Warum wir bei Schlafmangel kurze Aussetzer haben |
| Annette Rößler |
| 31.10.2025 16:25 Uhr |
Bei Schlafmangel fällt es sehr schwer, sich zu konzentrieren. Forschende haben dafür Reinigungsvorgänge im Gehirn als wahrscheinliche Ursache ausgemacht. / © Getty Images/Westend61
Dass Schlafmangel zu kognitiven Einbußen am Folgetag führt, weiß jeder, der schon einmal eine Nacht durchgemacht oder deutlich zu wenig geschlafen hat. Weitaus schwieriger ist es, die genauen physiologischen Gründe dafür nachzuvollziehen, denn das Gehirn ist schließlich kein Muskel, der durch Schlafentzug ermüdet und sich deshalb erholen müsste. Mit einer ziemlich aufwendigen Versuchsanordnung haben nun Forschende vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA den Sachverhalt untersucht. Das Team um Dr. Zinong Yang veröffentlichte seine Ergebnisse im Fachjournal »Nature Neuroscience«.
Für die Studie wurden 26 Freiwillige zweimal untersucht – einmal ausgeschlafen und einmal nach einer schlaflosen Nacht im Labor. Sie wurden dazu mit einer EEG-Haube auf dem Kopf ins MRT geschoben, wodurch gleichzeitig ein Elektroenzephalogramm (EEG) und eine funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) des Gehirns aufgezeichnet werden konnten. Darüber hinaus wurden über weitere Apparate die Herz- und Atemfrequenz sowie die Pupillenweite der Probanden erfasst.
So ausgestattet, absolvierten die Teilnehmenden einen Aufmerksamkeitstest: Auf einem Bildschirm wurde ihnen ein Kreuz angezeigt, das in unregelmäßigen Intervallen zu einem Quadrat wurde, woraufhin die Probanden einen Knopf drücken sollten. Bei einem weiteren Test sollten sie auf ein akustisches Signal reagieren und ebenfalls den Knopf drücken. Erwartungsgemäß schnitten die Personen dabei deutlich schlechter ab, wenn sie unausgeschlafen waren: Sie reagierten langsamer und teilweise auch gar nicht auf die Signale.
Die Forschenden beobachteten, dass es in den Situationen der herabgesetzten Aufmerksamkeit zu einem verstärkten Ausfluss von Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) aus dem Gehirn kam. Direkt nach den Aussetzern strömte die CSF dann wieder zurück ins Gehirn. Die CSF beziehungsweise das von ihr gebildete glymphatische System wird als Reinigungssystem des Gehirns angesehen, über das Stoffwechselprodukte und andere Giftstoffe zur Entsorgung in die Peripherie abtransportiert werden. Solche aktiven Spülvorgänge durchläuft das Gehirn normalerweise im Schlaf; bei Schlafmangel müssen sie im wachen Zustand nachgeholt werden, obwohl die Kognition darunter leidet, so die Vermutung der Forschenden.
Eine weitere Beobachtung war, dass mehrere physiologische Veränderungen koordiniert dazu abliefen. So verengten sich die Pupillen der Probanden circa 12 Sekunden vor einem CSF-Spülvorgang und weiteten sich danach wieder. Gleichzeitig sanken auch die Herz- und Atemfrequenz. Dies lasse darauf schließen, dass alle diese Ereignisse von einer übergeordneten Stelle gesteuert werden, erklärt Seniorautorin Professor Dr. Laura D. Lewis in einer Mitteilung des MIT. Möglicherweise tut dies der Sympathikus über den Neurotransmitter Noradrenalin.