Erfahrungen vom Aufbaustudium in Cincinnati |
29.11.1999 00:00 Uhr |
KLINISCHE PHARMAZIE
Das Pharmazeutische Institut von Cincinnati hat in den USA eine weit zurückreichende Tradition: Das College of Pharmacy wurde 1850 gegründet, und 1954 wurde es in die staatliche Universität von Cincinnati aufgenommen. Seit 1967 ist es organisatorisch ein Teil des Medical Centers der Universität. An diesem großen medizinischen Hospital- und Forschungszentrum entwickelte Albert Sabin den nach ihm benannten ersten attenuierten Lebendimpfstoff gegen Polio. Das College of Pharmacy bietet, wie praktisch alle der über siebzig Pharmazeutischen Hochschulinstitute der USA, ein Pharmaziestudium mit pharmakotherapeutisch ausgerichtetem Schwerpunkt an.
Dem deutschen Hochschulabschluss in Pharmazie äquivalent ist das Baccalaureat in Pharmazie (BSc Pharm), das insgesamt fünf Jahre Hochschulstudium erfordert. Die ersten zwei Jahre hiervon werden von dem Pre-Pharmacy-Curriculum eingenommen. Dieses naturwissenschaftlich ausgerichteten Grundstudium absolvieren, das einige Studenten an einem College der Universität von Cincinnati, andere an kleineren Colleges in der Nähe ihres Heimatortes absolvieren. Amerikanische Schüler beenden die High School ein Jahr früher als deutsche Gymnasiasten; daher ist das zweijährige College-Studium etwa mit der Summe aus dem letzten Jahr eines deutschen Gymnasiums und dem ersten Jahr an einer deutschen Universität zu vergleichen.
Wer danach dem College in das eigentliche Pharmaziestudium eintreten will, muss spezielle Kurse an einem von der Universität anerkannten College absolviert haben. Drei Viertel der vorgeschriebenen Kurse vermitteln die naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer für das Pharmaziestudium (Chemie, Biologie, Physik und Mathematik), während ein Viertel für eine Allgemeinbildung in Sprachen, Geistes- und Sozialwissenschaften vorgesehen ist. Der erfolgreiche Abschluss dieser College-Ausbildung berechtigt den Studenten, sich zum Hauptstudium am Pharmazeutischen Institut der Universität zu bewerben. Die Auswahl und Zulassung der Bewerber erfolgt durch die Universität und nicht durch eine bundesweite Zentralbehörde wie in Deutschland.
Nach dem College beginnt das Hauptstudium
Das Hauptstudium der Pharmazie umfasst weitere drei Jahre, die jeweils in drei 11-wöchige Trimester gegliedert sind. Den relativ größten Anteil des Studienplanes (27 Prozent) nehmen medizinisch-pharmakotherapeutischen Unterrichtsveranstaltungen ein, wovon ein Großteil der Pathophysiologie und Pharmakotherapie der Erkrankungen der verschiedenen Organsysteme gewidmet ist. Weitere 20 Prozent des Studienplanes beanspruchen berufspraktisch orientierte Fächer wie juristische und betriebswirtschaftliche Aspekte der Pharmazie, Kommunikationslehre oder Übungen in Arzneimittelberatung. Die Pflichtlehrveranstaltungen der Pharmazeutischen Chemie, Pharmazeutischen Biologie und Pharmazeutischen Technologie machen zusammen 15 Prozent des Studienplanes aus. Weitere 9 Prozent des Studienplanes sind für pharmaziebezogene Wahlfächer vorgesehen, in denenm Rahmen derer der Student nach eigener Wahl seine Kenntnisse in Medizinischer Chemie, Pharmazeutischer Technologie, Pharmakologie, Pharmakotherapie oder Pharmakoökonomie ausbauen kann. 12 Prozent werden von nicht-pharmazeutischen Wahlfächern aus dem Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften eingenommen.
Zusätzlich sind vier einmonatige Praktika vorgeschrieben, die unter Anleitung eines Adjunct Faculty-Mitgliedes des Pharmazeutischen Institutes absolviert werden. Mmindestens je ein Monat ist in einem Hospital und ein weiterer Monat in einer öffentlichen Apotheke abzuleisten; und mindestens eines der Praktikuma findet in einem Umfeld statt, in dem in direktem Patientenkontakt Pharmaceutical Care, Patientenberatung sowie auch Therapeutisches Drug-Monitoring in direktem Patientenkontakt geübt werden können. Anders als die Famulaturen in Deutschlandm deutschen Pharmaziestudium liegen diese Praktika nicht im Grundstudium, sondern im zweiten und dritten Jahr des Hauptstudiums und stehen unter direkter Aufsicht eines mit der Universität verbundenen akademischen Lehrers.
