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Medizingeschichte

Warum kranke Frauen oft das Nachsehen hatten – und haben

Frauen werden bis heute in der Medizin benachteiligt, kritisiert die britische Kulturhistorikerin Elinor Cleghorn in ihrem neuen Buch «Die kranke Frau». Ihre Krankheiten würden häufig zu spät oder gar nicht erkannt, ihre Leidensgeschichten und Selbstauskünfte nicht ernst genommen. Auch die Forschung lasse Frauen oft links liegen.
dpa
13.09.2022  07:00 Uhr
Warum kranke Frauen oft das Nachsehen hatten – und haben

«Mythen über den weiblichen Körper und seine Krankheiten halten sich weiterhin mit großer Hartnäckigkeit», so Cleghorn. In ihrem Buch «Die kranke Frau. Wie Sexismus, Mythen und Fehldiagnosen die Medizin bis heute beeinflussen» prangert sie eine systematische Benachteiligung von Frauen in der Medizingeschichte bis in die Gegenwart hinein an.

Als aktuelles Beispiel einer häufig fehldiagnostizierten Frauenkrankheit nennt sie die Endometriose, eine krankhafte, schmerzhafte Wucherung von Zellen der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutterhöhle. Obwohl daran weltweit schätzungsweise jede zehnte Frau erkranke, werde sie immer noch sehr spät erkannt. Cleghorn selbst litt jahrelang unter einer schmerzhaften, nicht erkannten Autoimmunerkrankung, die bei ihr zu einer Odyssee durch Arztpraxen führte. Diese persönliche Krankengeschichte wurde der Auslöser für ihre Studien.

In dem sorgfältig recherchierten und eingängig geschriebenen Sachbuch blickt Cleghorn auf 2500 Jahre Medizingeschichte zurück, angefangen von den alten Griechen über die Verwissenschaftlichung der Medizin im 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Es ist eine Abrechnung mit einer lange männlich dominierten Ärzteschaft, die sich allzu oft von Mythen, Vorurteilen und Sexismus habe treiben lassen, zum Nachteil der Patientinnen.

Da Frauen bis ins 20. Jahrhundert hinein der Zugang zu einer qualifizierten medizinischen Ausbildung verwehrt worden sei, hätten Männer die Deutungshoheit über die Leiden der Frauen behalten. Die Lektüre ist oft schmerzhaft, manchmal gruselig. Über Jahrtausende war den Ärzten der weibliche Körper demnach ein Rätsel, die Funktionsweise und das Zusammenspiel der Fortpflanzungsorgane verstanden sie nicht.

Hippokrates und die »unterbeschäftigte« Gebärmutter

Aus Mangel an Erkenntnissen sei gemutmaßt worden, dass allein die Gebärmutter die Biologie der Frau diktiert. Wenn eine Frau erkrankte, so sei nach Hippokrates der Grund eine unterbeschäftigte Gebärmutter gewesen, die im Körper auf Wanderschaft ging und in anderen Organen Krankheiten auslöste.

Der abstruse Mythos der nach Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft hungernden wandernden Gebärmutter hielt sich Cleghorns Ausführungen zufolge bis in die Neuzeit. Noch im 17. Jahrhundert habe der britische Arzt John Sadler behauptet, dass Frauen, die ihre Gebärmutter nicht ausreichend genutzt hätten, in Gefahr seien, den Verstand zu verlieren. Er sei im Übrigen selbstverständlich davon ausgegangen, dass Frauen ihre zum Teil schrecklichen Leiden aus weiblicher Scham still zu erdulden hätten. Zudem hätten viele Ärzte den Frauen einen gefährlichen, unersättlichen Sexualtrieb unterstellt, dessen erstes Opfer natürlich der Mann gewesen sei.

Psychische Leiden wie etwa Depressionen wurden unter weiblicher Hysterie abgehandelt, wie Cleghorn schreibt. Schlimmstenfalls ließen sich Ärzte wie der britische Gynäkologe Isaac Baker Brown demnach zu monströsen Operationen wie der Klitoris-Entfernung hinreißen, die er als Heilmittel für Epilepsie und Hysterie anpries.

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