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Myositis

Unterschätzte Muskelerkrankung

Chronische Entzündungen und fortschreitende Schwäche zeichnen die Autoimmunerkrankung Myositis aus. Die Behandlung fordert Patienten und Ärzte gleichermaßen heraus.
AutorKontaktNicole Schuster
Datum 24.10.2024  13:30 Uhr

Anders als bei Muskelschmerzen nach körperlicher Anstrengung oder bei einer akuten Infektion wie Grippe handelt es sich bei der Myositis um eine chronische und fortschreitende entzündliche Erkrankung der Skelettmuskulatur. Zum Teil ist sie erblich bedingt, kann aber auch durch Erreger wie Viren (Coxsackie- oder Adenoviren), Bakterien (Erreger von Lepra, Lues oder Tetanus) oder Parasiten ausgelöst werden. Zudem können Myositiden autoimmunbedingt sein. Hier zählen Polymyositis, Dermatomyositis, immunvermittelte nekrotisierende Myopathie und Einschlusskörper-Myositis zu den wichtigsten Formen.

Bei der Entzündungsreaktion greifen Immunzellen das Muskelgewebe an und zerstören es. Es können außer der Muskulatur weitere Organe in Mitleidenschaft gezogen werden. Bei der Dermatomyositis liegt zum Beispiel eine Hautbeteiligung vor. Man geht davon aus, dass das Immunsystem hier primär die Blutgefäße angreift, die für die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung von Haut und Muskeln verantwortlich sind. Das beeinträchtigt die Blutversorgung; Schäden an Haut und Muskeln sind die indirekte Folge davon.

Wenn hauptsächlich die Muskulatur betroffen ist, spricht man von einer Polymyositis. Bei dieser Form werden vermutlich direkt die Muskelfasern angegriffen. Wodurch diese Fehlregulation des Autoimmunsystems zustande kommt, ist noch unklar. Häufige Begleiterkrankungen der Myositis sind interstitielle Lungenerkrankungen, Dysphagie (Schluckstörungen) und kardiovaskuläre Komplikationen. Sie sind häufig die Todesursache, wenn die Patienten frühzeitig sterben.

Die autoimmunbedingten Myositiden, auch idiopathische entzündliche Myopathien genannt, sind selten. Schätzungen zufolge kommen etwa 10 Erkrankungen auf eine Million Einwohner. Es können Menschen jeden Alters betroffen sein.

Weg zur Diagnose ist oft lang

Die Symptome der Myositis entwickeln sich meist schleichend und sind zu Beginn unspezifisch. Häufig klagen Patienten über Muskelschwäche und haben zunehmend Mühe, von einem Stuhl aufzustehen, die Arme zu heben oder Treppen zu steigen. Diese Symptome können zunächst als allgemeine Erschöpfung oder altersbedingte Schwäche fehlinterpretiert werden. Weitere Krankheitsanzeichen können Muskelschmerzen, Bewegungseinschränkungen, Fatigue und in fortgeschrittenen Stadien Schluckstörungen sein. Komplikationen wie interstitielle Lungenerkrankungen (Erkrankung des Zwischengewebes der Lunge) oder Herzbeteiligungen kennzeichnen einen schweren Verlauf und verschlechtern die Prognose. Besonders herausfordernd ist die Einschlusskörper-Myositis, die zu einer fortschreitenden Muskelschwäche führt und für die es derzeit noch keine wirksame Therapie gibt. Diese seltene Form kam zu ihrem Namen, da histopathologisch spezifische Ablagerungen (unter anderem von Amyloid) in den Muskelfasern zu erkennen sind.

Bei der Diagnostik werden neben einer detaillierten Anamnese und klinischen Untersuchung auch Laboruntersuchungen eingesetzt, bei denen spezifische Autoantikörper, Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein und Muskelmarker wie Creatinkinase (CK) oder Myoglobin untersucht werden. Ein weiterer Hinweis auf eine Schädigung der Muskulatur ist eine Erhöhung des Aldolase-Blutspiegels.

Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT) helfen dabei, entzündliche Prozesse in der Muskulatur zu erkennen, während die Elektromyografie, bei der elektrische Muskelaktivität gemessen wird, Aufschluss darüber gibt, ob Muskelschwäche und -schmerzen durch eine Muskel- oder Nervenerkrankung verursacht werden. Eine Muskelbiopsie kann die Diagnose absichern, indem sie entzündliche Infiltrate, Muskelnekrosen oder Einschlusskörper nachweist. Trotzdem ist der Weg zur Diagnose oft lang, auch weil viele Ärzte mit dieser seltenen Erkrankung nicht ausreichend vertraut sind.

Individualisierte Behandlung der Myositis

Die Wahl der Therapie richtet sich nach der jeweiligen Form, dem Schweregrad der Symptome und den Begleiterkrankungen. Vollständig geheilt werden können die Autoimmunerkrankungen aber nicht. Zur Behandlung setzen Ärzte verschiedene Medikamente ein, hauptsächlich off Label. Eine zentrale Rolle spielt die Immunsuppression, um die Fehlsteuerung des Immunsystems zu bekämpfen. Glucocorticoide wie Prednison, Methylprednisolon, Prednisolon sind für Polymyositis, Dermatomyositis, nekrotisierende Myopathie und Überlappungsstörungen in unterschiedlichem Ausmaß geeignet. In schweren Fällen oder wenn Glucocorticoide allein nicht ausreichen, kommen andere Immunsuppressiva wie Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolat-Mofetil zum Einsatz.

Ein weiterer Baustein der Therapie sind intravenöse Immunglobuline, insbesondere bei Patienten, bei denen immunsuppressive Medikamente nicht ausreichend wirken. Speziell für die Behandlung erwachsener Patienten mit aktiver Dermatomyositis ist normales Immunglobulin vom Menschen (IVIg, octagam 10%) zugelassen.

Um den optimalen Behandlungsplan zu erstellen, wägen Ärzte stets die Risiken der teils mit schweren Nebenwirkungen einhergehenden Arzneimittel gegen den therapeutischen Nutzen ab.

Weiterhin ist es wichtig, dass Patienten selbst aktiv werden. Regelmäßige Bewegung und individuell angepasste physiotherapeutische Übungen können Entzündungen reduzieren, die Muskelkraft erhalten und verbessern, die Beweglichkeit fördern und Fatigue verringern. Dabei sollten die behandelnden Physiotherapeuten bestenfalls mit Myositis-Erkrankungen vertraut sein und ein auf den Patienten zugeschnittenes Trainingsprogramm entwickeln.

In der Praxis zeigt sich jedoch häufig, dass Betroffene aus Angst vor Muskelüberlastung oder Verschlechterung der Erkrankung Bewegung vermeiden. Hier kann das Apothekenteam helfen, Ängste abzubauen und auf die Bedeutung regelmäßiger, moderater Bewegung hinweisen. Bei der Einschlusskörper-Myositis ist Bewegung derzeit sogar die einzige nachweislich effektive Therapiemaßnahme, um den Muskelschwund zu verlangsamen.

Bewegung bringt noch mehr Vorteile. So ist es erwiesen, dass regelmäßige körperliche Aktivität das Risiko chronischer Erkrankungen wie Typ-II-Diabetes, Osteoporose oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann. Da diese Erkrankungen sowohl mögliche Komplikationen von Myositis als auch Folgen ihrer Behandlung sein können, kann Bewegung bei betroffenen Personen die Prognose verbessern.

Das Apothekenteam kann weiterhin zu positiven Gewohnheiten wie gesunde Ernährung, Stressabbau, ausreichend Schlaf, die Pflege guter sozialer Beziehungen und befriedigende Hobbys ermutigen. Auch sie können sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken. Eine frühe Diagnose und eine konsequente Therapie sind in jedem Fall entscheidend, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und den Patienten möglichst lange Lebensqualität zu erhalten. 

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