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Künstliche Intelligenz
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Therapeutische Antikörper made by KI

Künstliche Intelligenz (KI) könnte das Design therapeutischer Antikörper deutlich effizienter gestalten – weg von der empirischen Suche in Substanzbibliotheken hin zu einer zielgerichteten Ingenieursdisziplin. Forschende trainieren entsprechende Modelle bereits auf die De-novo-Entwicklung.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 30.12.2025  13:00 Uhr
Therapeutische Antikörper made by KI

Es überrascht immer wieder, wozu künstliche Intelligenz (KI) in der Lage ist, wenn man sie mit für sie lösbaren Aufgaben und Problemen konfrontiert. In einem »News«-Beitrag im Fachjournal »Nature« beschreibt der Wissenschaftsjournalist Ewen Callaway die Entwicklung mit Blick auf KI-designte therapeutische Antikörper.

Demnach wurden 2023 erstmals vollständig KI-designte Antikörper vorgestellt. Dies galt zunächst aber lediglich als Machbarkeitsnachweis, denn die Moleküle erwiesen sich als suboptimal hinsichtlich Spezifität und Bindungsstärke. Neue Modellgenerationen deuten nun eine beschleunigte Entwicklung von KI-generierten Antikörpern an, die den Anforderungen eines klinischen Einsatzes gerecht werden könnten. Zu den Neuentwicklungen zählen auch verbesserte Versionen der Datenbank »AlphaFold«, die freien Zugang zu mehr als 200 Millionen vohergesagten Proteinstrukturen bietet.

Ein Beispiel ist das Modell »BoltzGen«, das sogenannte Nanobodies designen kann. Hierbei handelt es sich um einkettige Antikörper von Kamelen, Alpakas und Haien. In experimentellen Validierungen genügte oft die Expression einer kleinen Zahl rechnerisch priorisierter Kandidaten, um hochaffine Binder gegen Zielproteine aus Onkologie, Virologie und Bakteriologie zu identifizieren. Dies wäre eine signifikante Verbesserung im Vergleich zur klassischen Antikörperentwicklung, die meist auf großskaligen Screeningansätzen beruht, bei denen geeignete Kandidaten aus riesigen Bibliotheken identifiziert werden.

Ähnliche Erfolge wurden von weiteren akademischen Konsortien berichtet, unter anderem durch Open-Source-Ansätze, die die Einstiegshürden für kleinere Forschungseinheiten und Start-up-Unternehmen senken.

KI-Design wird zunehmend präziser

Entscheidend für diese Fortschritte ist die zunehmende Präzision des KI-gestützten Antikörperdesigns. Selbst kommerzielle Akteure generieren daher mittlerweile nicht nur Nanobodies, sondern auch vollständige IgG-Antikörper mit wirkstoffähnlichen Eigenschaften mittels KI. Es wird darüber berichtet, dass die Bindungsaffinitäten und Selektivitätsprofile mit denen etablierter Antikörperpräparate vergleichbar seien. Auch die biophysikalischen Eigenschaften sowie Expressionsausbeuten im Rahmen des Herstellungsprozesses entsprächen denen zugelassener Antikörper.

Hervorgehoben wird zudem die erfolgreiche Adressierung bislang schwer zugänglicher Zielstrukturen, darunter beispielsweise G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, die traditionell als problematisch für Antikörpertherapien gelten.

Solange die entsprechenden Daten nicht publiziert sind, bleibt zwar noch eine gewisse Skepsis bestehen, doch der Übergang zur klinischen Anwendung rückt näher. In ersten klinischen Studien werden bereits KI-optimierte, aber nicht vollständig neu entworfene Antikörper geprüft. Fachleute erwarten, dass rein KI-designte Moleküle in den kommenden Jahren folgen könnten.

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