Wie in Deutschland wird die zur Berufsausübung berechtigende Approbation nicht von der Universität, sondern von der Regierung des jeweiligen Bundesstaates verliehen. Hierfür mussß der Kandidat ein erfolgreich absolviertesn Studium sowie 1500 Stunden (etwa 9 Monate) Berufspraxis nachweisen, zusätzlich zu den erwähnten vier Monaten Praktikum während der universitären Ausbildung sind. Zudem ist ein umfangreiches staatliches Examen abzulegen. Die meisten Studenten leisten einen Teil der geforderten Berufspraxis bereits während der Semesterferien ihres Studiums ab und melden sich kurz nach Abschlussß des Universitätsstudiums zu diesem staatlichen Examen an. Eine eigene, zusammenfassende Abschlussprüfung des Universitätsstudiums (vergleichbar dem zweiten Staatsexamen) findet daher nicht statt. Das Studium gilt als bestanden, wenn alle vorgeschriebenen Kurse erfolgreich absolviert wurden. Das Pharmazeutische Institut der Universität Cincinnati ist stolz darauf, dass 95 Prozent seiner Absolventen das pharmazeutische Staatsexamen auf Anhieb bestehen, während die entsprechende Quote für andere pharmazeutische Hochschulinstitute des Bundesstaates Ohio bei etwa 75 Prozent liegt.
Doctor of Pharmacy: Aufbaustudium zum Klinischen Pharmazeuten
Als eines der ersten pharmazeutischen Hochschulinstitute in der östlichen Hälfte der USA hat das Pharmazeutische Institut der Universität von Cincinnati Anfang der siebziger Jahre ein zweijähriges Aufbaustudium eingeführt, in dem Absolventen des oben beschriebenen Baccalaureat-Studiums der Pharmazie ihre klinisch-pharmazeutische Kompetenz weiter ausbauen können. Dier Studenten können den Abschlussß, der mit diesem Aufbaustudiengang erworben wird, ist der Doctor of Pharmacy (PharmD) erwerben. Der offizielle Studienführer dieses Doctor of Pharmacy-Studienganges (2) beschreibt die Ziele dieses Programmes:
"Das sich rasch verändernde Gesundheitssystem verlangt nach Pharmazeuten, die als fachliche Autoritäten in der klinischen Anwendung von Arzneimitteln fungieren können. Der Zweck des Doctor of Pharmacy-Programmes ist es, hochqualifizierte akademische Praktiker auszubilden, die darauf vorbereitet sind, gegenwärtige und zukünftige Rollen innerhalb des pharmazeutischen Berufsfeldes wahrzunehmen. Absolventen des Doctor of Pharmacy-Programmes haben einen höheren Grad an klinischem Wissen und klinischen Fähigkeiten als Absolventen des Baccalaureat-Programmes. Sie sind in der Lage, optimale Arzneimittel-Therapieschemata für individuelle Patienten zu entwickeln und zu empfehlen. Gegenüber dem Baccalaureat-Absolventen beschäftigt sich der Doctor of Pharmacy-Absolvent in erster Linie aktiv damit, die arzneimitteltherapeutischen Bedürfnisse individueller Patienten festzustellen, wissenschaftliche Methodik in der Auswertung der Arzneimittelliteratur anzuwenden und wirksame und sichere Arzneimittel-Therapieschemata zu formulieren."
Derzeit werden in Cincinnati jährlich etwa zwanzig Studenten zum zweijährigen Doctor of Pharmacy-Studium zugelassen, das heißt, etwa ein Drittel der Baccalaureat-Absolventen des Baccalaureat-Studiums diese Höherqualifizierung anstrebt. Diese Zahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Das Aufbaustudium besteht aus einem Jahr theoretischen Unterrichtes, gefolgt von einer einjährigenm Jahr mit überwiegend praktischenr Ausbildung unter direkter Aufsicht versierter Klinischer Pharmazeuten.
