Stuhltransfer bei C. difficile und Colitis ulcerosa wirksam |
Christina Hohmann-Jeddi |
28.04.2023 09:00 Uhr |
Der Erreger Clostridioides difficile kann gerade Menschen mit einer gestörten Darmflora schwere Durchfallerkrankungen verursachen. / Foto: Getty Images/Dr_Microbe
Wiederkehrende Infektionen mit Clostridioides difficile (CDI) können lebensgefährlich sein. Sie werden durch eine Störung der Darmmikrobiota (Dysbiose) verursacht, die es dem Bakterium erlaubt, sich stark zu vermehren und schwere Durchfälle hervorzurufen. Zur Beseitigung der Dysbiose hat sich die Transplantation eines Mikrobioms eines gesunden Spenders etabliert, was auch als fäkale Mikrobiomtransplantation (FMT) oder Stuhltransplantation bekannt ist. Zugelassen sind diese Verfahren in Deutschland zurzeit noch nicht; sie werden vor allem im Rahmen klinischer Studien eingesetzt.
Nun hat ein Team um Nathan Zev Minkoff vom Valley Children’s Hospital in Madera, USA, die bestehende Evidenz zum Nutzen der Stuhltransplantation bei wiederkehrenden CDI in einem Review untersucht. Es bezog sechs Studien aus fünf Ländern mit insgesamt 320 erwachsenen Patientinnen und Patienten in die Analyse mit ein. Fast alle Teilnehmer waren immunkompetent, nur in eine Untersuchung waren zehn Patienten unter immunsuppressiver Therapie eingeschlossen worden. In den meisten Studien wurde der FMT mit einer Gabe des Antibiotikums Vancomycin verglichen, was die Standardbehandlung bei wiederkehrenden CDI darstellt.
Der Analyse zufolge hatte die Stuhltransplantation bei immunkompetenten Patienten eine doppelt so hohe Heilungsrate wie die Antibiotikatherapie bei geringeren Nebenwirkungen. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sei moderat, schreiben die Autoren, was die zweithöchste Kategorie ist. Zur Mortalität beziehungsweise zu schweren Ereignissen ließen sich keine genauen Aussagen machen.
Für die Wirksamkeit der Methode bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist die Evidenz weniger überzeugend. Die Übersichtsarbeit hierzu spricht bei Colitis ulcerosa für einen Nutzen der FMT, um eine beschwerdefreie Phase (klinische Remission) einzuleiten. Allerdings ist die Evidenz hierfür nur von geringer Vertrauenswürdigkeit. Zur längeren Remission sowie zum Nutzen und zur Sicherheit der FMT bei Morbus Crohn können wegen unzureichender Evidenz keine Aussage gemacht werden. Hier bestehe noch Forschungsbedarf, urteilt die Gruppe um Aamer Imdad von der Upstate Medical University in Syracuse, USA.
Den CED-Spezialisten Professor Dr. Andreas Stallmach vom Universitätsklinikum Jena überraschen die Ergebnisse der beiden Reviews nicht: Sie bestätigten die bisherige Einschätzung, dass FMT insbesondere bei einer Infektion mit C. difficile hocheffektiv und sicher sei. Auch die Feststellung, dass gerade zu Colitis ulcerosa kaum Evidenz vorhanden ist, sei erwartbar gewesen. Noch sei der Einsatz der FMT in Deutschland allerdings schwierig, führt Stallmach aus.
»In Deutschland wird FMT als Gabe eines Medikaments bewertet, allerdings gibt es derzeit keine zugelassenen Arzneimittel, die darauf basieren.« Wenn ein Arzt die Methode verwenden möchte, ginge das bisher nur im Rahmen eines individuellen Heilversuches. Da FMT nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgeführt ist, weil es keine anerkannte Behandlung ist, müsse der Patient die Kosten selbst tragen. »Die Herstellungskosten liegen deutlich über 1000 Euro und bestehen im Wesentlichen aus Spender-Screening-Kosten«, erklärt Stallmach. Um sicherzustellen, dass mit dem Spendermikrobiom keine Krankheitserreger übertragen werden, wird der Spender oder die Spenderin aufwendig auf unterschiedliche Infektionen hin untersucht. In den USA war es 2020 in zwei Fällen zu einer Übertragung eines multiresistenten Escherichia-coli-Stamms gekommen: Ein Patient verstarb.
In den USA sind inzwischen zwei Präparate zur FMT zugelassen. Seit November 2022 ist das Fertigpräparat Rebyota™ verfügbar, das tiefgekühlt aus der Apotheke abgeholt und zu Hause aufgetaut und appliziert werden kann. Stallmach: »Aufgrund der komplexen und schwierigen Zubereitung, sowie der Liefer- und Applikationsbedingungen bin ich mir nicht sicher, ob kurzfristig eine Ausweitung nach Europa stattfindet.« Am Mittwoch wurde ein erstes orales Präparat zur Behandlung der wiederkehrenden CDI-Infektionen bei Erwachsenen von der FDA zugelassen.