Was bei der Abgabe von Antiallergika zu beachten ist |
Nasale Steroide sind Antiallergika erster Wahl. Werden sie rechtzeitig eingesetzt, bessert sich auch die Augensymptomatik. / Foto: Getty Images/Westend61
Für die Anwendung am Auge stehen Allergikern Azelastin, Levocabastin, Ketotifen und Cromoglicinsäure zur Verfügung. Als H1-Antihistaminika der zweiten Generation blockieren Azelastin und Levocabastin die Wirkung von Histamin am H1-Rezeptor. Azelastin wirkt stark antiallergisch und bei Anwendung am Auge außerdem antientzündlich. Eine Linderung der Symptome der allergischen Konjunktivitis tritt nach 3 bis 15 Minuten ein, und die Wirkung hält acht bis zwölf Stunden an. Allergiker können zwei- bis viermal täglich einen Tropfen in die Augen geben, zugelassen ist die Anwendung ab vier Jahren. Auch wichtig: Azelastin darf in der Selbstmedikation nicht länger als sechs Wochen am Stück angewendet werden.
Levocabastins Wirkung tritt in der Regel innerhalb von 10 bis 15 Minuten ein und hält für bis zu zwölf Stunden an. Es kann bereits bei Kindern ab einem Jahr eingesetzt werden. Wie bei Azelastin wird zwei- bis viermal täglich jeweils ein Tropfen in das Auge gegeben. Bei der Beratung daran denken: Levocabastin-haltige Präparate sind Suspensionen. Sie müssen deshalb vor jeder Anwendung aufgeschüttelt werden. Dazu wird das Fläschchen mindestens zehn Mal auf- und abbewegt und unmittelbar danach angewendet. Generell gilt übrigens bei allen Wirkstoffen: Wird mehr als ein Augenarzneimittel getropft, sollte zwischen den Anwendungen ein Abstand von 15 Minuten eingehalten werden.
Ketotifen ist das dritte Antihistaminikum im Bunde. Neben der H1-Blockade hat es zusätzlich noch mastzellstabilisierende und entzündungshemmende Eigenschaften. Seine Wirkung tritt bereits nach drei Minuten ein und hält für zwölf Stunden an. Die Anwender können zweimal täglich tropfen, zugelassen sind Ketotifen-haltige Augentropfen ab drei Jahren.
Die Cromoglicinsäure fällt im Vergleich zu den anderen Wirkstoffen etwas aus der Reihe. Es handelt sich um einen Mastzellstabilisator, was bedeutet, dass der Wirkstoff die Degranulation sensibilisierter Mastzellen und damit die Freisetzung von Histamin hemmt. Cromoglicin eignet sich ausschließlich zur vorbeugenden Anwendung, es hat keine Akutwirkung. Betroffene sollten die Augentropfen mindestens 48 Stunden vor der Allergenexposition anwenden, die maximale Wirkung wird nach zwei Wochen erreicht. Wichtig ist daher die regelmäßige Anwendung in der Pollensaison zwei- bis viermal täglich beziehungsweise schon vor der Saison.
Ein Vorteil der Cromoglicinsäure: Sie kann sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit eingesetzt werden. Auch der Einsatz von Ketotifen ist in der Stillzeit möglich. Bei den anderen Wirkstoffen sollten Schwangere beziehungsweise Stillende Rücksprache mit ihrem Arzt halten.
Azelastin, Cromoglicinsäure und Ketotifen sind sowohl in Mehrdosenbehältnissen mit Konservierungsmittel als auch in Einzeldosen-Ophtiolen in unkonservierter Formulierung erhältlich. Unkonservierte Formulierungen von Azelastin (wie Pollival®) und Cromoglicinsäure (wie Pollicrom®) sind außerdem im COMOD-System erhältlich. Lediglich bei der Anwendung von Levocabastin muss der Kunde immer ein Konservierungsmittel in Kauf nehmen, hier sind nur konservierte Mehrdosenbehältnisse auf dem Markt.
Warum können Konservierungsmittel in Augentropfen problematisch sein? Benzalkoniumchlorid ist das gängigste Konservierungsmittel in der Augenheilkunde. Es hat eine antibakterielle und antivirale Wirkung und kann zudem die Penetration bestimmter Wirkstoffe ins Auge verbessern. Allerdings kann Benzalkoniumchlorid die Stabilität des Tränenfilms verringern und die Symptomatik trockener Augen verschlechtern, vor allem wenn die Augentropfen regelmäßig über längere Zeit angewendet werden. Allergiker mit zusätzlich trockenen Augen sollten daher besser konservierungsmittelfreie Formulierungen bevorzugen. Das gilt auch bei anderen Augenerkrankungen, etwa bei bestehenden Hornhautschäden. Ein Tipp für Kontaktlinsenträger: Benzalkoniumchlorid kann sich an weiche Kontaktlinsen anlagern. Vor dem Verabreichen der Augentropfen sollten die Linsen daher entfernt und frühestens 15 Minuten danach wieder eingesetzt werden.
