Steckbrief Progesteron |
Daniela Hüttemann |
09.10.2024 07:00 Uhr |
Wechseljahresbeschwerden, Brustschmerzen, Zyklusstörungen, künstliche Befruchtung: Das weibliche Hormon Progesteron wird in der Gynäkologie vielseitig eingesetzt. / © Adobe Stock/nishihata
Wie wirkt Progesteron?
Progesteron wird im weiblichen Körper vor allem in der zweiten Zyklushälfte nach dem Eisprung vom Gelbkörper produziert und gehört damit zu den Gestagenen. Seine Aufgabe ist es, die in der ersten Zyklushälfte aufgebaute Gebärmutterschleimhaut umzubauen und auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vorzubereiten. Dabei wird die estrogenbedingte Proliferation der Gebärmutterschleimhaut gehemmt. Kommt es zu einer Befruchtung, unterstützt Progesteron die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft.
Wofür wird Progesteron eingesetzt?
Als Arzneistoff wird Progesteron bei Zyklusstörungen, hormonbedingten Brustschmerzen vor der Periode und Wechseljahresbeschwerden bei Frauen mit intakter Gebärmutter eingesetzt. In der letztgenannten Indikation dient es als Kombinationspartner von Estrogenen, um deren aufbauende Wirkung auf die Gebärmutterschleimhaut auszugleichen und somit das Risiko für ein Endometriumkarzinom zu senken. Zudem unterstützt es bei einer künstlichen Befruchtung die Lutealphase. Wichtig zu wissen: Progesteron allein wird nicht zur Kontrazeption eingesetzt.
Wie wird Progesteron appliziert und dosiert?
Das kommt auf die Indikation an. Für die assistierte Reproduktionstherapie steht Progesteron in Form von Vaginaltabletten, -gelen und -zäpfchen zur lokalen Behandlung sowie als Injektionslösung zur Verfügung. Bei hormonbedingten Brustschmerzen vor der Periode wird Progesteron als 1-prozentiges Gel lokal auf die Brust aufgetragen, und zwar vom 10. bis zum 25. Zyklustag.
Bei Wechseljahresbeschwerden und Zyklusstörungen kommen Weichkapseln zur oralen Einnahme zum Einsatz. Während der Wechseljahre wird Progesteron für gewöhnlich in der zweiten Zyklushälfte über einen Zeitraum von mindestens zwölf Tagen pro 28-tägigem Anwendungszyklus eingenommen, bei Zyklusstörungen vom 17. bis zum 26. Tag des Zyklus. Die Tagesdosis beträgt 200 bis 300 mg Progesteron, als Einzeldosis abends vor dem Schlafengehen oder verteilt auf zwei Dosen morgens vor dem Frühstück (100 mg) und abends (200 mg). Der Abstand zu einer Mahlzeit sollte mindestens 1,5 Stunden betragen.
Welche Kontraindikationen sind zu beachten?
Neben einer Überempfindlichkeit gegen Progesteron gehören dazu nicht abgeklärte vaginale Blutungen, bestehende oder früher aufgetretene bösartige Tumoren der Brust und Geschlechtsorgane, vorbestehende thromboembolische Erkrankungen, Porphyrien, schwere Funktionsstörungen oder Erkrankungen der Leber, Hirnblutungen und Schwangerschaft. Die Angaben variieren etwas, abhängig von der Applikationsform. Es liegen keine klinischen Daten zur Anwendung von Progesteron bei Patientinnen über 65 Jahren vor.
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Häufigkeit und Schwere hängen ebenfalls von der Applikationsform ab. Bei der peroralen Anwendung kommt es häufig zu Schläfrigkeit und Müdigkeit, Schwindelgefühl und migräneartigen Kopfschmerzen, die alle Anzeichen einer Überdosierung sein können. Zudem treten häufig depressive Verstimmung, Schmerzen und Spannungsgefühle in den Brüsten, unregelmäßige Menstruation, Amenorrhö und Kopfschmerzen auf. Bei der intravaginalen Anwendung sind Somnolenz, Kopfschmerzen, Unterleibsschmerzen, Berührungsempfindlichkeit der Brüste, Zwischenblutungen und Reizungen der Scheide häufig, bei der kutanen Anwendung an der Brust unspezifische Hautreizungen.
Welche Wechselwirkungen können auftreten?
Johanniskraut vermindert die Wirksamkeit des Gestagens, ebenso Ulipristal und Ritonavir. Umgekehrt kann Progesteron die blutzuckersenkende Wirkung vieler Antidiabetika mindern.
Was ist mit Progesteron in Schwangerschaft und Stillzeit?
Entsprechend seiner Indikationen ist Progesteron während einer Schwangerschaft nicht angezeigt. Allerdings wird es bei einer künstlichen Befruchtung ab dem Tag der Einpflanzung über 30 Tage zur Stabilisierung einer Schwangerschaft angewendet. Es ist keine schädliche Wirkung auf den Fetus oder die Fertilität bekannt. Die Stillzeit gilt als relative Kontraindikation.
Was ist noch wichtig für die Beratung zu Progesteron?
Aufgrund der Vielzahl der Anwendungsformen sollte die Patientin in der Apotheke noch einmal auf die genaue Anwendung hingewiesen werden, sowohl was die Applikationsform betrifft als auch das Einnahmeschema.
Strukturformel Progesteron / © Wurglics