Vorsorge-Darmspiegelung findet und verhindert Darmkrebs |
Bei einer Koloskopie untersuchen Gastroenterologen den leeren Dickdarm auf Tumoren oder Vorstufen. / © Imago Images/PantherMedia/Arne Trautmann
Jedes Jahr wird im März verstärkt zur Darmkrebsfrüherkennung aufgerufen. Eine Maßnahme hierbei ist die Koloskopie (Darmspiegelung), bei der der Dickdarm mithilfe eines Endoskops auf Darmkrebs untersucht wird und Vorstufen (Polypen) entfernt werden können. Wie wirksam diese Vorsorge-Koloskopie ist, wurde bislang nur in einer einzigen randomisierten prospektiven Studie untersucht.
Für die Studie der Nordic-European Initiative on Colorectal Cancer (NordICC) wurde ein Teil der Probanden zu einer einmaligen Koloskopie eingeladen, während eine Kontrollgruppe nicht eingeladen wurde. In einem Beobachtungszeitraum von durchschnittlich zehn Jahren wurde die Zahl der Darmkrebsneuerkrankungen und -Todesfälle in beiden Gruppen ermittelt.
Die Einladung zur Koloskopie konnte das Darmkrebsrisiko lediglich um 18 Prozent senken, wie ein NordICC-Forschungsteam 2022 im »New England Journal of Medicine« berichtete. Um 31 Prozent ging das Risiko nach dieser Analyse bei denjenigen zurück, die die Untersuchung tatsächlich wahrgenommen hatten. Diese Zahlen lösten eine Debatte über die Effektivität der Untersuchung aus.
Vor Kurzem veröffentlichten Forschende um Professor Dr. Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg eine neue Analyse der NordICC-Daten, die zeigt, dass die ursprüngliche Auswertung die präventiven Effekte unterschätzte (»Cancer Communications« 2024). Die Autoren unterscheiden erstmals zwischen Tumoren, die bereits zu Studienbeginn vorhanden waren und durch die Vorsorge-Koloskopie frühzeitig erkannt wurden, und Fällen, die durch die Entfernung von Polypen verhindert wurden.
Die Ergebnisse zeigen, dass bei den Personen, die tatsächlich an der Koloskopie teilgenommen hatten, 40 Prozent der innerhalb von zehn Jahren auftretenden Darmkrebsfälle frühzeitig erkannt und 34 Prozent durch Prävention verhindert wurden. Insgesamt konnten also drei Viertel der ohne Screening zu erwartenden Fälle (die anhand der Darmkrebshäufigkeit in der Kontrollgruppe ermittelt wurden) entweder früh entdeckt oder vermieden werden.
»Es ist wichtig zu verstehen, dass die Früherkennung von Tumoren durch Screening ein erwünschter Effekt ist und nicht als Versagen der Prävention gewertet werden sollte«, betont Koautor Professor Dr. Michael Hoffmeister in einer Mitteilung des DKFZ. Laut den Wissenschaftlern könnte der tatsächliche präventive Effekt sogar noch größer sein, da andere Faktoren, wie spätes Registrieren der Krebsfälle oder diagnostische Koloskopien außerhalb des Screenings, zu einer Unterschätzung führten.
Die Ergebnisse der neuen Berechnung stimmen dem Team um Brenner zufolge mit Beobachtungsstudien überein, die eine starke Risikoreduktion durch Koloskopien belegen. In den USA etwa sank die Darmkrebsrate unter älteren Menschen nach der Einführung der Vorsorge-Darmspiegelung um rund 50 Prozent.
»Wir hoffen sehr, dass unsere Analyse dazu beiträgt, die durch die ursprüngliche Publikation der NordICC-Studie entstandenen Unsicherheiten zu klären und die Bemühungen zur Darmkrebsvorsorge zu stärken«, sagt Brenner in der Mitteilung. Die Methode könnte auch als Vorbild für zukünftige Analysen von Screening-Studien dienen, die sowohl Prävention als auch Früherkennung kombinieren.