Ullmann: ABDA soll über Dispensierrecht für Ärzte reden |
Cornelia Dölger |
09.12.2021 12:30 Uhr |
Es wäre »ein super Signal«, wenn die ABDA das Dispensierrecht für Ärzte zum Thema machen würde, meinte FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann (hier ein Archivbild). / Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress
Impfen in Apotheken ist in diesen Tagen hoch oben auf der politischen Agenda – und so passte das Thema »Pro und Contra Impfen in der Apotheke« beim Europäischen Gesundheitskongress am gestrigen Mittwoch haargenau. In der Runde, die seit 20 Jahren von der Münchner Consultingfirma Wiso organisiert wird und die sich mit gesundheitspolitische Fragen befasst, diskutierten Kassenvertreterinnen, ein Gesundheitsökonom, ein Politiker, Mediziner sowie ein Apotheker. Neben einer durchweg positiven Bilanz zu Grippeschutzimpfungen in Modellprojekten kam die digitale Runde aber nicht ganz um berufsständische Hakelei herum.
Auslöser der Diskussion war nicht an sich das Impfen in der Apotheke – das von allen Seiten positiv bewertet wurde – sondern die vom FDP-Bundestagsabgeordneten und Internisten Andrew Ullmann gestellte Forderung, im Zuge dessen auch über ein Dispensierrecht für Ärzte im Notdienst nachzudenken. Die Idee wurde zuletzt beim Deutschen Ärztetag offiziell artikuliert und kommt immer wieder als Gegenreaktion der Mediziner auf die Impfung in Apotheken aufs Tableau.
»Ich begrüße die Möglichkeit, mit dem Impfen in der Apotheke niedrigschwellige Angebote zu schaffen«, so Ullmann in der Runde. Auch das aktuelle Vorhaben, Apothekerinnen und Apotheker mit in die Corona-Booster-Impfungen einzuspannen, sei gut. Im Zuge der Pandemiebekämpfung gelte es, die Impfquoten schnell und effizient zu erhöhen. Allerdings, so Ullmann weiter, »müssen wir auch sehen, inwieweit Ärzte da auch entsprechende Rechte bekommen«. Ärzte sollten »gewisse Medikamente« abgeben dürfen, etwa im Notdienst. Dies müsse auch in die Diskussion mit eingebracht werden. Direkt an die Apotheker gewandt, betonte Ullmann, er halte es für ein »super Signal, wenn die ABDA sagen würde: Lasst uns demnächst über das Dispensierrecht sprechen«.
Mit Ullmanns Vorstoß kam Unruhe in die bis dahin einhellige Runde. Vertreterinnen von Krankenkassen, die die Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung unterstützen, hatten diese durchweg als Erfolg gewertet. Jutta Bartmann von der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland hatte etwa in ihrem Impulsvortrag betont, man habe das Ziel erreicht, »mehr Impfungen zu den Menschen bringen und den Zugang erleichtern«. Per Fragebogen hätten die Impflinge eine hohe Zufriedenheit mit dem Angebot gezeigt. Auch habe man damit viele Menschen angesprochen, die sich nach eigener Aussage ansonsten nicht hätten impfen lassen. »Wir haben also neue Menschen erreicht«, so Bartmann. Auch Rebecca Zeljar von der vdek-Landesvertretung Berlin/Brandenburg sowie Christina Sabic von der AOK Bayern hatten für die Projekte in ihren Regionen eine positive Bilanz gezogen. Über die wissenschaftliche Evaluation des Modellprojekts im Saarland hatte die PZ bereits im September berichtet.
Dass der Graben zwischen Apothekern und Ärzten beim Impfen nach wie vor existiert, auch wenn die Mediziner sich mit ihrer Abwehr zuletzt zurückgehalten hatten, trat nach Ullmanns Einwurf aber klar zutage. Der Moderator der Runde, ebenfalls ein Mediziner, fragte bei den Kassenvertreterinnen nach, ob die Kassen ähnlich wie bei der Grippeschutzimpfung auch für Dispensierrechte bei Ärzten Modellprojekte in der Pipeline hätten – was allerseits verneint wurde. »Die beiden Themen sollte man nicht vermengen, das Dispensierrecht ist ein weitaus größeres Feld«, sagte Bartmann. Josef Kammermeier, Vize-Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands, ergänzte, das Dispensierrecht »als Gegenreaktion« einzufordern, sei »zu kurz gesprungen«. Sabic von der AOK bemerkte, in einer akuten Notlage wie jetzt in der Pandemie Fragen nach dem Dispensierrecht anzusprechen, besitze »eine gewisse Sprengkraft«. »Wir sollten die Probleme besser sektorenübergreifend und ganzheitlich anpacken«, so Sabic. Gesundheitsökonom Herbert Rebscher pflichtete ihr bei und betonte, angesichts der grassierenden Pandemie »sollte das Berufsrecht nachrangig sein«, es gehe jetzt allein darum, die Impfquote zu erhöhen.
Ullmann lenkte daraufhin ein und betonte, es gehe ihm nicht darum, die Berufsgruppen gegeneinander auszuspielen, denn das sei »das Modell der alten Politik«, so der FDP-Politiker, der im vergangenen September über die bayerische Landesliste erneut in den Bundestag einzog. Es gelte, die Gesundheitspolitik aus der Sicht des Patienten zu betrachten und danach auszurichten, was für diesen das Beste sei. »Ich rufe explizit zur Zusammenarbeit auf«, sagte er. Nur dann sei das Gesundheitssystem für die Zukunft gewappnet.