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Psychologie

Träumen kranke Menschen anders?

Träume umgibt immer ein Zauber. Ihre Bedeutung hat die Wissenschaft jedoch lange unterschätzt. Das war falsch, wie die Psychologin Dr. Brigitte Holzinger im Gespräch mit der PZ betonte. Denn Träume sind fast »wie eine kleine Psychotherapie«.
Jennifer Evans
30.06.2023  12:30 Uhr

Laut der Statistik-Plattform »Statista« schlafen die Deutschen an Wochentagen im Schnitt fünf bis sieben Stunden pro Nacht. Die meisten Menschen bräuchten Untersuchungen zufolge aber eher sieben bis acht Stunden Schlaf, um morgens richtig ausgeruht zu sein. Unabhängig davon, wie viel Nachtruhe wir uns nun tatsächlich gönnen, träumen tun wir immer.

Doch ähneln sich eigentlich die Inhalte unserer Träume – egal, wo auf der Welt wir leben? Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, wertete die britische Website »mornings.co.uk« für einen Schlafratgeber Daten aus 147 Ländern aus. Und zwar anhand von Google-Suchbegriffen. Wer suchte also nach welchen Traummotiven? Dabei kam zutage: Die meisten Menschen träumen offenbar von Schlangen. Besonders häufig sind solche Träume demnach in Osteuropa und Teilen von Asien und Afrika. Dort also, wo öfter giftige Schlangenarten anzutreffen sind.

Die Deutschen suchten im Netz übrigens mit rund 9100 Suchanfragen pro Monat am häufigsten danach, was eine Schwangerschaft im Traum zu bedeuten hat. Zum Vergleich: In Frankreich geht es meist um (Ex-)Beziehungen, in den skandinavischen Ländern um ausgefallene Zähne. Die Nordafrikaner träumen vor allem von der Ehe, die Südafrikaner von Geld. Und während die Pakistani nachts der Tod beschäftigt, sind es im Bhutan die Regenbögen, in Griechenland Hüte, auf Haiti Autos und in Namibia Eichhörnchen. Eine Google-Suche kann dabei natürlich nicht mehr als ein Indiz sein. Denn generell gingen die Menschen im Netz vermutlich eher jenen Traummotiven nach, die ihnen Sorgen bereiten, als solchen, die sie glücklich machten.

Grundlegende Ängste sind universal

Aber Spaß beiseite: Können Traumthemen sich über Kulturen hinweg tatsächlich ähneln? Die Psychologin Dr. Brigitte Holzinger vom Wiener Institut für Bewusstseins- und Traumforschung ist jedenfalls überzeugt davon, wie sie im Gespräch mit der PZ sagte. Zumindest die zugrunde liegende Emotion. Die Bilder in Träumen seien dagegen genährt davon, was ein Mensch am Tag alles wahrgenommen habe. Oder anders: Träumt jemand nachts davon, verfolgt zu werden, ist die grundlegende Angst universal. Wie sich diese Emotion wiederum in konkreten Bildern ausdrückt, wird von den persönlichen Wahrnehmungen des Tages gespeist. Bei dem einen kann in diesem Fall der Verfolger also ein Fremder sein, bei dem anderen ein Tiger. In dem Zusammenhang weist Holzinger drauf hin: »Komplett surreale Träume gibt es praktisch kaum.«

Selbst in unserem rational ausgerichteten Zeitalter umgibt Träume nach wie vor ein Gefühl von Zauber, ihnen wird von Wahrsagekünsten bis hin zu psychotherapeutischen Enthüllungen eine Menge zugeschrieben. Die Wissenschaft ignorierte jedoch lange ihre Bedeutung. »Das war falsch«, wie Holzinger gegenüber der PZ betonte. Etwa mit Blick auf neue Therapieansätze ginge dadurch viel Potenzial verloren. »Träume sind wie Gefühle in bewegten Bildern dargestellt«, sagt sie.

Als die Psychologin im Rahmen eines Projekts das Schlaf- und Traumverhalten von Patienten mit Essstörungen (Anorexie und Bulimie) während eines mehrwöchigen Therapieprogramms untersuchte, war Interessantes zu beobachten. Bei der Analyse der Traumberichte zeigten sich nämlich deutliche Unterschiede zwischen den Angehörigen der beiden Erkrankungsgruppen. Während die Menschen mit Bulimie laut Holzinger »lange, ausführliche Traumberichte in fast epischer Breite inklusive Zeichnungen« verfassten, fielen die Ausführungen jener Personen, die unter Anorexie litten, »deutlich knapper, fast telegrammartig« aus. Holzinger berichtete, dass sich bei den Bulimikern über die Emotion ein Bild meldete, während bei den Anorexikern die Bilder entweder verschlüsselter zeigten oder die Emotionen zu verhärtet schienen.

Traumtagebücher sollten Therapien begleiten

Einen weiteren Beleg für die Bedeutung der Träume im Bereich der Krankheit sieht die Psychologin in einer Gegenüberstellung. Und zwar indem derselbe Traum sowohl von einem Außenstehenden als auch vom Träumenden, in dem Fall von Bulimie-Patientinnen und -Patienten, beurteilt wurde. Während der Außenstehende den Eindruck bekam, der Patient habe einen Albtraum durchlebt, hatte der Betroffene den eigenen Traum selbst in einem Fragebogen als gar nicht so emotional intensiv eingestuft. »Die gewisse Gefühlstaubheit dieser Diagnostikgruppe überlappt in dem Ergebnis«, resümierte Holzinger.

Allein in diesen beispielhaften Ergebnissen sieht sie schon mehr als genug Möglichkeiten für neue Therapieansätze. Gerne würde Holzinger weitere Studien in Angriff nehmen, etwa mit Patienten, die unter Borderline oder Depression leiden. Ihrer Auffassung nach müssten Traumtagebücher grundsätzlich ein fester Bestandteil der Psychotherapie sein. Vor allem dann, wenn es darum geht, einen Patienten nicht nur kurzfristig zu stabilisieren, sondern auch aufdeckend zu arbeiten. Zu Holzingers großem Bedauern kommt das jedoch in der Praxis noch viel zu selten vor. Dabei sei das Befassen mit Träumen »schon fast wie eine kleine Psychotherapie.«

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