Versender-Kontrolle soll grenzenlos werden |
Cornelia Dölger |
28.08.2024 13:10 Uhr |
EU-Versender wie Doc Morris sollen sich an die in Deutschland gelten Regeln für den Arzneimittelversand halten, dafür soll das Bundesministerium für Gesundheit ein Abkommen mit den Niederlanden schließen, fordert die FDP im Thüringer Landtag. / © DocMorris
Ein solches bilaterales Abkommen solle dazu dienen, die Überwachungslücken beim Versand möglichst schnell zu schließen, heißt es in einer Mitteilung der FDP. »Dieses Abkommen muss den klaren Plan haben, dass deutsche Behörden zusammen mit den zuständigen niederländischen Behörden die Apotheken, welche verschreibungspflichtige Arzneimittel nach Deutschland versenden wollen, gemeinsam prüfen können«, so der Vorschlag. Langfristig solle auf EU-Ebene eine entsprechende Regelung angepeilt werden.
Durch länderübergreifende Kooperation, ähnlich wie im Arzneimittelrecht, wo im Rahmen der Good-Manufactoring-Practice (GMP) Audits von Produktionsstätten durch multinationale Teams durchgeführt werden, könne dem Problem begegnet werden. »Daran muss sich orientiert werden«, heißt es in der Mitteilung. Weil das Apothekenrecht in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten so unterschiedlich ausgestaltet sei, brauche es solche übergeordneten Möglichkeiten auf EU-Ebene.
»Wenn es auf diesem Gebiet schon einen Wettbewerb gibt, muss er fair sein«, sagte der Thüringer FDP-Landtagsabgeordnete Robert-Martin Montag der PZ. Alle Teilnehmer müssten dieselben Voraussetzungen haben und sich auch daran halten. »Deshalb brauchen wir ein funktionierendes Kontrollregime«, so Montag, der auch Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gesundheit in der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der FDP ist.
Dass EU-Versender der Überwachung durch die jeweilig zuständigen EU-Landesbehörden unterliegen und die deutschen Kontrollinstanzen nicht zuständig sind, führe zu riskanten Überwachungslücken, so Montag weiter Das Einhalten von Qualitätsstandards sei eben nicht nur eine Frage von fairem Wettbewerb und Transparenz der Vertriebswege, sondern auch der Qualitätssicherung. »Es kann nicht sein, dass Pakete mit Medikamenten stundenlang nicht sachgerechten Temperaturen ausgesetzt werden. Denn abweichende Temperaturen können die Qualität und Wirksamkeit von Medikamenten beeinflussen.«
Auch der Großhandel plädiert für Kontrollen. Phagro-Chef Marcus Freitag sagte zur PZ: »Arzneimittel-Versender sind verpflichtet, die vorgeschriebenen Temperaturbedingungen zu erfüllen. Eine Kontrolle erfolgt jedoch nicht. Das ist ein Skandal, der zu Lasten der Gesundheit der Patientinnen und Patienten geht! Die Aufsichtsbehörden müssen den Versand genauso überwachen wie den Pharmagroßhandel.«
Das Problem, dass Arzneimittelversender mit Sitz in den Niederlanden sich beim Versand de facto nicht an die in Deutschland geltenden strengen Vorschriften halten, etwa zu Kühlketten, ist bekannt. Auch etwa mit Werbe- und Rabattaktionen verstoßen die Versender immer wieder gegen in Deutschland geltendes Recht, was bei den hiesigen Kontrollbehörden aber nicht verfängt. Jüngstes Beispiel ist das umstrittene Bonusmodell von Shop Apotheke für die E-Rezept-Einlösung. Die Landeskontrollbehörden verweisen in dieser Sache stets darauf, dass sie nicht zuständig sind. Als Folge gibt es inzwischen Forderungen ans BMG, die Niederlande von der Liste der Länder zu streichen, aus denen Arzneimittel nach Deutschland vesandt werden dürfen.
Ausweislich dieser Liste sollen mit deutschem Recht vergleichbare Sicherheitsstandards in den entsprechenden Ländern gewährleistet sein, so sieht es § 73 Absatz 1 Satz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) vor. Konkret heißt es dort: »Das Bundesministerium veröffentlicht in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.« Die Liste wurde allerdings seit 2011 nicht aktualisiert.