Unlautere Kassen, nimmermüde Apotheken |
Krankenkassen werben um neue Mitglieder – nicht immer mit lauteren Mitteln. / Foto: IMAGO/Zoonar
Allein in diesem Jahr sind laut Wettbewerbszentrale schon 750 Anfragen und Beschwerden zu mutmaßlich unlauteren Werbemaßnahmen im Gesundheitswesen eingegangen. Unter anderem wurden zwei Krankenkassen abgemahnt, die sich mit dem Titel »Top-Krankenkasse« schmückten, obwohl sie in einer Rangliste mit 64 Teilnehmern nur Platz 18 und 19 belegt hatten.
Eine andere Kasse warb mit der Bewertung »Sehr gut«, ohne zu erwähnen, dass 14 Konkurrenten mit der Note »Exzellent« besser abgeschnitten hatten. Eine Kasse erklärte sich per Unterlassungserklärung bereit, den Begriff «Nachhaltigkeits-Champion» nicht mehr zu verwenden. Diese Bezeichnung beruhte lediglich auf einer Verbraucherbefragung mit vorgegebenen Antworten.
Ein Grundsatzverfahren der Zentrale betrifft den Apothekenmarkt und konkret die Frage: Dürfen Apotheken sonntags Arzneimittel ausliefern, wenn sie keinen Notdienst leisten? Beklagt wurde die Plattform Mayd, die Lieferung von Arzneimitteln durch kooperierende Apotheken anbietet – und zwar auch außerhalb der Öffnungszeiten. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale verbieten die Ladenöffnungs- beziehungsweise Feiertagsgesetze die Auslieferung an Sonntagen. Sie verlangte sowohl von Mayd als auch von einem beteiligten Apotheker Unterlassung.
In erster Instanz gaben sowohl das Landgericht Berlin als auch das LG Köln (beide nicht rechtskräftig) der Klage statt. Beide Gerichte sahen in der Auslieferung öffentlich bemerkbare und damit an Sonntagen verbotene Tätigkeit. Nach der Apothekenbetriebsordnung sollen Apotheken die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichern. Diese werde durch Notdienste geregelt. Darüber hinausgehende wirtschaftliche Betätigung der Apotheken durch Botenlieferungen stünden im Konflikt mit dem Arbeitsschutz- und Gesundheitsschutzgedanken der Ladenöffnungsgesetze. »Ob man diese Verbote für noch zeitgemäß hält oder nicht, ist hier nicht die Frage. Mitbewerber, die sich nicht an die für alle geltenden Regeln halten und sich außerhalb der festgelegten Öffnungszeiten wirtschaftlich betätigen, verzerren damit den Wettbewerb«, so Rechtsanwältin Christiane Köber aus der Geschäftsführung der Zentrale.
Ein weiteres Verfahren der Wettbewerbszentrale liegt sogar schon beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dabei geht es um die Werbung für Desinfektionsmittel und ob diese als »hautfreundlich« beworben werden dürfen. Die Wettbewerbszentrale hatte während der Corona-Pandemie die entsprechende Werbung einer Drogeriemarktkette beanstandet, weil nach der Biozid-Verordnung bestimmte Aussagen sowohl für die Etiketten als auch für die sonstige Werbung unzulässig sind. Der EuGH soll nun nach einem entsprechenden Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs entscheiden, ob »hautfreundlich« auch unter diese unzulässigen »ähnlichen« Hinweise fällt.
Hart umkämpft ist zudem der Markt für Schönheitsoperationen, zu denen die Anwälte der Wettbewerbszentrale im laufenden Jahr 70 Anfragen und Beschwerden erhalten haben. Häufig geht es dabei um Vorher-Nachher-Bilder etwa zu Brustvergrößerungen oder Nasenkorrekturen, die über Social Media verbreitet werden. Nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) sind derartige Abbildungen verboten, um keine Anreize für medizinisch nicht notwendige Behandlungen zu setzen. In mehreren Verfahren geht es nun um die Rechtsfrage, ob Faltenunterspritzungen operative Eingriffe im Sinne des Gesetzes sind und daher nicht mit derartigen Bildern beworben werden dürften.
Die angeblich »beste Haarklinik Deutschlands« und »Deutschlands beste neurologische Klinikgruppe« verzichteten auf die selbstgewählten Prädikate, nachdem die Wettbewerbszentrale mit Klagen gedroht hatte. Die Juristen gehen auch gegen ein Ärzte-Ranking vor, wobei die Gerichte in dieser Frage noch nicht rechtskräftig entschieden haben.