Warum so viele Stürze tödlich enden |
Oft sind es Alltagsaktionen, in denen sich Stürze bei älteren Menschen ereignen. Eine nachlassende Muskelkraft und Stabilität, aber auch die Einnahme von bestimmten Medikamenten können die Balance gefährden. / © Adobe Stock/Halfpoint
Die Zahlen stammen aus der Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes. Aus ihr lässt sich noch mehr ablesen. So entfielen 84 Prozent der tödlichen Stürze auf Menschen über 75 Jahren. Schließt man Menschen ab 60 Jahren mit ein, waren es sogar 96 Prozent. Das Gros der Betroffenen ist demnach im fortgeschrittenen Alter.
Von den schwerverletzten 60-Jährigen, die zwischen 2015 und 2019 im Krankenhaus versorgt werden mussten, stürzte rund ein Fünftel aus größerer Höhe über drei Meter und etwa gleich viele aus niedriger Höhe unter drei Metern. Dies geht aus dem Verletzten-Monitor der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie hervor. Bei den 80-Jährigen waren Stürze aus niedriger Höhe bei mehr als der Hälfte der schweren Verletzungen ursächlich.
»Stürze aus größerer Höhe geschehen häufig im häuslichen Umfeld«, weiß Privatdozent Dr. Christopher Spering, Leiter der Sektion Prävention der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie der Universitätsmedizin Göttingen. »Wir haben sehr häufig Senioren, die trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch auf Leitern klettern, um Kirschen zu ernten oder die Dachrinne zu reinigen.« Weitere Bereiche seien Stürze im Arbeitsumfeld, die eher Jüngere betreffen, und Stürze mit suizidalen Absichten.
Stürze aus niedriger Höhe haben ihren Schwerpunkt ebenfalls im häuslichen Umfeld. Die Ursachen reichen von Schwellen, Stufen, zerrissenen Teppichen oder Vorlegern über rutschige oder nasse Böden, im Weg liegende Kabel, Stühle mit Rollen bis hin zum Fehlen von Haltegriffen oder Handläufen oder dem Sturz von einem Tritt. Bei diesen Stürzen ist die Energie, die auf den Körper einwirkt, nicht so hoch. Kommt es zu schwereren Verletzungen, betreffen sie häufiger den Kopf in Form eines Schädel-Hirn-Traumas sowie die Wirbelsäule oder Hüfte.
»Die hohe Letalität gerade bei älteren Menschen hängt aber nicht immer unmittelbar mit dem Sturz zusammen. Oft spielen auch Sekundärkomplikationen, wie Pneumonien oder Nierenversagen aufgrund einer Urosepsis, eine Rolle«, so Spering. Diese Todesfälle gehen mit in die amtliche Unfallstatistik ein. Denn: »Tritt eine Letalität innerhalb von 30 Tagen nach einem Sturz auf, wird sie immer noch dem Sturz zugeordnet«, erklärt der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Wie sich ein Sturz auswirkt, kommt gerade bei niedriger Fallhöhe sehr auf die Vorerkrankungen einer Person und die eingenommenen Arzneimittel an. Bei einer Kopfverletzung etwa steigt durch gerinnungshemmende Medikamente die Gefahr einer intrakraniellen Blutung, was unmittelbar oder zeitnah letal sein kann. »Längere Liegezeiten erhöhen wiederum das Risiko für Komplikationen wie Pneumonie deutlich. Sie ist immer noch die häufigste Ursache für intrastationäre Letalitäten«, verdeutlicht Spering. Er und sein Team versuchen daher, Patienten konservativ zu versorgen. »Und wenn wir doch operieren müssen, hat es höchste Priorität, dass wir die Patienten wieder frühzeitig mobilisieren.«