Tiere täuschen uns mit ihrem Pokerface |
Jennifer Evans |
01.07.2022 18:00 Uhr |
Das Lesen der tierischen Gefühle kann jedoch im Alltag schwerfallen. Denn häufig verstecken Tiere die Tatsache, dass sie beunruhigt sind. Verraten tut sie dann nur die Veränderung ihres Herzschlags. Amerikanische Schwarzbären lassen sich Wascher zufolge augenscheinlich nicht durch Drohnen in ihrer Nähe beeindrucken. Kreisten die Flugobjekte allerdings direkt über den Bären, schlug ihr sofort Herz schneller.
Die Herzfrequenz hat sich folglich als ein ziemlich zuverlässiger Indikator für das Stresslevel eines Tieres herauskristallisiert. Diese Information allein kann zwar schon das Zusammenleben von Mensch und Tier verbessern. Allerdings lässt sie immer noch keine Rückschlüsse darüber zu, ob die Tiere einen beschleunigten Herzschlag als positiv oder negativ empfinden. Die Annahme, dass ein Kampf als negativ beziehungsweise das Balzen als positiv wahrgenommen werde, bleibe nur eine menschliche Interpretation, warnt Wascher. Weitere Forschungen in diesem Bereich sind ihrer Auffassung nach noch nötig.
Begreifen Menschen nicht nur mehr über tierische Emotionen, sondern steigen auch hinter deren Kommunikation, ließen sich womöglich die Malaria-Ansteckungsraten senken. Das meinte vor Kurzem jedenfalls ein Team von Biophysikern vom University College London. Eine erfolgreiche Verpaarung der männlichen Malaria-Mücke hängt nämlich stark davon ab, ob sie das Weibchen im Flug hören kann. Ermittele man die genaue Frequenz und störe diese Töne dann, lasse sich die Fortpflanzung einbremsen, schreiben die Forscher auf der Wissenschaftsplattform »The Conversation«. Ihrer Ansicht nach ist es nötig, die weltweite Stechmücken-Population zu senken, weil inzwischen immer mehr Infektionen auf die Insekten zurückzuführen sind.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mücke sich mit diesem Täuschungsmanöver aufs Glatteis führen lässt, erscheint ihnen hoch. Doch wie reagiert eigentlich ein Tier auf Taschenspielertricks, die nicht direkt in sein natürliches Verhalten eingreifen? Der Wissenschaftler Elias Garcia-Pelegrin, der an der Universität Cambridge im Bereich Evolutionspsychologie forscht, hat das ausprobiert. Und zwar an sechs Eichelhähern.
Dabei hat sich gezeigt: In einigen Fällen lassen sie sich veräppeln, in anderen nicht. Kein Wunder, die Rabenvögel greifen ebenfalls gern in die Trickkiste. Wenn sie Futter vor anderen Tieren verstecken wollen, nutzen sie komplexe und sehr ausgeklügelte Taktiken. Selbst einem guten Beobachter falle es meist schwer, das tatsächliche Versteck zu identifizieren, so Garcia-Pelegrin.
Nicht zum Narren halten ließen sich die Eichelhäher – im Gegensatz zur menschlichen Gruppe des Experiments – allerdings, wenn ein Magier ihnen vorgibt, Objekte zwischen seinen Händen zu verschieben, die Hände aber dann leer sind. Garcia-Pelegrin begründet diese Beobachtung damit, dass die Handbewegung noch keine Erwartung bei den Vögeln weckt. Zielt ein Trick hingegen auf ihr visuelles System ab, schwächeln auch die Vögel. Gemeint sind Kniffe, mit denen sich Zauberkünstler auch bei Menschen blinde Flecken in Aufmerksamkeit und Wahrnehmung zunutze machen. Der Wissenschaftler vermutet, dass bei den Vögeln ähnliche Mechanismen ablaufen.