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Hyperpigmentierungen

Vom Fleck weg

Bräunliche Hautverfärbungen lassen uns älter wirken als wir sind – wer will das schon? Dermatologie-Professorin Dr. Christiane Bayerl aus Wiesbaden erklärt, warum Hautpflege nicht nur einen Lichtschutz-, sondern auch einen »Umweltschadstoff-Schutzfaktor« bieten sollte, um gegen die Zeichen der Zeit vorzugehen.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 17.05.2023  18:00 Uhr

Winzige Sommersprossen mögen ja ganz niedlich wirken. Doch größere Pigmentansammlungen im Gesicht, auf den Handrücken oder dem Dekolleté assoziieren wir mit dem Älterwerden – was ihnen die uncharmante Bezeichnung der Altersflecken eingebracht hat. »Das Pigmentbild der Haut ist ein bedeutendes Merkmal der Alterseinschätzung, und zwar unabhängig von der Faltenbildung. Unabhängige Beobachter schätzten in Studien ein gleichmäßig pigmentiertes Gesicht etwa zehn Jahre jünger ein als ein unregelmäßig, fleckig pigmentiertes«, sagt Bayerl im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung.

Im Unterschied zu Sommersprossen, die eher fein und gleichmäßig verteilt, genetisch veranlagt und vom Hauttyp bedingt sind, zeichnen Pigmentflecken die Haut in ungleichmäßig gebündelten Flecken von bräunlicher Farbe, die das Hautbild unterbrechen. Grund ist eine veränderte und ungleichmäßige Verteilung des Farbstoffs Melanin in der Haut. »Verursacher der extrinsischen Hautalterung ist nicht nur die UV-Strahlung und Rauchen, sondern auch die Umweltverschmutzung. Wir wissen mittlerweile, dass Dieselrußpartikel der Auto- und Fabrikabgase für diese Hyperpigmentierungen verantwortlich sind, weniger für die Faltenbildung«, so die Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden.

Verschiedene Studien zeigten, dass Personen, die in Städten mit großem Verkehrsaufkommen leben, im Vergleich zu Menschen in ländlichen Regionen signifikant mehr Pigmentierungen (Lentigines) auf Stirn und mehr noch an Wangen haben, jedoch nicht an Handrücken und Unterarmen. »Warum die Wangenpartie am stärksten betroffen war, darüber lässt sich nur spekulieren. Eine Vermutung ist, dass reaktive Stickstoffdioxid-Abbauprodukte wie Hydroxylradikale an der gefäßreicheren Wangenhaut besser penetrieren können«, erläutert die Expertin.

Die Umweltgifte greifen den Schutzmantel der Haut direkt an. Vor allem Feinstaub, dessen Partikel einen Durchmesser unter 10 Nanogramm haben und der für uns unsichtbar ist, setzt sich leicht in die Hautporen; Abbauprodukte von Stickstoffdioxid und polyzyklische aromatische Hydrocarbone scheinen ob ihrer Reaktivität besonders schädlich zu sein. Die Partikel reagieren mit der obersten Hautschicht, die reich an Lipiden ist, und es werden freie Hydroxyl-Radikale gebildet. Das bedeutet massiven oxidativen Stress für die Zellstrukturen - erst recht, wenn Feinstaub auf eine ohnehin UV-geschädigte Haut trifft. »Die proinflammatorischen Reize durch die Radikalverbindungen summieren sich mit einem vorhandenen UV-Schaden und einer eventuellen genetischen Disposition zu Lentigines«, fasste Bayerl zusammen. Und: »Zwar sind solche Hyperpigmentierungen der Haut per se nicht beunruhigend. Doch um Erkrankungen auszuschließen, sollte man auffällige Flecken ebenso wie Muttermale regelmäßig von einem Hautarzt checken lassen.«

Reinigung als Prävention

Die ablaufenden Zellschäden in der Haut machen klar, warum Dermatologen auf eine konsequente Reinigung vor der Pflege bestehen. Je gründlicher die Haut gereinigt wird, desto weniger Mikropartikel bleiben an der Oberfläche haften. Deshalb empfiehlt es sich auch, die Haut gleich nach dem Nachhausekommen zu reinigen und nicht erst vor dem Zubettgehen. So wird die Schadstoffbelastung kleingehalten. Bayerl plädiert für eine »vernünftige Reinigung«. »Man darf nicht zu intensiv arbeiten, etwa mit Schleifpartikeln in Peelings. Durch feinste Gewebeverletzungen könnten die Schadstoffe erst recht in die Haut eindringen oder entlang der kleinen Haarfollikel in die Haut einmassiert werden.«

