Verträge zwischen Apotheken und Notdienstpraxen |
Melanie Höhn |
06.06.2024 15:22 Uhr |
Generell werden mit der geplanten Notfallreform gesetzliche Maßnahmen ergriffen, um die Vernetzung der Versorgungsbereiche, die Steuerung der Hilfesuchenden in die richtige Versorgungsebene sowie die wirtschaftliche Notfallversorgung von Patientinnen und Patienten zu verbessern, heißt es aus dem Ministerium von Karl Lauterbach. / Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler
In dem heute bekannt gewordenen Referentenentwurf für die geplante Notfallreform sind auch die Apotheken von Bedeutung. »Zur Sicherstellung der Versorgung von Patientinnen und Patienten einer Notdienstpraxis mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten haben die zuständige Kassenärztliche Vereinigung zusammen mit dem Krankenhausträger, mit dessen Notaufnahme die Notdienstpraxis ein Integriertes Notfallzentrum bildet, einen Versorgungsvertrag nach § 12b Apothekengesetz mit einer Apotheke zu schließen«, heißt es in dem Entwurf.
Die Versorgung kann durch die öffentliche Apotheke, die in unmittelbarer Nähe zur Notdienstpraxis liegen muss, oder durch den Betrieb einer zweiten Offizin mit Lagerräumen auf dem Gelände, auf dem die Notdienstpraxis betrieben wird, erfolgen. Um eine qualitativ hochwertige Versorgung von Patientinnen und Patienten der Notdienstpraxis zu gewährleisten, seien Vorgaben für den Versorgungsvertrag notwendig. In einem Versorgungsvertrag sei insbesondere festzulegen, dass eine ordnungsgemäße Versorgung der Patienten der Notdienstpraxis mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sichergestellt wird, die Patienten und die Angestellten der Notdienstpraxis zu Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten informiert und beraten werden und die Apotheke beziehungsweise die zweite Offizin der Apotheke während der Öffnungszeiten der Notdienstpraxis geöffnet ist. Zudem müsse eine ordnungsgemäße Lagerung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, soweit diese in Räumen auf dem Gelände, auf dem die Notdienstpraxis betrieben wird, erfolgt, gewährleistet sein und der Zugang müsse dem Personal der Apotheke vorbehalten bleiben.
Außerdem dürfe die freie Apothekenwahl der Patientinnen und Patienten durch den Versorgungsvertrag nicht eingeschränkt werden. Es sei ihrer freien Entscheidung überlassen, ob sie die notdienstversorgende Apotheke oder beispielsweise eine an ihrem Wohnort gelegene Apotheke zur Einlösung von Verschreibungen aufsuchen. Damit die zuständige Behörde Kenntnis über die Versorgung einer Notdienstpraxis durch eine öffentliche Apotheke sowie gegebenenfalls den Betrieb einer zweiten Offizin mit Lagerräumen neben den bisherigen Betriebsräumen erhält, sei ihr der Versorgungsvertrag vorzulegen.
Die Ausgestaltung der Ausschreibung des Versorgungsvertrages nach § 12b Apothekengesetz haben die Kooperationsvertragspartner in den Kooperationsvertrag miteinzubeziehen. Da eine notdienstpraxisversorgende Apotheke nach § 12b Apothekengesetz auch auf dem Gelände, auf dem die Notdienstpraxis betrieben wird, eine zweite Offizin mit Lagerräumen betreiben kann, sei in die Kooperationsvereinbarung auch die Möglichkeit der Anmietung oder Gestellung von Räumlichkeiten einzubeziehen.
Solange kein Vertrag nach § 12b Apothekengesetz geschlossen wurde, sollen die Ärztinnen und Ärzte einer Notdienstpraxis im Rahmen der Notfallversorgung Arzneimittel an Patientinnen und Patienten einer Notdienstpraxis abgeben können. »Die mögliche Abgabe ist beschränkt auf eine zur Überbrückung benötigte Menge, soweit im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung ein Wochenende oder ein Feiertag folgt. Damit wird für den Zeitraum vor Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 12b Apothekengesetz eine Versorgung im Sinne eines Entlassmanagements nach § 14 Absatz 7 Apothekengesetz sichergestellt«, wie es weiter in dem Entwurf heißt.
