Wann Durst als Signalgeber ausreicht |
Katja Egermeier |
22.03.2022 15:30 Uhr |
Bei gesunden, jungen Menschen reicht es für eine ausreichende Trinkmenge in der Regel aus, sich auf das Durstgefühl zu verlassen. / Foto: Adobe Stock/Farknot Architect
»Bei gesunden Menschen spricht nichts dagegen, sich im Großen und Ganzen auf das Durstgefühl zu verlassen«, so der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), der zugleich ärztlicher Direktor am LMU Klinikum München ist. Bei ihnen ergäben sich die im Durchschnitt empfohlenen Trinkmengen von eineinhalb bis zwei Litern täglich meist von selbst – feuchte Nahrungsmittel wie Suppen, Obst und Gemüse mitgerechnet. Allerdings unterscheide sich der tägliche Flüssigkeitsbedarf je nach Körpergewicht, Alter, physischer Belastung und Gesundheitszustand. So rät die DGIM vor allem Menschen, die an Erkrankungen wie Diabetes, Gicht oder Herzschwäche leiden, auf eine angemessene Trinkmenge zu achten.
Auch im Alter sei meist ein besonderes Augenmerk auf die tägliche Trinkmenge notwendig. »Bei älteren Menschen lässt das Durstempfinden deutlich nach«, so Lerch. Diese blieben häufig unter einer Trinkmenge von eineinhalb Litern pro Tag und sollten sich ab und zu bewusst ein Glas Wasser einschenken. Auch Menschen, die Medikamente zur Entwässerung einnehmen, sollten aufgrund der gesteigerten Harnbildung auf eine ausreichende Trinkmenge achten.
Der menschliche Körper besteht zu rund 70 Prozent aus Wasser, das Blut sogar zu mehr als 90 Prozent. Diese Werte heiße es bei unterschiedlichen Temperaturen und körperlichen Belastungen konstant zu halten. Der Körper reguliere das beispielsweise über die produzierte Harnmenge und das Durstgefühl, so die DGIM.
Sei der Urin dunkel gefärbt und werde konzentriert und in geringerer Menge ausgeschieden, weise das auf einen Flüssigkeitsmangel hin, erklärt Professor Dr. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM. Auch der Stuhl könne Hinweise geben, beispielsweise wenn er fester sei und Verstopfungsbeschwerden auslöse. »Gerade an heißen Tagen kann sich der Flüssigkeitsmangel verschärfen und kritisch werden, was sich durch Herzrasen, Verwirrtheit und Kreislaufschwäche bis hin zur Ohnmacht äußert«, so der Internist und Kardiologe. Im schlimmsten Falle komme es bei einer Dehydrierung zu akutem Nierenversagen.
Der ideale Durstlöscher ist der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zufolge Wasser. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Leitungs- oder Mineralwasser handelt. Auch Kräuter- und Früchtetees, sofern ungezuckert, sowie stark verdünnte Saftschorlen (1 Teil Saft auf 3 Teile Wasser) dürfe man zu den empfohlenen eineinhalb Litern Trinkmenge pro Tag dazurechnen. In Maßen gelte das auch für Kaffee, schwarzen und grünen Tee ohne Zucker. Von diesen koffeinhaltigen Getränken sollten jedoch nicht mehr als drei bis vier kleine Tassen getrunken werden. Nicht zur täglichen Flüssigkeitszufuhr hinzugezählt werden dagegen Milch, Milchprodukte oder pure Säfte. Der Grund: Sie zählen aufgrund des hohen Energiegehalts zu den Lebensmitteln.
Den Umkehrschluss, dass man umso gesünder lebt, je mehr man trinkt, kann man Ertl zufolge jedoch auch nicht ziehen. Zu große Trinkmengen könnten ebenfalls schädlich sein, etwa bei Patienten mit fortgeschrittener Herzschwäche. Hier belaste zu viel Flüssigkeit das Herz. Auch bei chronischer Niereninsuffizienz könne es erforderlich sein, die Trinkmenge zu verringern.
Selbst gesunde Menschen könnten zu viel trinken – Stichwort Mineralhaushalt. Denn wer zu viel trinke, riskiere unter Umständen einen Mangel an Elektrolyten, vor allem, wenn wie bei einer Fastenkur oder einer Essstörung gleichzeitig wenig gegessen werde. Doch auch Sportler oder körperlich arbeitende Menschen können mit dem Schweiß Elektrolyte verlieren. »Sie können ihren Mineralhaushalt durch große Trinkmengen in Schieflage bringen«, warnt Ertl. Dann solle der Durst besser mit einer Saftschorle oder alkoholfreiem Bier gestillt werden.