Systemtherapie ersetzt keine Basispflege |
Brigitte M. Gensthaler |
26.11.2024 09:14 Uhr |
Ausgiebig heiß duschen, kann gerade im Winter sehr angenehm sein. Für die Haut ist es strapaziös und bei atopischer Dermatitis kontraproduktiv. / © Getty Images/sementsova321
»Eine topische Basispflege gehört immer dazu«, betonte Professor Dr. Claudia Pföhler vom Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar, am vergangenen Wochenende beim Heidelberger Herbstkongress. Zur Basispflege bei atopischer Dermatitis (Neurodermitis) seien Präparate mit Harnstoff, Glycerin oder Ceramiden geeignet. In der Beratung sei zu beachten, dass immer mehr Menschen auf nachhaltige, »natürliche« und vegane Produkte Wert legen.
Die Dermatologin empfahl, die Duschgewohnheiten zu erfragen. Einmal täglich zu duschen, sei heute Standard; bei Pollenallergie sollte man abends Haut und Haare waschen. Aber viele Menschen und gerade Teenager würden zu viel, zu lange, zu heiß – um den quälenden Juckreiz zu überlagern – und mit ungeeigneten Präparaten duschen. »Was man rausgeduscht hat, kann man nicht mehr reincremen.« Geeignet seien rückfettende Produkte wie Duschcreme oder -öl oder spreitende Bäder.
Wenn die Lokaltherapie mit Corticosteroiden, zum Beispiel mit Prednicarbat oder Mometasonfuroat, oder Calcineurin-Inhibitoren wie Tacrolimus oder Pimecrolimus nicht ausreicht, kommen in schweren Fällen systemische Therapien zum Zug. Darauf verweist auch die 2023 aktualisierte S3-Leitlinie »Atopische Dermatitis«. Zugelassen sind inzwischen drei Antikörper zur Injektion und drei JAK-Inhibitoren zur peroralen Einnahme.
»Monoklonale Antikörper wirken nicht schnell. Das muss man den Eltern erklären, damit sie Geduld aufbringen«, sagte die Dermatologin. Mitunter müsse man bis Woche 16 warten, um ein Ansprechen beurteilen zu können.
Als Erstes werde meist Dupilumab eingesetzt, denn damit bestehe die längste Erfahrung. Es darf bereits bei Säuglingen ab sechs Monaten verordnet werden. Zudem gibt es etliche weitere zugelassene Indikationen, zum Beispiel Asthma, chronische Rhinosinusitis, Prurigo nodularis oder COPD. Tralokinumab könne eine Alternative für Patienten sein, die unter Dupilumab eine nicht-beherrschbare Konjunktivitis erleiden, berichtete Pföhler aus ihrer Erfahrung. Jüngster im Bunde der Antikörper gegen atopische Dermatitis ist Lebrikizumab.
Die JAK-Inhibitoren Abrocitinib und Upadacitinib sind zugelassen für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren, Baricitinib bereits ab zwei Jahren. »Bei starkem Juckreiz wirken JAK-Inhibitoren am besten, aber bei Absetzen ist der Effekt vorbei.« Pföhler bezeichnete die Substanzen als »toll«, aber sie würden noch zu selten eingesetzt, auch wegen erforderlicher Laborkontrollen und Monitorings sowie Nebenwirkungen. Bei Patienten mit thromboembolischen Ereignissen in der Anamnese oder genetisch bedingten, erhöhten Thromboserisiken sollen JAK-Inhibitoren nicht eingesetzt werden. Bei Patienten ab 65 Jahren, Rauchern und Exrauchern sowie bei Frauen unter oraler Kontrazeption oder Hormonersatztherapie solle man nach Alternativen suchen, empfahl die Ärztin.