Im Zentrum des ersten Jahrestheoretischen Unterrichtes stehen sechs aufeinander aufbauende Kurse in Klinischer Pharmakotherapie für Fortgeschrittene, mit insgesamtzusammengenommen mindestens 450 Stunden. Der Unterricht wird von erfahrenen Klinischen Pharmazeuten abgehalten. Viele von ihnen leisten einen Teil ihrer Arbeitszeit als im Pharmazeutischen Institut ab oder arbeiten klinisch im Universitätshospital und anderen Krankenhäusern. Weitere Unterrrichtsveranstaltungen befassen sich mit der Auswertung klinischer Studien und den hierfür erforderlichen Grundlagen der medizinischen Statistik sowie mit therapeutischem Drug-Monitoring. Der theoretische Unterricht mündet in ein Studienprojekt auf dem Gebiet der Klinischen Pharmazie ein, in dem der Student sein theoretisches Wissen und seine praktische Ausbildung für die Lösung eines gestellten Problemes anzuwendeneinsetzen soll. Beispielsweise kann es sich um ein medizinisches Fallbeispiel handeln, das ein besonders komplexes pharmakotherapeutisches Problem darstellt, oder um eine Studie über die Auswirkungen eines von Pharmazeuten initiierten Programmes im Krankenhaus oder in anderen Institutionen, um eine Post-Marketing-Surveillance-Studie für ein kürzlich zugelassenes Medikament oder um eine Metaanalyse von Therapieschemata für eine spezifische Krankheit.
Im zweiten Jahr des Studiums absolvieren die PharmD-Studenten zehn einmonatige klinische Praktika in verschiedenen Abteilungen des Universitätskrankenhauses oder in anderen Gesundheitseinrichtungen, die mit dem Pharmazeutischen Institut organisatorisch verbunden sind. Sie werden dabei oft von dendenselben akademischen Lehrern betreut, die auch den theoretischen Unterricht gestaltet haben. Eine typische Tätigkeit der Klinischen Pharmazeuten und der PharmD-Praktikanten im Universitätshospital beschreibt Dr. Peter Yurkowski, PharmD und Associate Professor am Pharmazeutischen Institut der Universität Cincinnati (3):
"Jeden Tag vor der morgendlichen ärztlichen Visite prüft der Pharmazeut alle Patientenprofile und arzneimitteltherapeutisch relevanten Daten, einschließlich der ärztlichen und fachärztlichen Eintragungen in den Patientenakten, und formuliert Pläne für die Modifikation des jeweiligen Therapieschemas für den individuellen Patienten. Der Pharmazeut nimmt dann an der ärztlichen Visite teil, bei derwährend derer neu aufgenommene Patienten formell vorgestellt werden. Dies gibt ihmdem Pharmazeuten Gelegenheit, die Therapie neu aufgenommener Patienten zu evaluieren und Änderungen der Arzneimitteltherapie vorzuschlagen. Nach der Visite wird über erden die bereits früher auf die Station aufgenommenen Patienten diskutiert, der Pharmazeut stellt und dieseine Vorschläge des Pharmzeuten für einedie Modifikation der Arzneimitteltherapie werden vor. Ergestellt. Der Pharmazeut übernimmt die volle Verantwortung für die Bereitstellung von Arzneimittelinformationen, für pharmakotherapeutische Vorschläge und für die arzneimittelbezogene Beratung der Patienten bei der Entlassung aus dem Krankenhaus, soweit notwendig. Den ganzen Tag lang, je nach auftretenden Problemen,Während des ganzen Tages hält der Pharmazeut Kontakt mit den Ärzten der Station. Auch am Wochenende werden diese pharmazeutischen Dienstleistungen angeboten, entsprechend dem Dienstplan der Station für die Aufnahme neuer Patienten."
Yurkowski ist für die pharmazeutische Betreuung von vier Stationen des Universitätshospitales verantwortlich. In der Regel ist er auf einer der Stationen selbst tätig; eine weitere Station wird meist von einem der regulären Klinischen Pharmazeuten des Hospitals betreut, und auf den beiden anderen leisten Studenten des PharmD-Doctor of Pharmacy-Kurses ihr Praktikum ab, wobei sie engen Kontakt mit den beiden berufserfahrenen Pharmazeuten halten. Yurkowski beschreibt die Akzeptanz der klinisch-pharmazeutischen Dienstleistungen von Seiten der Ärzte als sehr positiv:
"Vor Jahren mussten wir unsere Rolle im Stationsablauf noch erklären. Das hat sich geändert; wenn ich jetzt einmal eine der Stationen für einen Monat nicht mit einem eigenen Klinischen Pharmazeuten besetzen kann, ruft mich manchmal der betreffende Stationsarzt an und will den Grund wissen, warum ich seiner Station den Pharmazeuten vorenthalte."
