Babynahrung: von Anfang an ein ausgewogenerSpeiseplan |
12.01.1998 00:00 Uhr |
Titel
In den ersten vier Monaten erhält der Säugling mit der Muttermilch oder einer
industriell hergestellten Säuglingsmilchnahrung alle Nährstoffe, die er braucht. Im
Beratungsgespräch sollten Sie deshalb darauf hinweisen, daß alle anderen
Lebensmittel überflüssig sind. Beginnt die Mutter zu früh mit Säften und Breien, kann
das bei manchen Säuglingen Allergien auslösen. Außerdem ist die Gefahr einer
Kohlenhydrat-Mast und Eiweiß-Verarmung gegeben.
Vorbild Muttermilch
Muttermilch ist die beste Lebensversicherung für ein Neugeborenes. Sie stellt ein
derart ausgeklügeltes System dar, daß es bis heute nicht gelungen ist, sie zu
kopieren. Essentielle Aufgabe in der Ernährungsberatung ist deshalb, die Mutter auf
dezente Art und Weise zum Stillen anzuhalten. Die neueste Empfehlung (1996) der
Nationalen Stillkommission der Bundesrepublik Deutschland geht darüber hinaus:
Sie "empfiehlt den Müttern, ihre Kinder bis zum Übergang auf die Löffelnahrung
(also vier bis sechs Monate lang) voll zu stillen, und sieht auch kein gesundheitliches
Risiko für den Säugling, wenn danach - zusätzlich zur Beikost und
Kleinkindernahrung - noch weiter gestillt wird".
Industriell hergestellte Säuglings-Flaschennahrung
Stillen um jeden Preis soll aber nicht der Maßstab sein. Kann oder will die Mutter
nicht stillen, füttert sie ihr Kind mit einer industriell hergestellten
Säuglings-Flaschennahrung. Die derzeit gültige Richtlinie der Europäischen Union
(EU) verwendet den Oberbegriff "Säuglingsanfangsnahrung" für Produkte, die
während der ersten vier bis sechs Monate bestimmt sind. Dieser Oberbegriff gliedert
sich in mehrere Typen Flaschennahrung:
Säuglingsmilchnahrung: Diese Produkte sind für die Ernährung des Säuglings
während der ersten vier bis sechs Monate bestimmt. Sie sind so zusammengesetzt,
daß das Kind keinerlei weitere Ergänzungsnahrung braucht. Der Proteinanteil wird
vollständig aus Kuhmilch gewonnen. Das sind die üblichen Produkte. Sie sind für
alle gesunden Säuglinge geeignet.
Säuglingsanfangsnahrung: Enthalten sie Sojaprotein (beziehungsweise eine
Mischung aus Kuhmilch- und Sojaprotein), schreibt die EU-Richtlinie die
Bezeichnung Säuglingsanfangsnahrung vor. Sie eignen sich für Kinder mit einer
Lactose-Intoleranz und Galaktosämie. Achtung: Sojaprotein ist ebenso wie
Kuhmilchprotein ein starkes potentielles Allergen, so daß diese Nahrung nicht zur
allgemeinen Allergieprävention eingesetzt werden darf. Das weniger wertvolle
pflanzliche Protein kann die Milchkomponente auch nicht vollständig ersetzen.
Außerdem müssen Eisen und Calcium substituiert werden (zum Beispiel: Humana
SL, Milupa SOM).
Folgemilch: Diese Lebensmittel sind für die Ernährung des Säuglings über vier
Monate bestimmt. Sie dürfen nicht im früheren Säuglingsalter gefüttert werden. Der
Proteinanteil stammt vollständig aus Kuhmilch.
Folgenahrung: Enthalten sie Sojaprotein beziehungsweise eine Mischung aus
Kuhmilch- und Sojaprotein, werden sie als Folgenahrung bezeichnet.
Die Säuglingsmilchnahrungen der deutschen Hersteller lassen sich nach der
Zusammensetzung des Kohlenhydratanteils in zwei Gruppen einteilen.
Säuglingsmilchnahrungen mit der Silbe "Pre" enthalten wie Muttermilch als
einziges Kohlenhydrat Lactose. "Pre"-Nahrungen sind ähnlich dünnflüssig wie
Muttermilch und sättigen nicht so anhaltend wie stärkehaltige Milch.
"Pre"-Nahrungen sollen wie Muttermilch nach Bedarf des Kindes gefüttert werden.
Deshalb können pro Tag sechs Mahlzeiten notwendig sein.
Säuglingsmilchnahrungen mit der Ziffer "l" enthalten neben Lactose einen
zweiprozentigen Stärkeanteil. Das macht die Milch sämiger und dadurch den
hungrigen Säugling länger satt. Die Mutter kann so ihr Kind an einen vierstündigen
Mahlzeitenrhythmus tagsüber und eine nächtliche Essenspause von acht Stunden
gewöhnen. Das empfinden viele Eltern als sehr angenehm. Ernährungsphysiologisch
gesehen, sollte man aber lieber häufiger füttern, weil dadurch der Blutzuckerspiegel
konstant bleibt.