Jede Apotheke erhält mit einem Versorgungsvertrag unabhängig von geleisteten Vollnotdiensten pro Woche einen pauschalen Zuschuss, wenn sie in diesem Zeitraum während der Öffnungszeiten der Notdienstpraxis geöffnet hatte. Die Apotheke meldet nach jedem Quartalsende spätestens bis zum Ende des folgenden Monats dem Deutschen Apothekerverband (DAV), dass ein Vertrag nach § 12b besteht und die Anzahl der Wochen, in der die Apotheke während der Öffnungszeiten der Notdienstpraxis geöffnet hatte.
Generell werden mit der geplanten Notfallreform gesetzliche Maßnahmen ergriffen, um die Vernetzung der Versorgungsbereiche, die Steuerung der Hilfesuchenden in die richtige Versorgungsebene sowie die wirtschaftliche Notfallversorgung von Patientinnen und Patienten zu verbessern, heißt es im Entwurf.
Die bisherigen Aufgaben der Terminservicestelle im Bereich der Akutfallvermittlung nimmt zukünftig die sogenannte Akutleitstelle der Kassenärztlichen Vereinigung wahr. Deren Vernetzung mit den Rettungsleitstellen soll eine bessere Steuerung von Hilfesuchenden ermöglichen. Dabei soll die digitale Fallübergabe mit medienbruchfreier Übermittlung bereits erhobener Daten wechselseitig möglich sein. Im Ergebnis werden durch diese bedarfsgerechte Steuerung sowohl Notaufnahmen als auch Rettungsdienste entlastet.
Darüber hinaus wird die notdienstliche Akutversorgung der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) durch Konkretisierung des Sicherstellungsauftrages ausgebaut. Zur Sicherstellung einer medizinisch notwendigen Erstversorgung von Patientinnen und Patienten mit akutem Behandlungsbedarf werden die KVen verpflichtet, durchgängig eine telemedizinische und eine aufsuchende Versorgung bereitzustellen. Durch die stärkere Nutzung der Möglichkeiten der Telemedizin soll die Versorgung verbessert und gleichzeitig eine Entlastung von Ärztinnen und Ärzten erreicht werden. Eine aufsuchende und telemedizinische Versorgung trage der demografischen Entwicklung und dem Wohl immobiler Patienten Rechnung, heißt es.
Integrierte Notfallzentren werden als sektorenübergreifende Notfallversorgungsstrukturen etabliert. In diesen arbeiten zugelassene Krankenhäuser und die Kassenärztlichen Vereinigungen verbindlich so zusammen, dass immer eine bedarfsgerechte ambulante medizinische Erstversorgung bereitsteht. Die Integrierten Notfallzentren bestehen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung im oder am Krankenhausstandort und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und ausgewählte Krankenhäuser werden verpflichtet, sich an Integrierten Notfallzentren zu beteiligen. Zusätzlich sollen zu Sprechstundenzeiten vertragsärztliche Leistungserbringer als »Kooperationspraxen« an Integrierte Notfallzentren angebunden werden können.
Die Standorte für Integrierte Notfallzentren werden von den Selbstverwaltungspartnern nach bundeseinheitlichen Rahmenvorgaben im erweiterten Landesausschuss nach § 90 Absatz 4a Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes festgelegt. Im Falle nicht fristgemäßer Einigung entscheidet das jeweilige Land über die Standortfestlegung.
Integrierte Notfallzentren werden flächendeckend etabliert. Für Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche können geeignete Standorte ausgewählt werden, an denen ein besonderer Bedarf an einer integrierten Notfallversorgungseinrichtung für Kinder und Jugendliche besteht. Wo die Einrichtung von speziellen Integrierten Notfallzentren für Kinder und Jugendliche nicht möglich ist, wird eine telemedizinische Unterstützung von Integrierten Notfallzentren durch Fachärztinnen und -ärzte für Kinder- und Jugendmedizin gewährleistet.