In den vergangenen Jahren haben sich Wirkstoff-haltige Externa etabliert, die vorhandene Pigmentflecken aufhellen und on top noch den Teint auffrischen können – in der Kosmetik-Werbesprache ist dann vom Brown Spot Corrector, einer Even Brighter oder einer Hautton perfektionierenden Creme die Rede. Ab und an werden sie auch als Anti-Pollution-Präparate ausgelobt; der englische Begriff »pollution« kann mit »Belastung« oder »Umweltverschmutzung« übersetzt werden. Sind dermopharmazeutisch gesehen alle Wirkstoffe »Bleichmittel«? »Hier muss man differenzieren. Ja, es gibt bleichende Substanzen auch in der Kosmetik, aber auch Wirkstoffe, die den Turnover der Haut steigern wie Retinoide, Salicylsäure oder deren Derivate oder die Exfoliation per chemischem Peeling mit Fruchtsäuren. Durch deren schälenden Charakter wird auch das Pigment abgetragen«, informiert die Dermatologin, die auch dem Vorstand der Gesellschaft für Dermopharmazie angehört.

Bei den bleichenden Substanzen sind im Prinzip drei verschiedene Angriffsstellen innerhalb der Pigmentierungsabfolge zu unterscheiden (siehe Tabelle), erklärte Bayerl. »Einige wenige Substanzen können vor der Pigmentierung eingreifen, manche schalten sich während des Pigmentierungsprozesses ein – ein Stoffwechselweg, der über Dopamin läuft – oder sie hemmen die Tyrosinase auf dem Weg von der Vorsubstanz zur Pigmentbildung. Wieder andere Substanzen können auch nach der Pigmentbildung die Abgabe von Pigment aus den Produktionszellen, also aus den gutartigen Melanozyten heraus, an die Keratinozyteneinheit, die Pigment aufnimmt, blockieren. Wir haben also mit medizinisch-kosmetischen Wirkstoffen vor, während und nach der Pigmentierung Ansatzpunkte, Flecken aufzuhellen.«

Stadium der Melaninsynthese Wirkprinzip Bleichende Agenzien
vorher Tyrosin-Transkription erniedrigt
Inhibition von Plasmin
Tretinoin
währenddessen Tyrosin-Inhibition
Peroxidase-Inhibition
Fänger reaktiver Sauerstoffradikale
Hydrochinon, Azelainsäure (Nonandisäure), phenolische Verbindungen,
Ascorbinsäure
danach Inhibition des Melanosomentransfers
Erhöhung des Zell-Turnovers
Regulation des Entzündungsmilieus
Interaktion mit Kupfer
Hemmung der Melanozytenreifung
Niacinamid
Glykolsäure, Retinsäure
Corticosteroide
Kojisäure, Ascorbinsäure
Arbutin

Lässt sich auch in der Selbstanwendung ein ebenmäßigeres, ruhigeres Hautbild erzielen? »Ich bin ein Fan der evidenzbasierten Medizin. Was wirklich sehr gut untersucht ist, ist die Ascorbinsäure. Ab einer Konzentration von 5 % sind aufhellende Effekte dokumentiert. Hohe Konzentrationen sind vor allem in Brechampullen zu finden. Die galenische Aufbereitung ist allerdings aufgrund der leichten Oxidierbarkeit des Vitamin C nicht ganz einfach. Weniger gut untersucht ist Vitamin E, dennoch ist es im Stoffwechselweg wichtig, um Ascorbinsäure wieder aufzuladen. In Kosmetika werden häufig mehrere Antioxidanzien kombiniert. Das ist zwar grundsätzlich ein guter Ansatzpunkt. Da aber meist Untersuchungen gegen die Grundlage fehlen, ist eine effektivere Wirkung fraglich.«

Über Untersuchungen gegen die Grundlage verfügt dagegen laut Bayerl Niacinamid. In Kosmetika werden drei Formen eingesetzt: Niacinamid, Nicotinsäure und Nicotinatester. Es bewirkt als Protease-Inhibitor eine Reduktion des Melanosomentransfers. »Zellkulturstudien zeigen eindrucksvoll, dass durch die Anwesenheit von Niacinamid im Kulturmedium die Co-Kultur von Melanozyten und Keratinozyten nicht nachdunkelt, also ein Pigmentierungsschutz stattfindet.« Auch oral eingenommen (2 x täglich 500 mg) helle Niacinamid die Haut auf. 