Folgemilchprodukte tragen die Ziffer "2" nach dem Produktnamen. Sie entsprechen
in ihrer Zusammensetzung weniger der Muttermilch als die Säuglingsmilchnahrung.
Sie ähnelt eher einer Vollmilch und eignet sich daher nicht für die Ernährung in den
ersten vier Monaten. Folgemilchprodukte zeigen große Unterschiede in der
Zusammensetzung.
Während des gesamten ersten Lebensjahres braucht die Mutter die
Säuglingsmilchnahrung nicht zu wechseln. Die einmal gewählte "Pre"- oder
"1"-Nahrung kann als Flaschennahrung beibehalten werden, bis der Säugling gegen
Ende des ersten Lebensjahres Vollmilch aus der Tasse trinken kann. Eine
Umstellung der "1"-Nahrung auf Folgemilch ab dem 5. Monat ist möglich, aber nicht
erforderlich. Ab dem 5. Monat kann man den Säugling ohne weiteres mit "Pre"-
oder "1"-Nahrung und Beikost ernähren. Möchte die Mutter dennoch von einer
"1"-Nahrung auf eine Folgemilch umsteigen, raten Sie ihr, Erzeugnisse desselben
Herstellers zu verwenden. Am Tag des Wechsels beide Nahrungen mischen, indem
man von der täglichen ersten zur fünften Flasche voranschreitend den Anteil der
Folgenahrung ständig erhöht.
Nach vier bis fünf Monaten reichen Muttermilch und Säuglingsmilchnahrung nicht
mehr aus, den allmählich steigenden Bedarf des Kindes an Energie, Vitaminen
(hauptsächlich Vitamin A und C), Mineralstoffen (Eisen und Calcium) und
Spurenelementen zu decken. Es ist Zeit, den Säugling mit Zusatznahrung zu füttern:
die sogenannte Beikost.
5. Monat: Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei
Gleich einem Baukastensystem beginnt man im fünften Monat, eine Milchmahlzeit
durch eine Breinahrung zu ersetzen. Egal ob selbst zubereitet oder gekauft, am
Anfang steht Karottenmus. Man beginnt damit, indem man vor einer der fünf
Flaschenmahlzeiten ein Drittel Glas Karottenmus mit dem Löffel gibt. Nach und nach
kann dann die Mutter die Menge erhöhen, bis eine Milchmahlzeit durch
Karottenmus ersetzt ist. Nach und nach kommen Gläschenkost mit
Gemüse-Kartoffel-Brei auf den Speisezettel. Dieser fleischfreie
Gemüse-Kartoffel-Brei wird langsam steigernd bis zu sechsmal in der Woche durch
ein fleischhaltiges sogenanntes "Baby-Menü" abgelöst (etwa 190 Gramm pro
Mahlzeit). Etwa ab dem achten Monat, wenn die Menge des Baby-Menüs nicht
mehr ausreicht und das Kind auch weniger feinpürierte Kost verträgt, können
sogenannte Junior-Menüs (etwa 220 Gramm pro Mahlzeit) gefüttert werden.
6. Monat: Vollmilch-Getreide-Brei
Im sechsten Monat wird eine weitere Milchmahlzeit durch einen
Vollmilch-Getreide-Brei (etwa 200 bis 250 Gramm) ersetzt. Raten Sie der Mutter,
mit einigen Löffeln vor dem Abendfläschchen zu beginnen und dann die Menge bis
zu einer kompletten Breimahlzeit zu steigern. Gibt die Mutter den sättigenden
Vollmilch-Getreide-Brei am Abend, so stellt sich das Kind leichter von fünf auf vier
Mahlzeiten pro Tag um.
7. Monat: Getreide-Obst-Brei
Im siebten Monat wird die dritte Milchmahlzeit durch einen milchfreien
Getreide-Obst-Brei (etwa 200 bis 250 Gramm) ersetzt. Auch hier der Mutter raten,
aus der großen Palette, den verzehrfertigen Gläschen-Mahlzeiten diejeinigen
auszuwählen, die möglichst einfach zusammengesetzt sind.
Ab dem 10. Monat: Einführung von Familienkost
Sobald die ersten Zähne durchgebrochen sind, kann die Mutter den Speiseplan mit
grob gehackten Kleinkindermenüs variieren. Auch wenn das Kind erst spät Zähne
bekommt, kann es neue Lebensmittel kennenlernen, indem es diese im Mund
zerdrückt. Die Speisen sollten wenig gewürzt werden.
Die vier gleich großen Milch- und Breimahlzeiten während dem fünften und neunten
Monats gehen nun in die drei Haupt- und zwei Zwischenmahlzeiten der Familienkost
über. Statt des morgendlichen Stillens oder des Milchfläschchens bekommt das
Kind jetzt Vollmilch (3,5% Fett, pasteurisiert oder H-Milch) aus der Tasse. Dazu
soll es lernen, Brot zu essen. Der Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei wird nicht mehr
püriert, sondern zerdrückt. Der Vollmilch-Getreide-Brei wird durch ein Abendessen
ersetzt, das aus Brot, Milch und Obst besteht.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Oberursel
© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de