferte. Allerdings seien auch die zu erwartenden Kostensteigerungen einzupreisen, etwa durch die angestrebte Erhöhung des Mindestlohns.