Stehen bei den Beschwerden solche rund um die Nase im Vordergrund, kommen nasale Glucocorticoide zum Einsatz. Auch nach den Behandlungsempfehlungen der internationalen ARIA-(Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma-)Leitlinie sind die topischen Glucocorticoide erste Wahl. Sie punkten vor allem deshalb, weil sie neben der symptomatischen Hilfe auch das entzündliche Geschehen eindämmen. Das trägt dem entzündlichen Charakter der Allergie Rechnung.
Überdies wird durch die nasale Gabe bei kontinuierlicher Anwendung eine hohe Konzentration in der Schleimhaut bei minimalem Risiko systemischer Nebenwirkungen erreicht. Während bei Beclometasonpropionat etwa 15 Prozent der Dosis in den Blutkreislauf gelangen, sind es bei Fluticasonpropionat und Mometasonfuroat nur etwa 2 Prozent. Fluticason und Mometason sind daher wirksamere und nebenwirkungsärmere Optionen in der Selbstmedikation. Weiterhin verschreibungspflichtig bleiben Nasensprays mit Budesonid, Flunisolid und solche mit einer fixen Azelastin/Fluticason-Kombination.
Wichtig ist der richtige Gebrauch der Nasensprays. Patienten sind dahingehend zu beraten, dass die Wirkung des Steroids verzögert eintritt. Die Maximalwirkung der rezeptfrei erhältlichen Steroide baut sich nach drei bis fünf Tagen auf. Voraussetzung dafür ist allerdings die regelmäßige Anwendung. Ein Gebrauch nach Bedarf bringt keinen Effekt. Sobald die Beschwerden abklingen, kann die Dosis reduziert werden. Um die Zeit bis zum Wirkungseintritt zu überbrücken, können parallel nasale Antihistaminika oder α-Sympathomimetika empfohlen werden.
Beim Einbringen in die Nase empfiehlt es sich, den Sprühstoß Richtung Augenwinkel und nicht Richtung Nasenscheidewand zu applizieren. Das gelingt am leichtesten, wenn man mit der rechten Hand den Sprühstoß in das linke Nasenloch und umgekehrt absetzt. Dadurch lassen sich Septumschäden und Nasenbluten deutlich verringern.
Prophylaxe-Tipp: Mittlerweile sind Allergologen dazu übergegangen, die Corticoidsprays bereits einige Wochen vor der zu erwartenden individuellen Allergiesaison einzusetzen. Die Symptome fallen dann reduzierter aus, weil die Phase der Inflammation nicht mehr erreicht wird. Und auch der Medikamentenverbrauch insgesamt lässt sich damit um etwa ein Drittel herunterfahren. Und noch ein Nebeneffekt: Eine adäquate Behandlung der Nase minimiert auch die Beschwerden an den Augen, wie die Erfahrung zeigt.
Die Behandlung der allergischen Rhinokonjunktivitis kann nach den gültigen Empfehlungen im Grundsatz zulasten der gesetzlichen Krankenkasse erfolgen, sofern die Beschwerden ausgeprägt sind. Die ARIA-Leitlinie bewertet den Schweregrad als »mäßig bis schwer«, wenn einer der folgenden Faktoren vorliegt:
Als anhaltend oder persistierend gilt eine allergische Rhinokonjunktivitis, wenn mehr als drei Tage pro Woche Symptome auftreten und die Episode mindestens vier Wochen andauert. Der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) begrüßt die Rezeptierfähigkeit. »Das hat den Vorteil, dass wir den Patienten einmal im Quartal sehen, die Therapie so im Auge behalten und eventuell nachjustieren können. So können wir auf andere Therapieoptionen wie eine Hyposensibilisierung hinwirken«, sagte der AeDA-Vorsitzende Professor Dr. Ludger Klimek gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung.
Arzneistoffgruppe | Wirkstoff | Besonderheiten |
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Antihistaminika topisch (Nasenspray und Augentropfen) | Azelastin (wie Azedil®, Allergodil®, Pollival®, Azela-Vision®, Vividrin®-Azelastin, Allergovision® MD sine) | Azelastin als AT ab 4 Jahre (saisonal), ab 12 Jahre (perennial) |
Levocabastin (wie Livocab® direkt, Levocamed®) | Levocabastin ab einem 1 Jahr, vor Anwendung schütteln, da Suspension | |
Ketotifen (wie Zaditen® ophtha, Allergo-Vision®, Ketotifen Stulln®) | Ketotifen ab 3 Jahre | |
Nasale Steroide | Belcometasonpropionat (wie Ratioallerg® Heuschnupfenspray, Rhinivict® nasal), Fluticasonpropionat (wie Otri Allergie® Nasenspray Fluticason), Mometasonfuroat (wie Momeallerg® Galenpharma, Mometahexal®) | Erwachsene ab 18 Jahre, verzögert einsetzende Wirkung, Sprühstoß Richtung Augenwinkel und nicht Richtung Nasenscheidewand, um Nasenbluten zu vermeiden |
Mastzellstabilisatoren topisch | Cromoglicinsäure-Salze (wie Pollicrom® Nasenspray und Augentropfen, Allergo-Comod® Augentropfen, Crom-Opthal® Augentropfen, Vividrin® antiallergische Augentropfen) |
vorbeugende Wirkung, zwei Wochen vor der Saison beginnen, wenige Nebenwirkungen, daher auch für Kleinkinder, Schwangere und Stillende geeignet |