Warum es beim einen wirkt, beim anderen nicht |
Sven Siebenand |
05.10.2018 13:22 Uhr |
»Vitamin E ist ein Antioxidans, es neutralisiert zellschädigende freie Radikale«, erläutert Privatdozent Dr. Andreas Koeberle, Biochemiker am Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie, in einer Pressemitteilung der Hochschule. Doch obwohl dies in Zell- und Tiermodellen unter Laborbedingungen hinreichend belegt sei, überzeuge Vitamin E in klinischen Studien bisher nicht. Hier gebe es sehr heterogene Ergebnisse.
Eine mögliche Ursache dafür könnte sein, dass die Wirkung von oral eingenommenem Vitamin E letztlich auf dem Metaboliten α-Carboxychromanol beruht, der in der Leber gebildet wird. »In welchem Maße das passiert, ist von Patient zu Patient aber sehr verschieden«, informiert Professor Dr. Oliver Werz von der Uni Jena, der die Arbeit gemeinsam mit Koeberle geleitet hat. Das Forscherteam konnte zeigen, dass der Spiegel des Metaboliten im Blut von Versuchspersonen eine sehr große individuelle Spannweite aufweist. »Wenn der Effekt von Vitamin E davon abhängt, in welchem Maße der bioaktive Metabolit gebildet wird, dann erklärt das, wieso die gleiche Menge Vitamin E bei einer Person eine bestimmte Wirkung zeigt und bei einer anderen Person womöglich eine wesentlich geringere«, verdeutlicht Werz. Dies belege, so der Apotheker, den großen Nutzen, den eine personalisierte Medizin zu bieten hat. Wenn man zuvor den Stoffwechsel eines Patienten charakterisiere, lasse sich ein Therapieerfolg bei der Einnahme von Vitamin E wesentlich präziser erzielen.
α-Carboxychromanol besitzt antiinflammatorisches Potenzial. Denn der Vitamin-E-Metabolit blockiert ein Schlüsselenzym von Entzündungsprozessen, die 5-Lipoxygenase (5-LO). Dies sei eine vielversprechende Erkenntnis, so Koeberle, denn die 5-LO spiele eine zentrale Rolle bei Entzündungserkrankungen wie Asthma oder Arthritis.
In den USA gibt es mit Zileuton einen 5-LO-Hemmer auf dem Markt. In Europa ist kein 5-LO-Hemmer zugelassen. Die Jenaer Forscher wollen ihre Erkenntnisse nun nutzen, um einen neuen Wirkstoffkandidaten für die Behandlung entzündlicher Erkrankungen zu entwickeln. Ein erster von α-Carboxychromanol abgeleiteter Kandidat sei bereits patentiert, so Koeberle.
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