US-Zulassung für HIV-PrEP mit Lenacapavir |
Annette Rößler |
20.06.2025 15:00 Uhr |
Mit Lenacapavir gibt es nun in den USA eine neue Option für Menschen, die einer HIV-Infektion medikamentös vorbeugen wollen. / © Getty Images/Burak Karademir
»Das ist ein historischer Tag im jahrzehntelangen Kampf gegen HIV«, kommentierte Daniel O’Day, CEO des Herstellers Gilead, die US-Zulassung von Lenacapavir (Yeztugo®) zur HIV-PrEP. Das Medikament zähle zu den wichtigsten wissenschaftlichen Durchbrüchen unserer Zeit und biete eine »sehr realistische Möglichkeit«, die HIV-Epidemie zu beenden. Tatsächlich hatte auch das Fachmagazin »Science« dem Wirkstoff im vorigen Jahr den Titel des wichtigsten Forschungsdurchbruchs des Jahres 2024 verliehen.
Ausschlaggebend für die FDA-Entscheidung waren Daten der Phase-III-Studien PURPOSE 1 und PURPOSE 2, in denen die zweimal jährliche Injektion von Lenacapavir einen annährend 100-prozentigen Schutz vor einer HIV-Infektion bot. In der PURPOSE-1-Studie, an der junge Frauen in Südafrika und Uganda teilgenommen hatten, infizierte sich keine Probandin in der Lenacapavir-Gruppe mit HIV, während es unter der oralen PrEP mit Emtricitabin/Tenofoviralafenamid (Truvada®) oder Emtricitabin/Tenofovirdisoproxilfumarat zu 2,02 beziehungsweise 1,69 Infektionen pro 100 Personenjahre kam. Die PURPOSE-2-Studie schloss Männer, die Sex mit Männern haben, ein und verglich Lenacapavir mit Truvada als HIV-PrEP. Auch hier war Lenacapavir mit einer Schutzwirkung von 99,9 Prozent eindeutig überlegen (Inzidenz von 0,10 pro 100 Personenjahre versus 0,93 pro 100 Personenjahre unter Truvada).
Vor dem Start eine HIV-PrEP mit Lenacapavir sowie vor jeder weiteren Injektion muss ein negativer HIV-Test vorliegen. Die PrEP beginnt mit einer subkutanen Injektion von 927 mg Lenacapavir (zwei Spritzen à 463,5 mg/1,5 ml) plus zweimal täglich 300 mg, also insgesamt 600 mg Lenacapavir oral in Tablettenform. Am zweiten Tag nimmt der Patient wiederum zweimal täglich 300 mg Lenacapavir oral ein. Danach wird die PrEP mit 927 mg subkutan alle sechs Monate (± zwei Wochen) fortgesetzt.
Die überlegene Wirksamkeit der Lenacapavir-PrEP gegenüber der oralen PrEP mit Truvada wird auf eine mangelnde Adhärenz zur täglichen Tabletteneinnahme zurückgeführt, die bei der letztgenannten Präventionsmethode notwendig ist. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) begrüßte vor diesem Hintergrund die FDA-Zulassung der Lenacapavir-PrEP. Dr. Meg Doherty, Direktorin des weltweiten HIV-Programmes der WHO, sprach von einem Meilenstein.
In der EU ist Lenacapavir (Sunlenca®) zur Therapie von Menschen mit HIV-Infektion bereits zugelassen, aber noch nicht auf dem Markt. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) prüft den Wirkstoff derzeit in der Indikation HIV-PrEP. Vermutlich wird Lenacapavir erst dann in der EU auf den Markt gebracht werden, wenn es auch die Zulassung für die PrEP in der Tasche hat.