Streit um Amazon-Apotheken geht weiter |
Alexander Müller |
21.05.2025 16:20 Uhr |
Amazon hat auf das BGH-Urteil reagiert. / © Adobe Stock/Sundry Photography
Ende März hatte der BGH entscheiden, dass Apotheken vorab eine Einwilligung ihrer Kundinnen und Kunden über die Datenverarbeitung einholen müssen, wenn sie OTC-Arzneimittel über Amazon verkaufen möchten. Die Bestelldaten sind demnach Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Gleichzeitig wurde dem klagenden Apotheker Hermann Vogel aus München das Recht zugesprochen, wegen etwaiger Verstöße gegen Mitbewerber vorzugehen. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Sache die Richtung vorgegeben.
In Folge der Entscheidung aus Karlsruhe hatte Vogel knapp 40 Apotheken abgemahnt, die bei Amazon über einen eigenen Shop OTC-Arzneimittel verkaufen. Selbst der Bundesverband deutscher Versandapotheken (BVDVA) riet den abgemahnten Apotheken, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Rechtslage nach dem BGH-Urteil sei klar.
Die Checkbox von Amazon beim Kauf von OTC-Arzneimitteln. / © Screenshot
Zwischenzeitlich hat Amazon reagiert: Beim Kauf von Medikamenten werden Kundinnen und Kunden neuerdings nach ihrer Zustimmung gefragt. Unter der Versandadresse und dem Zahlungsmittel steht »Zusätzliche Informationen« und eine Checkbox, der zugestimmt werden muss. Kunden erklären sich damit einverstanden, dass Amazon ihre »Bestelldaten, einschließlich eventueller Gesundheitsinformationen, zur Abwicklung der Bestellung in Kooperation mit der verkaufenden Apotheke verarbeitet«.
»Der Schutz der Privatsphäre unserer Kunden hat für uns immer oberste Priorität und ist seit Jahren Grundlage unserer Services«, sagte eine Amazon-Sprecherin gegenüber der PZ. »Als zusätzliche Maßnahme zum Schutz des Vertrauens von Kunden und Verkaufspartnern haben wir nun die Einwilligung der Kunden zur Verarbeitung von Bestelldaten für apothekenpflichtige Arzneimittel eingeführt«, so die Sprecherin. Die Checkbox scheint aber nicht bei allen Arzneimitteln und auch nicht bei allen Accounts vorhanden zu sein, wie eine Stichprobe der PZ nahelegt.
Und überhaupt: Rechtsanwalt Markus Bahmann, der Apotheker Vogel vertritt, hält die neue Regelung nicht für ausreichend. Eine Einwilligung in die Verarbeitung der Daten müsse vorher eingeholt werden, nicht erst beim Kauf.
Rechtsanwalt Bahmann hat nach allgemeiner Lebenserfahrung zudem Zweifel daran, dass die Daten allein bei der Apotheke bleiben und von Amazon nichts verarbeitet oder gespeichert wird. Doch genauere Erkenntnisse hierzu könne nur der Vertrag zwischen dem Versandriesen und den angeschlossenen Apotheken geben. Auf diese Vereinbarung beriefen sich die »Amazon-Apotheker« regelmäßig in ihrer rechtlichen Verteidigung.
Mehr Transparenz könnte ein neues Verfahren gegen die Bodfeld-Apotheke bringen, gegen die Vogel schon bis vor den BGH gezogen war. Weil diese weiterhin OTC über die Plattform verkauft, soll das Landgericht Magdeburg nun ein Ordnungsgeld gegen Inhaber Holger Neubert verhängen. Über den Antrag wurde noch nicht entschieden. Bahmann hofft, dass sich das Landgericht für den Vertrag zwischen Amazon und der Apotheke interessiert.
Versender Sanicare fühlt sich nach der Anpassung bei Amazon jetzt sicher und bietet wieder rezeptfreie Medikamente auf Amazon an. Mit dem Checkout-Prozess entfalle die »rechtliche Hürde«, die im April zum temporären Verkaufsstopp geführt habe, meint der Versender.