Vor kurzem hat Yurkowski hat vor kurzem den Einfluss der Präsenz eines klinischen Pharmazeuten auf Station in einer kontrollierten Studie mit 867 Patienten untersucht (3). Dessen Arbeit des klinischen Pharmazeuten führte zu einer Reduktion derreduzierte die Arzneimittelkosten um 38 Prozent, dieeiner Reduktion der durchschnittlichen Dauer des Krankenhausaufenthaltes um 24 Prozent und dieeiner Reduktion der mittleren Gesamtkosten des Krankenhausaufenthaltes pro Patient um 27 Prozent. Hierin liegt der Grund, dass in dem extrem kostenorientierten Gesundheitsdienst der USA die Stellen für Kklinische Pharmazeuten nicht nur erhalten, sondern sogar ausgebaut werden.
Nach erfolgreich absolviertem Aufbaustudium erhält der Student den Titel eines Doctor of Pharmacy (PharmD). Viele der Studenten und viele ihrer potentiellen Arbeitgeber halten jedoch auch diese klinische Ausbildung noch nicht für ausreichend, um die verantwortungsvollen Aufgaben eines Klinischen Pharmazeuten auf Station kompetent und selbständig auszufüllen zu können. Über achtzig Prozent der Studenten erweitern daher ihre Berufserfahrung noch freiwillig um ein weiteres Jahr durch eine im Rahmen einer sogenannten "Residency" in einem anerkannten Hospital unter Supervision eines erfahrenen Klinischen Pharmazeuten. In diesem Jahr erhält der Kandidat nur die Hälfte des üblichen Berufsgehaltes. Ein Trost dabei: Klinische Pharmazeuten sind in den USA so gefragt, dass selbst die Hälfte des üblichen Pharmazeutengehaltes oft höher ist als das Eingangsgehalt anderer akademischer Berufe.
Wissenschaftliche Qualifizierung im Doctor of Philosophy-Programm
Während der PharmD-Abschlussß für pharmakotherapeutisch ausgerichtete Tätigkeiten im Krankenhaus, in der öffentlichen Apotheke und in der Industrie qualifiziert, erfordern eine Laufbahn in der industriellen pharmazeutischen Forschung oder eine akademische Laufbahn in aller Regel eine Ausbildung in selbständiger wissenschaftlicher Forschungstätigkeit. DieseEine solche Ausbildung bietet der Doctor of Philosophy (PhD), der ähnlich wie der deutsche Dr. rer. nat. insbesondere ein mehrjähriges Forschungsprojekt unter Anleitung eines Hochschulprofessors beinhaltet. Kürzere wissenschaftliche Zusatzausbildungen werden im Rahmen von Master of Science-Studiengängen angeboten. Die Forschungsgebiete der Dissertationen liegen z.B. in den Bereichen Pharmakologie, Medizinische Chemie, Pharmazeutische Technologie, Biosyntheseforschung, Immunologie, Pharmakoepidemiologie, Pharmakoökonomie oder klinische Studien.
Ein besonders aktives Programm betreibt Dr. Adel Sakr, Professor für Industrial Pharmacy (Pharmazeutische Technologie), der insgesamt sieben Jahre seiner wissenschaftlichen Laufbahn in Deutschland verbracht hat und noch immer gute Kontakte dorthin unterhält. In seinem Labor arbeiten viele ausländische Doktoranden und Postdoktoranden, darunter auch Apothekerin Dr. Ilona Weltrowski, promovierte Pharmazeutin aus Braunschweig. Viele der Forschungsgebiete des Pharmazeutischen Institutes sind stärker auf medizinische Fragen als auf analytische oder synthetische Themen ausgerichtet. Dr. Daniel Healy, Associate Professor für Klinische Pharmazie und Spezialist für Infektionskrankheiten am Pharmazeutischen Institut, betreibt ein umfangreiches Drittmittel-finanziertes Grundlagenforschungsprojekt zum Einfluss von Antibiotika auf die Funktion des Immunsystems. Ein klassisches Forschungsgebiet der amerikanischen Klinischen Pharmazeuten sind klinische Studien am Patienten. Aufgrund ihrer guten klinischen Ausbildung dürfen Pharmazeuten in den USA offiziell als "Principal Investigators" (Leiter) von klinischen Studien fungieren, während in Deutschland bisher zwingend vorgeschrieben ist, daß nur ein Arzt Leiter eine klinischen Studie leiten darf.
