US-Zulassung für Rozanolixizumab |
Sven Siebenand |
03.07.2023 12:30 Uhr |
Eine Myasthenia gravis lässt sich mit einer Reihe von Untersuchungen nachweisen, unter anderem Labortests. / Foto: Adobe Stock/MdBabul
Die generalisierte Myasthenia gravis (gMG) ist eine seltene Erkrankung mit einer Prävalenz von 100 bis 350 Fällen pro eine Million Menschen. Betroffene können unter einer Vielzahl von Symptomen leiden, darunter schwere Muskelschwäche, die zu einer lebensbedrohlichen Schwäche der Atemmuskulatur führen kann, Doppeltsehen, hängende Augenlider sowie Schwierigkeiten beim Schlucken, Kauen und Sprechen.
Bei der gMG können pathogene Autoantikörper die synaptische Übertragung an der neuromuskulären Endplatte beeinträchtigen. Dies unterbricht die Fähigkeit der Nerven, den Muskel zu stimulieren, und führt zu einer schwächeren Kontraktion. Sehr häufig kommen Cholinesterase-Inhibitoren wie Pyridostigmin und Neostigmin bei gMG zum Einsatz, aber zum Beispiel auch Glucocorticoide und Azathioprin zur Immunsuppression.
Im Jahr 2022 kam in Deutschland das neue gMG-Präparat Vyvgart® in den Handel. Dieses enthält den Wirkstoff Efgartigimod alfa. Dies ist ein Fc-Fragment des humanen rekombinanten Immunglobulins G1 (IgG1). Efgartigimod alfa bindet an den neonatalen Fc-Rezeptor (FcRn). Dieser intrazelluläre Rezeptor hat eine wichtige Aufgabe: Bindet ein IgG mit seiner Fc-Region an den neonatalen Fc-Rezeptor, wird das Immunglobulin nicht abgebaut, sondern aus der Zelle hinausbefördert. Ist der Rezeptor durch Efgartigimod alfa aber blockiert, können andere IgG nicht daran binden und werden abgebaut. Damit sorgt Efgartigimod alfa dafür, dass die Spiegel von IgG-Antikörpern sinken, auch der der pathogenen Autoantikörper.
Rozanolixizumab wirkt ähnlich. Es ist ein monoklonaler Antikörper, der spezifisch und mit hoher Affinität an den menschlichen FcRn bindet. Wie bei Efgartigimod alfa folgt daraus, dass die Konzentration pathogener IgG-Autoantikörper damit verringert wird. Während Efgartigimod alfa intravenös verabreicht wird, ist bei Rozanolixizumab eine subkutane Gabe möglich. Zudem ist Efgartigimod alfa nur zugelassen bei erwachsenen gMG-Patienten, die Anti-Acetylcholin-Rezeptor(AChR)-Antikörper positiv sind.
Die FDA hat den Antikörper Rozanolixizumab zur Behandlung der gMG bei Erwachsenen mit Anti- AChR oder Anti-muskelspezifischen Tyrosinkinase (MuSK)-Antikörpern zugelassen. Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen einer Phase-III-Studie, die zeigte, dass die Behandlung mit Rozanolixizumab zu signifikanten Verbesserungen führte, zum Beispiel beim Atmen, Sprechen, Schlucken und der Fähigkeit, von einem Stuhl aufzustehen. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse unter Rozanolixizumab waren Kopfschmerz, Infektionen, Durchfall, Fieber, Überempfindlichkeitsreaktionen und Übelkeit.
Rozanolixizumab wird laut UCB Pharma in den USA im dritten Quartal 2023 auf den Markt kommen. Die Firma rechnet mit einer Antwort auf den gestellten EU-Zulassungsantrag bis zum ersten Halbjahr 2024.