Altlasten abtragen

Statt Bleichen ist mithilfe von Retinoiden und Fruchtsäuren Schichtarbeit angesagt. Die schälenden Substanzen wirken über die Eliminierung des Pigments in den Keratinozyten. Retinoide regulieren zudem das pigmentbildende Enzym Tyrosinase herunter. »Vitamin-A-Säure-(Tretinoin)-Präparate sind die am besten untersuchten und effektivsten Topika im Anti-Aging-Bereich. Es liegen histologisch kontrollierte Studien bei Männern und Frauen vor, die nachweisen, dass auch die in der Kosmetik verwendeten Vitamin-A-Säure-Derivate wie Retinol, Retinalaldehyd und Retinylester die Kollagenbildung anregen, die Faltentiefe herabsetzen, die Verbindung zwischen Epidermis und Dermis verbessern und aufhellend wirken«, erläutert die Expertin.

Retinoide binden an spezifische Zellkernrezeptoren und geben dort Informationen weiter, die für die Differenzierungsregulation verantwortlich sind. »Die toten Schüppchen, die wir loswerden wollen, werden quasi abgeschält. Dadurch wirkt die Haut glatter und erscheint in einem gewissen Glanz wie frisch gepeelt, neudeutsch auch als Glow bezeichnet. Doch dadurch, dass ein paar Zellschichten verloren gehen und Hornschuppen abgestoßen werden, steigt die Empfindlichkeit gegenüber UV-Strahlung. Das Meiden praller Sonne beziehungsweise ausreichender Lichtschutzfaktorsind deshalb das A und O«, erklärt Bayerl die Empfehlungen für die Zeit der Retinoid-Anwendung. 

Ein ebenmäßigeres Hautbild bringen auch Fruchtsäuren wie Glykol-, Milch-, Zitronen- oder auch Salicylsäure. Deren pigmentaufhellender Effekt ist abhängig von der eingesetzten Konzentration. »Fruchtsäuren für die Eigenanwendung zwischen 4 bis 8 % schälen gut, ohne dass sie zu aggressiv wären. 2- bis 4%ige Fruchtsäuren wirken dagegen eher befeuchtend. Effektiv wirken die hoch konzentrierten Fruchtsäuren von bis zu 50 %, die in der Kabinenbehandlung eingesetzt werden. Allerdings werden dabei auch intensive Entzündungsreize gesetzt. Auch dabei geht es nicht ohne Lichtschutz.«

Goldstandard Hydrochinon

Unter ärztlicher Kontrolle erfolgt der Einsatz von Hydrochinon, eine Substanz, die bereits seit 50 Jahren genutzt wird. Sie stellt in klinischen Studien den Goldstandard dar, an dem sich andere pigmentregulierende Substanzen messen. 

Hydrochinon ist eine klassische bleichende Substanz: Aufgrund seiner ähnlichen Struktur wie ein Vorläufer des Melanins hemmt es die Melaninsynthese, indem es sich statt dieser Vorstufe an die Tyrosinase heftet. Dadurch ist das Enzym blockiert und kann kein Melanin mehr herstellen. Erste Erfolge zeigen sich nach fünf bis sieben Wochen der Anwendung.

Als Nebenwirkungen können Hautrötungen und Brennen auftreten, vor allem bei Wirkstoffkonzentrationen von mehr als 5 %. Auch eine Sensibilisierung ist bekannt. Hydrochinon ist der Rezeptpflicht unterstellt und die Anwendung ist auf rund drei Monate zu begrenzen, da es selten, vor allem bei dunklen Hauttypen, unschöne Verfärbungen der Haut gibt. Bei dieser Ochronose lagern sich Zwischenprodukte der Melaninsynthese, die aufgrund der fehlenden Tyrosinase-Aktivität nicht verbraucht werden können, in die Haut ein, wodurch persistierende bläulich-schwarze Flecken entstehen.

Hydrochinon ist das Mittel der Wahl für die Therapie des Melasmas –  eine der häufigsten Formen von Pigmentstörungen, die vor allem Frauen im gebärfähigen Alter betrifft. Die verstärkte Melaninproduktion ist hormonell bedingt, und braune bis braun-graue Verfärbungen an Stirn, Wange oder rund um den Mund sind teils so dominant, dass es entstellend wirkt. Hyperpigmentierungen können also durchaus ein Fall für die Hautklinik sein und seien nicht nur unter kosmetischen Aspekten zu sehen, meint Bayerl.

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