Struktur des Pharmazeutischen Institutes in Cincinnati
Die Unterschiede der Ausbildungsgänge zwischen den USA und Deutschland wie auch unterschiedliche historische Entwicklungen führen zu Unterschieden in der Struktur der Pharmzeutischen Institute beider Länder. Das Pharmazeutische Institut der Universität von Cincinnati lässt zur Zeit jährlich 75 Baccalaureats- und 20 PharmD-Studenten zu und hat damit eine ähnliche Studentenzahl wie das Pharmazeutische Institut der Universität Tübingen, an dem der Autor dieses Artikels arbeitet. Auch in der Anzahl der Vollzeit-Wissenschaftlerstellen sind beide Institute ist vergleichbar: In Cincinnati sind 28 Wissenschaftler beschäftigt, davon zehn 10 Full Professors, zwölf 12 Associate Professors und sechs 6 Assistant Professors. Dekan und damit verantwortlicher Leiter des gesamten Pharmazeutischen Institutes ist der Pharmakologe und Toxikologe Dr. Daniel Acosta. Derzeit arbeiten hier 36 PhD- und Master-Studenten an diesem Institut. Elf der Doktoranden werden als "Teaching Assistants" aus Institutsmitteln bezahlt, neun aus Drittmittelanträgen; andere finanzieren sich selbst durch Stipendien oder durch berufliche Arbeit neben der Promotion.
Wie an allen überall in den US-amerikanischen Universitäten gibt es nur sehr wenige von der Universität finanzierte Stellen für technische Assistenten. Hingegen sind dem Institut zahlreiche ist eine große Zahl von akademischen Praktikern dem Institut als Adjunct Faculty-Mitglieder angeschlossen. Etwa zwanzig von ihnen20 erhalten einen Teil ihres Gehaltes - meist 25 Prozent, zum Teil auch mehr - aus Mitteln des Pharmazeutischen Institutes und erbringen dafür Lehrleistungen in klinischen und praktisch orientierten Unterrichtsveranstaltungen oder betreuen Studenten während der zum Studium klinischen Praktika. Etwa 75 Prozent ihrer Arbeitszeit arbeiten sie in Lehrkrankenhäusern oder anderen öffentlichen oder privaten Institutionen der Gesundheitsversorgung. Eine noch erheblich größere Zahl praktisch tätiger Apotheker istvon akademischen Praktikern sind dem Pharmazeutischen Institut als unbezahlte Adjunct Faculty-Mitglieder verbunden. Sie übernehmen in der Regel keine theoretischen Lehraufgaben, sondern vor allem die Betreuung von Berufspraktika. Die Universität nimmt nur besonders qualifizierte ApothekerPraktiker als Adjunct Faculty auf, so dass dieser Titel einen Prestigegewinn für die Betreffenden darstellt. Zudem kann ein Adjunct Faculty-Mitglied auch die Ressourcen des Pharmazeutischen Institutes, insbesondere von Bibliotheken und Datenbanken, benutzen.
Klinisch-pharmazeutische Aufgaben im Krankenhaus.....
Das Experiment, Studenten zu klinisch ausgerichteten Pharmazeuten auszubilden, begann in den USA am Pharmazeutischen Institut der University of California in San Francisco, USA. Ende der sechziger Jahre ersetzte dieses Institut den früheren, mehr chemisch ausgerichteten Baccalaureat-Studiengang durch einen längeren, klinisch ausgerichteten Doctor of Pharmacy-Studiengang (PharmD). Der in den USA inzwischen weithin gebräuchliche Titel PharmD wurde in Anlehnung an den Medical Doctor (MD) gewählt, den die amerikanischen Medizinstudenten mit ihrem ärztlichen Staatsexamen erwerben (eine Dissertation ist für den Titel des MD nicht erforderlich). Viele andere Universitäten, darunter Cincinnati, behielten das Baccalaureat als ersten Abschlussß für Pharmazeuten bei, boten aber zumeist den PharmD als Aufbaustudium an.
