Was Bewegung mit dem Körper macht |
| Christina Hohmann-Jeddi |
| 28.06.2024 09:00 Uhr |
Ein besonderes Exerkin ist das Lactat, das bisher als Abfallprodukt der Glykolyse mit schädlichem Effekt auf die Muskelphysiologie galt. Zunehmend wird aber klar, dass es nicht nur eine eigene Energiereserve darstellt, sondern auch wichtige Signalfunktionen hat – und zwar rezeptorvermittelte und rezeptorunabhängige. In das Blutsystem entlassen wirkt es unter anderem immunregulatorisch und antiinflammatorisch, verbessert die Wundheilung und die körperliche Leistungsfähigkeit und interagiert mit der Darmmikrobiota.
Einige Exerkine gelangen auch in das Gehirn und sorgen dort für die bekannten positiven Effekte auf die Stimmung, das Stresslevel und die Kognition. So können Lactat, Irisin und der Wachstumsfaktor BDNF die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Letzterer schützt nicht nur bestehende Nervenzellen und Synapsen, sondern fördert auch deren Neubildung und Wachstum. Irisin fördert wiederum die BDNF-Freisetzung im ZNS selbst und Lactat die Gefäßneubildung.
Angesichts der positiven Effekte, die Exerkine im ganzen Körper bewirken, sei es wichtig, ihr Rolle noch besser zu erforschen, schreibt das Team um Walzik. Wichtige Signalwege, die die Botenstoffe in den einzelnen Organen aktivieren, seien schon bekannt, aber die Verteilung ihrer Rezeptoren auf unterschiedlichen Geweben, ihre Freisetzung und ihre Wirkungen müssten noch genauer untersucht werden, um die molekularen Grundlagen von Sport als Medizin zu verstehen.
Diese Erkenntnisse können auch genutzt werden, um Wirkstoffe zu entwickeln, die den Effekt von Sport nachahmen. An solchen Sportmimetika wie beispielsweise einem IL-15-Agonist oder einem small molecule IC7Fc, das an den IL-6-Rezeptor bindet, wird schon seit Längerem gearbeitet. Diese Substanzen könnten therapeutisch bei Menschen eingesetzt werden, die wegen Alter, Behinderung oder Erkrankung keinen Sport treiben können.