»STELLEN« statt Chargennummer |
Alexander Müller |
20.12.2023 18:00 Uhr |
Für verblisterte Arzneimittel wurde eine Änderung der Abrechnungsvereinbarung beschlossen. / Foto: Getty Images/Runstudio
Bei E-Rezepten sind Apotheken gemäß Schiedsspruch zur Chargendokumentation verpflichtet. Das gilt für authentifizierungspflichtige Arzneimittel mit Data-Matrix-Code auf der Verpackung.
Im Alltag am HV-Tisch bedeutet das zusätzliche Arbeit, für viele Apotheken mit Heimversorgung ist die Vorgabe sogar eine unüberwindbare Hürde. Denn bei verblisterten Arzneimitteln kann die Chargennummer zum Zeitpunkt der Abrechnung des E-Rezepts gar nicht übermittelt werden. Darauf hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) in den Verhandlungen mit den Krankenkassen immer wieder hingewiesen. Auch der Bundesverband Patientenindividueller Arzneimittelverblisterer (BPAV) hatte Alarm geschlagen.
Schließlich hatte Anfang November das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ein Machtwort gesprochen. Um zu gewährleisten, dass die Versorgung auch nach der flächendeckenden Einführung des E-Rezepts möglich ist, wurden die Vertragspartner aufgefordert, »geeignete vertragliche Regelungen zur Ausnahme von der Verpflichtung zur Chargendokumentation und möglicher Folgewirkungen bezüglich Retaxierung für die Verblisterungen bis zum 30. Juni 2025 vorzunehmen«.
Der DAV und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben sich auf eine entsprechende Ergänzung der Arzneimittelabrechnungsvereinbarung gemäß § 300 Absatz 3 SGB V verständigt. Bei einer außerordentlichen Sitzung des Geschäftsführenden Vorstands des DAV wurde diese Anpassung am heutigen Mittwoch einstimmig beschlossen.
Demnach entfällt die Pflicht zur Chargendokumentation bis zum Stichtag Ende Juni 2025, wenn die Übermittlung technisch nicht möglich ist. Anstelle der tatsächlichen Chargenbezeichnungen ist der Begriff »STELLEN« in das entsprechende Datenfeld einzutragen. Die übrigen Abrechnungs- und rahmenvertraglichen Regelungen sind aber einzuhalten.
Wichtig ist dem BMG die Zusicherung, dass im Fall von Arzneimittelrückrufen nach § 131a SGB V, die Chargennummern nachträglich zur Verfügung gestellt werden können.
In den Verhandlungen habe sich die Kassenseite auch bereit erklärt, keine früheren Fälle zu retaxieren, bei den verblisternde Apotheken die Chargendokumentation nicht vorgenommen haben.
Beim DAV geht man aber grundsätzlich davon aus, dass eine fehlende Chargenübermittlung in die Kategorie »unbedeutender Formfehler« fällt und damit ohnehin kein Anlass für Retaxationen sein kann. Ob alle Kassen das auch so sehen, steht auf einem anderen Blatt, im Zweifel müssten die Sozialgerichte über etwaige Retax-Fälle entscheiden.
Hilfreich dürfte der Umstand sein, dass den verblisternden Apotheken im Fall von Rückrufen ein Nachreichen der Chargennummern auch zugebilligt wird. Aus Sicht der Apotheker wäre eine solche »schmalere« Lösung der Chargendokumentation allgemein die bessere Lösung – angesichts des Aufwands und der Seltenheit von Rückrufen auf Patientenebene. Dem steht aber derzeit der Wortlaut des Schiedsspruchs im Weg.