Was Apotheken Fake News entgegensetzen können |
Jennifer Evans |
30.09.2022 10:30 Uhr |
Apotheken handeln an vorderster Front, wenn es darum geht, Gesundheitsgerüchte in einer Krise zu stoppen. Vor allem ein richtiges Management der eigenen Social-Media-Kanäle hilft dabei, das Vertrauen der Patienten zu erhalten. / Foto: Adobe Stock/Andreas Prott
Parallel mit dem Coronavirus verbreitete sich über den gesamten Globus auch eine sogenannte Infodemic-Welle. Zu viele, falsche und irreführende Informationen also, die sowohl im digitalen als auch im physischen Umfeld der Menschen zu Verwirrung und risikofreudigem Verhalten hinsichtlich ihrer Gesundheit geführt haben. Eine weitere Folge davon: Es entstand Misstrauen gegenüber Heilberuflern und Gesundheitsbehörden.
Diese Entwicklung war auch eine Lehrstunde für die Apotheken. Davon ist Professor Betty Chaar von der Universität Sydney überzeugt. Sie ist selbst Apothekerin, Gesundheitsrechtlerin und hält eine außerordentliche Professur für Professionalität in der Pharmazie. Grundsätzlich riet sie in ihrem Vortrag beim diesjährigen FIP-Kongress in Sevilla allen Apotheken dazu, nur »ausgewählte Informationen verlässlicher Stimmen« an Patienten weiterzugeben. Dabei seien Konsequenz und Transparenz auschlaggebend, um vertrauenswürdig zu bleiben.
Betreibt eine Apotheke Social-Media-Kanäle, sei es umso wichtiger in Krisenzeiten, dort nötige Korrekturen erster Krisenbewertungen schnell, klar und öffentlich mitzuteilen. Existiere aber noch kein Beleg für eine Information, müsse dies im Netz auch genauso kommuniziert werden. Keine Option ist es Chaar zufolge, besorgte Fragen zu ignorieren, die eine Apotheke via Social Media erreichen. Besser hingegen sei im Zweifelsfall, offen zuzugeben: »Wir wissen es derzeit noch nicht sicher.«
Generell empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO laut Chaar vier Punkte für ein gutes Infodemic-Management. Erstens bei Sorgen und Fragen der Gemeinde genau hinzuhören. Zweitens das Verständnis für Risiken und Gesundheitsgefährdung zu fördern. Drittens die Widerstandsfähigkeit gegenüber Fehlinformationen zu stärken und viertens Gemeinschaften dazu zu motivieren und befähigen, positiv aktiv zu werden.
Den Apothekern legt die Gesundheitsrechtlerin nahe, darüber nachdenken, wie sie Informationen mit Blick auf eine patientenorientierte Versorgung präzise und auf professionelle Weise weitergeben können. »Kommunikation ist eine Zwei-Wege-Interaktion und beinhaltet Sorgfalt, gewisse Fertigkeiten und ein gutes Urteilsvermögen«, betonte sie. Insbesondere während einer Pandemie seien diese Fähigkeiten zusammen mit einem Bewusstsein für ethische Fragen essenziell.
Konkret bedeutet das nun: Auf ihren Social-Media-Kanälen sollten Apotheken nur Informationen posten, die sowohl Berufspflichten einhalten sowie die Anforderungen an Vertraulichkeit und Datenschutz erfüllen. Zu vermeiden sind außerdem Fotos von Patienten, Behandlungen oder Fallstudien, um eine Identifikation damit zu vermeiden. »Das kann verunsichern«, sagte sie. Ziel müsse es sein, Auskünfte unvoreingenommen und in einem faktenbasierten Kontext zu präsentieren sowie niemals unbegründete Behauptungen aufzustellen.
Social Media kann zwar ein starkes Instrument für Kommunikation in der Gesundheitsversorgung sein. Doch bevor eine Apotheke dieses nutzt, sollte sie sich laut Chaar gründlich auf den Einsatz vorbereiten und die Kunden in Datenschutzbelangen aufklären und auch den Regeln zustimmen lassen. Dazu gehört aber auch, im Vorfeld zu recherchieren, ob die präsentierten Informationen auch gesichert sind. Zudem sollte gewährleistet sein, dass nur sichere und geschlossene Systeme mit Datenverschlüsselung in Gebrauch sind. Zu vermeiden sind außerdem für Drittanbieter offene Systeme wie Facebook oder Twitter.
Klar abgesteckt und kommuniziert sollten im Vorfeld auch die Erwartungen sein, wie lange die Reaktionszeit einer Apotheke auf Nachrichten beträgt, wie sie in Notfällen verfahren wird und welche Probleme grundsätzlich nicht übers Netz, sondern nur mit den Heilberuflern vis-à-vis geklärt werden.
Chaars Fazit: »Während gemeinsame Anstrengungen und globale Partnerschaften zwar erforderlich sind, um Pandemien und Infodemien zu bekämpfen, müssen sich die Apotheker der Tatsache bewusst sein und auch danach handeln, dass sie in diesem Kampf an vorderster Front – zusammen mit anderem Gesundheitspersonal – eine einzigartige Position einnehmen.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.