Tigermücke kann sich auch im Winter in Europa vermehren |
In Italien wurde die Art bereits in allen Regionen nachgewiesen. Um die künftige Verbreitung abzuschätzen, untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Irene Del Lesto vom Istituto Zooprofilattico Sperimentale del Lazio e Toscana (IZSLT) in Grosseto nun die Fähigkeit der Mücken, auch im Winter zu brüten. Zudem führten sie Computersimulationen bis zum Jahr 2080 durch, um auf die Entwicklung abhängig von den prognostizierten Witterungsbedingungen zu schließen.
Das Team hängte in der mittelitalienischen Region Latium, in der auch die Hauptstadt Rom liegt, Eierfallen aus. Im Winter (jeweils Anfang Dezember bis Ende Februar) wurden von 2018 bis 2022 die insgesamt 469 Fallen alle 14 Tage auf Eier untersucht. An 38 Stellen wurden insgesamt 87 Eiablagen mit 1113 Eiern gefunden. Die Wissenschaftler glichen die Zeiten der Eiablage mit den durchschnittlichen Minimaltemperaturen in den Wochen zuvor ab. Die Schwelle für eine sporadische Eiablage liegt demnach bei etwa vier Grad. Ganzjähriges Brüten erlaubt früheren Studien zufolge eine Minimaltemperatur von etwa zehn Grad im Januar.
Die weitere Temperaturentwicklung im Mittelmeerraum wurde mit Klimamodellen simuliert. Für den Zeitraum bis 2080 sind demnach schon bei geringer Erderwärmung Minimaltemperaturen von acht bis zehn Grad im Januar an zahlreichen Küstenabschnitten in Südeuropa, vor allem in Portugal, Spanien, Italien und Griechenland, zu erwarten. In einigen Regionen seien auch mehr als zehn Grad möglich und die Tigermücke könne ganzjährig brüten. Bei einer stärkeren Erwärmung wäre die Minimaltemperatur von zehn Grad an den Küsten Südeuropas sogar weit verbreitet, so die Forscher.
Auch in Deutschland ist mit einer weiteren Ausbreitung exotischer Mückenarten zu rechnen. Bundesweit wurden nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) seit 2007 fünf neue Stechmücken-Arten nachgewiesen, die sich hierzulande angesiedelt haben.
Exotische Mücken sind in Deutschland seit einigen Jahren aber nicht die einzigen potenziellen Überträger gefährlicher Krankheiten: Vor drei Jahren erfasste das Robert Koch-Institut (RKI) erstmals Infektionen mit dem ursprünglich aus Afrika stammenden West-Nil-Virus bei erkrankten Menschen in Deutschland, die auf eine Übertragung durch heimische Mücken zurückgingen. Im Jahr 2020 wurde erstmals ein Todesfall registriert. Weil das West-Nil-Virus in Stechmücken in Deutschland überwintern kann, rechnen Experten mit zunehmenden Fallzahlen bis hin zu größeren saisonalen Erkrankungswellen. In süd- und südosteuropäischen Ländern gibt es schon seit Jahren solche Ausbrüche.