In den letzten drei Jahrzehnten warhat sich die Ausbildung zum PharmD als so erfolgreich erwiesen, dass nach und nach fast alle pharmazeutischen Hochschulinstitute e in den USA dem Beispiel von San Francisco gefolgt sind und den Baccalaureat-Studiengang vollständig abgeschafft haben. Auch an der Universität von Cincinnati werden ab Herbst 2000 alle Studenten, die nach dem zweijährigen Collegestudium ihre Ausbildung am Pharmazeutischen Institut aufnehmen, das Studium mit dem PharmD abschließen. Hierzu werden die Lehrpläne des Baccalaureat-Studiums und des bisherigen PharmD-Aufbaustudiums zu einem nunmehr vierjährigen Hauptstudium am Pharmazeutischen Institut zusammengefasst. Damit werden die Kurse in Klinischer Pharmakotherapie für Fortgeschrittene und die zehn einmonatigen klinischen Praktika, die sich im bisherigen PharmD-Aufbaustudium bewährt haben, zum Pflichtprogramm. Das Pharmaziestudium umfasst dann insgesamt sechs Jahre: zwei Jahre College und vier Jahre Hauptstudium am Pharmazeutischen Institut.
Professor. Dr. Kenneth A. Skau, früher Chairmain der Division of Pharmaceutical Sciences und heute Vorsitzender des Ausschusses für die Entwicklung des neuen, vierjährigen Hauptstudiums zum PharmD am Pharmazeutischen Institut in Cincinnati, erklärt (4):
"Unsere Änderung des Curriculums wird durch die geänderten Anerkennungsrichtlinien des American Council of Pharmaceutical Education diktiert. Aber diese geänderten Richtlinien werden ihrerseits durch die Veränderungen in der pharmazeutischen Berufspraxis hervorgerufen.... Und diese Berufspraxis konzentriert sich ist zunehmend auf die Behandlung von Krankheiten orientiert... Die American Medical Association hat diese Veränderung in der Rolle des Pharmazeuten sehr unterstützt."
Die Berufsorganisation der amerikanischen Ärzte, die American Medical Association, Berufsorganisation der amerikanischen Ärzte, hat ihre Unterstützung für eine stärkere klinische Rolle des Pharmazeuten kürzlich klar dokumentiert. In ihrer offiziellen Fachzeitschrift, dem angesehenen Journal of the American Medical Association, wurde im Juli dieses Jahres eine kontrollierte Studie über die positiven Auswirkungen der Arbeit eines Klinischen Pharmazeuten auf der Intensivstation eines Krankenhauses publiziert (5). Dessen Mitwirkung des Klinischen Pharmazeuten reduzierte die vermeidbaren unerwünschten Arzneimittelwirkungen um 66 Prozent, während in der Kontrollgruppe ohne Klinischen Pharmazeuten im gleichen Zeitraum ein Anstieg um 14 Prozent beobachtet wurde. Nahezu alle pharmakotherapeutischen Vorschläge des Apothekers wurden nahezu alle von den behandelnden Ärzten angenommen und umgesetzt. Wenn diese Veröffentlichung auch nur eine von vielen ist (z.B. 6, 7) und methodisch keineswegs die beste ist, so hat sie kommt ihr doch besondere politische Bedeutung zu. Immerhin wurde sie von einer angesehenen medizinischen Arbeitsgruppe der Harvard Universität in Boston verfasst und von der American Medical Association in ihrer wichtigsten Fachzeitschrift veröffentlicht. Entsprechend viel positive Resonanz für die amerikanische Pharmazie hat diese Studie in den letzten Monaten in der Tagespresse und in den Medien Nordamerikas ausgelöst.
Mittlerweile ist das Berufsfeld des Klinischen Pharmazeuten in allen größeren Krankenhäusern des Landes, insbesondere in allen Lehrkrankenhäusern, fest etabliert. Es ist vor allem deshalb gesichert, weil immer wieder gezeigt werden konnte, dass die Arbeit des Apothekers die Gesamtkosten des Krankenhauses senkt, sowohl durch eine Reduktion der Arzneimittelkosten als auch durch eine Optimierung der Arzneimitteltherapie und eine Reduktion des Auftretens von unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Gerade diesem Aspekt der Bedeutung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist in den USA in den letzten Jahren intensive Aufmerksamkeit gewidmet worden (8-11).
