Vorteile, Nachteile und offene Fragen |
| Daniela Hüttemann |
| 11.11.2025 16:20 Uhr |
Im Moment sehe es so aus, als ob die Therapie für einen bleibenden Effekt lebenslang fortgeführt werden muss. Bislang ist von einem gewissen Rebound-Effekt auszugehen – nach Absetzen geht das Gewicht wieder nach oben, jedoch nicht so hoch wie das Ausgangsgewicht. Stark diskutiert werde derzeit in diesem Zusammenhang, dass die Behandelten nicht nur Fettmasse, sondern auch Muskelmasse verlieren. »Das ist beim »normalen« Abnehmen übrigens auch so«, ergänzte Trenk. Krafttraining sollte daher Teil der Behandlung sein. Sonst steigt nach Absetzen nur das Gewicht wieder, während die Muskelmasse auf niedrigem Niveau bleibt – das Verhältnis wird noch ungünstiger als zuvor.
Tatsächlich warf das »Deutsche Ärzteblatt« vor einem Monat die Frage auf, ob GLP-1-Rezeptoragonisten einen Begleitschutz durch Anabolika brauchen, berichtete Trenk. Mit Enobosarm werde beispielsweise derzeit ein neuer, oraler selektiver Androgen-Rezeptor-Modulator (SARM), der eigentlich für die Brustkrebstherapie entwickelt wird, in einer Studie als Add-on zu GLP-1-Agonisten getestet. Und auch der Antikörper Bimagrumab wurde bereits in einer Phase-IIb-Studie mit Semaglutid getestet. Dabei handelt es sich um einen Aktivin-Typ-2-Rezeptorblocker, ein Antimyostatin, so der Pharmakologe. Das dürfte die Therapie natürlich noch teurer machen.
Können wir uns diese Therapiefortschritte überhaupt leisten? So schwang sich Tirzepatid (Mounjaro®), der derzeit am stärksten wirksame Vertreter der sogenannten Abnehmspritzen, zum umsatzstärksten Medikament der Welt auf (32,5 Milliarden US-Dollar allein in diesem Jahr) und überholte damit den Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab (Keytruda®).
Dass unsere Gesellschaft wirksame Wege zum Abnehmen braucht, ist unbestritten. In Deutschland waren nach letzten Zahlen 42,5 Prozent der Frauen übergewichtig und sogar 62,4 Prozent der Männer. Als adipös gelten etwa 13 beziehungsweise 18 Prozent. Weltweit haben aktuell rund drei Milliarden Menschen Übergewicht oder Adipositas. 2035 könnten es vier Milliarden sein, schätzt die Weltgesundheitsorganisation. Das geht mit erhöhter Sterblichkeit und zahllosen Begleiterkrankungen einher.
In Deutschland übernehmen die Krankenkassen die Kosten für Abnehmpräparate nicht, wenn »nur« Adipositas vorliegt (nur bei Diabetes). Je nach Präparat und Dosierung landet man schnell bei Jahrestherapiekosten um die 6000 Euro. Hier stellen sich auch Fragen der Chancengleichheit und der Bezahlbarkeit für das System – auch wenn die Medikamente langfristig Folgekosten durch Herz-Kreislauf- und andere assoziierte Erkrankungen einsparen könnten.
Am besten wäre es natürlich, zu verhindern, dass Menschen überhaupt übergewichtig werden. Davon sind wir jedoch weit entfernt. Studien zeigen zudem, dass Übergewicht durch Ernährung und Bewegung allein nur moderat beeinflussbar ist, gab der Referent zu bedenken – wobei diese weiterhin an erster Stelle stehen und auch während der medikamentösen Therapie und erst recht danach wichtig sind.