Verletzungen durch Pyrotechnik vermeiden |
Ein verantwortungsvoller Umgang mit Pyrotechnik sorgt für eine schöne Silvesterfeier. / © Getty Images/Artur Debat
Mit zu den Spitzenreitern auf der Liste der Verletzungen durch Silvesterfeuerwerk gehören solche an Augen und Händen. So erwartet die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) zum Jahreswechsel erneut Hunderte von schweren Augenverletzungen. Die Fachgesellschaft führt jährlich zu Silvester eine Umfrage an notdienstleistenden deutschen Augenkliniken durch, um die Zahl der Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper zu ermitteln. Letztes Jahr erfasste die DOG dabei für die fünf Tagen um Silvester insgesamt 781 Personen mit feuerwerksbedingten Augenverletzungen.
»Wir haben uns damit auf einem deutlich höheren Verletzungsniveau eingependelt als in der Vor-Covid-Zeit«, schildert Professor Dr. Ameli Gabel-Pfisterer in einer Mitteilung der DOG. »Wir fürchten, daran wird sich am kommenden Jahreswechsel nichts ändern«, so die Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. Vor der Pandemie hätten sich um Silvester jährlich etwa 500 Augenverletzungen ereignet.
An den Händen verletzten sich an keinem Tag im Jahr so viele Menschen wie an Silvester, informiert wiederum die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). In dieser Zeit würden die OP-Teams im Krankenhaus mit erfahrenen Handspezialisten häufig doppelt besetzt, erläutert Professor Dr. Andreas Seekamp, Präsident der DGOU. Die zweite Welle finde im Januar statt. Dann handle es sich meist um alkoholbedingte Stürze mit Schnittwunden an den Händen.
Ärztinnen und Ärzte könnten immer wieder beobachten, dass die meisten komplexen Handverletzungen durch selbst gebastelte Böller verursacht werden. Im Unfallkrankenhaus Berlin (ukb) wurden laut der DGOU in den letzten 17 Jahren knapp 1000 Menschen mit Verletzungen durch Raketen, Böller und andere Arten von Pyrotechnik behandelt. Dabei waren 97 Prozent der Bölleropfer Männer. Seien die Verletzten Kinder und Jugendliche, hätten sie häufig mit Blindgängern experimentiert.
Aus gegebenem Anlass haben die Fachgesellschaften Tipps zum sicheren Umgang mit Feuerwerk zusammengestellt.
Wer sicher mit Böllern, Raketen, Batterien und Co. hantieren will, sollte deren Gebrauchsanweisung sorgfältig lesen und sie befolgen, rät die DGOU. Es sollten ausschließlich geprüfte Feuerwerkskörper sein. Erkennen lassen sich diese am CE-Zeichen und an der Prüfnummer der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Selbstgebastelte oder manipulierte Raketen und Co. sind hingegen tabu: Sie können früher oder stärker als erwartet explodieren. Feuerwerkskörper, die nicht in der Hand gezündet werden, sind die bessere Wahl.
Wer Feuerwerkskörper nach draußen trägt, sollte das nicht direkt am Körper tun, etwa in Jacken- oder Hosentaschen. Ansonsten könnten Funkenflug oder verirrte Raketen, die noch nicht gezündete Pyrotechnik zur Explosion bringen. Knallkörper, die beim ersten Mal nicht gezündet haben, sollte man kein zweites Mal anstecken, sondern sofort aus dem Verkehr ziehen.
Viele Kinder sind fasziniert von Feuerwerk. Nach wie vor besorgniserregend sei mit fast 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter denjenigen mit Augenverletzungen, wobei besonders häufig Kinder unter zwölf Jahren betroffen seien, erklärt Gabel-Pfisterer. In jedem Fall sei es wichtig, Kinder für die Gefahren der Knallerei zu sensibilisieren, rät die DOG. Etwa auch dafür, dass sie am Neujahrstag keine liegengebliebenen oder nicht gezündeten Feuerwerkskörper auflesen – oder gar anzünden – sollten. Fachgesellschaften wie die DGOU rufen dazu auf, dass Feuerwerkskörper nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen gehören.
Gehen Feuerwerkskörper wortwörtlich ins Auge, drohen schwere Verletzungen, oft mit Sehverlust. Das Risiko lässt sich senken: »Wer ins Freie oder auf den Balkon geht, sollte eine geschlossene Schutzbrille etwa aus dem Baumarkt oder eine Skibrille tragen, um das Gröbste abzuwehren«, rät der Augenarzt Professor Dr. Hansjürgen Agostini von der DOG.
»Wer Alkohol getrunken hat, ist unvorsichtiger und leichtsinniger, wenn er oder sie mit Feuerwerkskörpern hantiert – und sollte es daher lieber lassen«, rät die DGOU. Was hilfreich ist: Wenn mindestens eine
Person in der Gruppe nüchtern bleibt. Dann gibt es jemanden, der die Lage realistisch beurteilen und, falls nötig, Hilfe koordinieren kann.
Wer Feuerwerk mit wenig Risiko erleben will, sollte professionell ausgerichtete, öffentliche Feuerwerke besuchen, empfiehlt Daniel Pleger, erster Vorsitzender des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA). Am sichersten betrachtet man das Feuerwerk von drinnen. Und zwar bei geschlossenen Fenstern und Balkon- oder Terrassentüren, damit kein Irrläufer ins Wohnzimmer fliegt.
Die Brandwunde sieht zwar schlimm aus, aber wird schon heilen? Ist es zu Verletzungen gekommen, sollte man sie im Zweifel nicht erst am Neujahrstag abklären lassen, sondern sich direkt auf den Weg in die Notaufnahme machen. Denn eine verschleppte Behandlung »erhöht die Infektionsgefahr der Wunde und
vermindert die Chancen, dass verletztes Gewebe wiederhergestellt werden kann«, warnt DGOU-Präsident Seekamp.