..... und in der ambulanten Versorgung
Zunehmend sind Klinische Pharmazeuten auch in der ambulanten Patientenversorgung tätig, die nicht zuletzt aus Kostengründen in den USA einen erheblichen Teil der Krankenhausarbeit ausmacht. Susanne Sutherland, PharmD, arbeitet zusammen mit mehreren Apothekerinnen (alle mit PharmD-Abschlussß) in der Ambulanz des Veteran Affairs-Hospitales von Cincinnati. Ihre Aufgabe ist die Beratung von Ärzten und vor allem von Patienten in Fragen der Pharmakotherapie. "Die Rolle der Klinischen Pharmazeuten in den ambulanten Abteilungen der Krankenhäuser expandiert in den letzten Jahren sehr stark", erklärt sie.
Die zahlreichen Veteran Affairs-Hospitäler der USA sind für die medizinische Versorgung ehemaliger Militärangehöriger und ihrer Familien zuständig und unterstehen einer amerikanischen Bundesbehörde. Hinsichtlich der Entwicklung der Rolle des Klinischen Pharmazeuten in der Ambulanz haben diese Hospitäler eine Führungsrolle eingenommen. Bestimmte pharmakotherapeutische Aufgaben wie die Überwachung und Dosisoptimierung von Diabetes- und Bluthochdrucktherapie werden in den Veteran Affairs-Hospitälern, nach einer anfänglichen ärztlichen Konsultation des Patienten, vollständig an die Klinischen Pharmazeuten delegiert.
Die Umsetzung von Pharmaceutical Care-Konzeptes in der öffentlichen Apotheke steht auch in den USA noch in den Anfängen und ist nur in einem Teil der Apotheken realisiert. PharmD Kristina Capo, PharmD, arbeitet bei einer der großen Apothekenketten, die fünfzig Prozent der öffentlichen Apotheken stellen, und sie ist gleichzeitig Mitglied des akademischen Personals des Pharmazeutischen Institutes von Cincinnati. Sie entwickelt Strategien für die Einführung von Pharmaceutical Care-Konzepten. In Absprachemachungen mit Ärzten der Umgebung werden auch hier bestimmte pharmakotherapeutische Aufgaben wie Dosisanpassungen an die Apotheker delegiert. Zudem bietet die Apotheke verschiedene Beratungen und Gesundheitserziehungsprogramme für die Patienten an.
Die Frage der Bezahlung dieser pharmazeutischen Dienstleistungen ist auch in den USA noch nicht landesweit geklärt. Zum Teil bezahlen die Patienten diese Leistungen diese freiwillig aus eigener Tasche. Jedoch ist im US-Bundesstaat Wisconsin, der in diesem Bereich eine Vorreiterrolle inne hat, ist bereits eine Kostenübernahme durch die Versicherungsträger möglich. In Diskussionen mit amerikanischen Apothekern wird deutlich, dass diese das deutsche System von Festpreisen für Arzneimittel und den individuellen Apothekenbesitz als außerordentlich günstig für die Einführntwicklung von Pharmaceutical Care-Konzepten ansehen, da es einen Wettbewerb auf der Basis der Dienstleistungsqualität anstelle eines Wettbewerbes mit Hilfe von Niedrigpreisen ermöglicht.
Gute Berufsaussichten
Die Orientierung des pharmazeutischen Hochschulstudiums in Richtung auf eine klinische Rolle des Apothekers, die vor dreißig Jahren in den USA unter erheblichen Zweifeln und Kritiken begann, ist erfolgreich verlaufen, sowohl in der Form eines Aufbaustudiums zum PharmD im Anschluss an das traditionelle Baccalaureat in Pharmazie, wie auch in Form eines erweiterten Hauptstudiums, das direkt zum PharmD führt. Die Berufsaussichten für Pharmazeuten in den USA sind außerordentlich gut, und die Eingangsgehälter sind deutlich höher als in anderen akademischen Berufen. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission,die PEW-Kommission, hatte noch Anfang dieses Jahrzehnts vorhergesagt, dass der Bedarf an Pharmazeuten aufgrund der zunehmenden Computerisierung und Mechanisierung ihrer Aufgaben inder Arzneimittelverteilung zurückgehen würde und ein erheblicher Teil der Pharmazeutischen Hochschulinstitute in den nächsten Jahren geschlossen werden müsste. Das Gegenteil ist eingetreten. So wächst aufgrund der zunehmenden Tätigkeit von Apothekern im klinischen Bereich die Gesamtzahl der offenen Stellen, und in den letzten Jahren konnten fünf zusätzliche Pharmazeutische Hochschulinstitute in den USA gegründet werden, wodurch die Gesamtzahl auf 77 Institute stieg.
Für die kommenden Jahren dürfte die Nachfrage nach ausgebildeten Pharmazeuten in den USA noch weiter zunehmen. Professor. Dr. William Cacini, Chairman der Division of Pharmaceutical Sciences des Pharmazeutischen Institutes der Universität Cincinnati, sieht die Hinwendung des pharmazeutischen Hochschulstudiums zu klinischen Aufgaben des Apothekers als eine sinnvolle Entwicklung:
"Es ist heute ganz klar, dass im Gesundheitsdienst Milliarden von Dollar eingespart werden können, wenn klinisch geschulte Pharmazeuten sich für die optimale Anwendung von Arzneimitteln einsetzen."
Der Ausbau der klinischen Rolle des Apothekers hat sich in den USA und, wie auch in anderen angelsächsischen Ländern, medizinisch und ökonomisch bewährt. Jedoch hat diese Entwicklung eine ganze Generation in Anspruch genommen, und die Ausbildung von kompetenten Klinischen Pharmazeuten hat außerordentliche Anstrengungen von Hochschulinstituten, Berufspraktikern und Studenten erfordert. In Deutschland ist sorgfältig abzuwägen, welche der Erfahrungen aus den USA und anderer angelsächsischer Ländern auch hierzulande genutzt werden können.
Literatur:
(1) University of Cincinnati, College of Pharmacy, (1998) Bulletin 1998. 1998-1999.
(2) University of Cincinnati, College of Pharmacy,(1998) Doctor of Pharmacy Program Guide 1998. 1998-1999.
(3) W. C. Boyko, W. C., et al.,P. J. Yurkowski, M.F. Ivey, J. A. Armistead, B.L. Roberts (1997) Pharmacist influence on economic and morbidity outcomes in a tertiary care teaching hospital. Am. J. Health-Syst. Pharm. 54 (1997): 1591-1595.
(4) Educating new health care professionals: Pharmacy. University of Cincinnati Medical Center Findings., April 1999,: 3.
(5) L.L. Leape, L. L., et al., D.J. Cullen, M. Dempsey Clapp, E. Burdick, H.J. Demonaco, J. Ives Erickson, D.W. Bates (1999)Pharmacist participation on physician rounds and adverse drug events in the intensive care unit. J. Am. Med. Assoc. 282, Nr. 3 (1999)(3): 267-270.
(6) M. Montazeri, M., D.J. Cook, D. J., (1994) Impact of a clinical pharmacist in a multidisciplinary intensive care unit. Critical Care Medicine 22 (1994): 1044-1048.
(7) H.L. Folli, H. L., R.L. Poole, W.E. Benitz, J.C. Russo (1987)Medication error prevention by clinical pharmacists in two children´s hospitals. Pediatrics 79 (1987): 718-722.
(8) D.C. Classen, D. C., et al.,S.L. Pestonik, R.S. Evans, J.F. Lloyd, J.P. Burke (1997) Adverse drug events in hospitalized patients. Excess lengths of stay, extra costs and attributable mortality. J. Am. Med. Assoc. 277 (1997): 301-306.
(9) D.W. BBates, D. W., et al.,N. Spell, D.J. Cullen, E. Burdick, N. Laird, L.A. Petersen, S.D. Small, B.J.Sweitzer, L.L. Leape (1997) The cost of adverse drug events in hospitalized patients. J. Am. Med. Assoc. 277 (1997): 307-311.
(10) T.S. Lesar, T. S., L. Briceland, L., D.S. Stein, D. S., (1997)Factors related to errrors in medical prescribing. J. Am. Med. Assoc. 277 (1997): 312-317.
(11) L.L. Leape, L. L., et al., T.A. Brennan, N. Laird, A.G. Lawthers, A.R. Localio, B.A. Barnes, L. Hebert, J.P. Newhouse, P.C. Weiler, H. Hiatt (1991)The nature of adverse events in hospitalized patients. N. Eng. J. Med. 324 (1991): 377-384.
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. Lutz Heide
Pharmazeutisches Institut der
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